Angriffe im Herzen Russlands: Ukraine greift Milliardenindustrie an – mit simplen Mitteln
Kleine Drohne, große Wirkung: Der Ukraine gelangen unlängst mehrere Angriffe auf russische Öllager. Der Schaden liegt in Millionenhöhe.
Klinzy – Im Ukraine-Krieg ging jüngst ein Öldepot in der russischen Region Brjansk in Flammen auf. Der Schaden lag wohl in Millionenhöhe, von den logistischen Nachteilen für Russland ganz abgesehen. Die Ursache der Explosion: Ein ukrainischer Drohnenangriff. Kiews Drohnenoperateuren gelang es in den vergangenen Wochen mehrere Öl- und Gasterminals in Russland anzugreifen. Während Kiews Truppen langsam die Munition ausgeht und die Militärhilfe aus dem Westen schwindet, scheint die innovative Drohnenproduktion Russland längst überholt zu haben.
Ukraine entwickelt eigene Drohnen im Kampf gegen Russland – mit Erfolg
Der Einfallsreichtum der Ukraine ist ungebrochen. Dem Mangel an Munition setzt Kiew etwa Bomben aus dem 3D-Drucker entgegen, den fehlenden Waffenlieferungen aus dem Westen die Drohnenproduktion im Inland. Schon zu Beginn des Krieges kündigte der Vize-Minister für digitale Transformation in der Ukraine, Alex Bornyakov, eine Drohnenarmee an, die den Himmel über der Ukraine schützen soll.
Doch offenbar gelang es inzwischen auch, Angriffsdrohnen zu entwickeln, die weite Distanzen zurücklegen können, um militärische Ziele tief im russischen Kernland zu treffen. So sei bei einem Angriff bei St. Petersburg eine einheimische Drohne zum Einsatz gekommen, die über 1250 Kilometer weit flog, teilte ein ukrainischer Regierungsbeamter der Nachrichtenagentur Interfax mit.
Die Angaben ließen sich nicht unabhängig bestätigen. Doch die zahlreichen Angriffe mit Drohnen auf wichtige russische Öldepots in den vergangenen Wochen sind stille Zeugen der wohl neuen Reichweite der Ukraine. Darunter etwa die Brände in der Rosneft-Ölraffinerie in Tuapse, in einem Öldepot in der Region Orjol, im Öllager in Klinzy in der Region Brjansk, in einem Ölterminal im Umland von St. Petersburg, sowie im Ostseeterminal in Ust-Luga.
Sie alle werden der Ukraine zugeschrieben. Die Attacken erfüllen mehrere Ziele: Einerseits erschwert der fehlende Treibstoff die Militärlogistik Russlands. „Streiks auf Öldepots und Öllagereinrichtungen stören die Logistikrouten und verlangsamen Kampfhandlungen“, sagte Olena Lapenko, Expertin für Energiesicherheit bei der ukrainischen Denkfabrik DiXi Group, dazu der New York Times.
Ukraine-Krieg: Kiew will mit Drohnenangriffen auch Kriegskasse des Kreml austrocknen
Andererseits fehlt durch die Angriffe auf die Öllager auch Geld in der Kriegskasse des Kreml. Denn Öl- und Gasverkäufe machen etwa 40 Prozent der russischen Staatseinnahmen aus. Allein die Einnahmen durch Öl lagen im vergangenen Jahr bei 420 Milliarden US-Dollar (rund 387 Milliarden Euro), wie Guardian sowie die New York Times berichteten. „Russland finanziert sein Militär aus Ölexporten.“ Man könne Länder wie Indien und China nicht davon überzeugen, mit dem Kauf aufzuhören.
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„Sie zerstören also russische Ölraffinerien“, sagte Illia Ponomarenko, ein ehemaliger Reporter der Zeitung Kyiv Independent über die Strategie der Ukraine. Dies könne der russischen Wirtschaft großen Schaden zufügen, so der Experte weiter. Infolge der Angriffe und aufgrund des schlechten Wetters seien die russischen Rohöllieferungen auf dem Seeweg auf dem niedrigsten Stand seit fast zwei Monaten, so Bloomberg.
Ukraine-Krieg: Drohnen können gegen brennbare Ziele „verheerende Schäden anrichten“
Moskau scheint sich der Bedrohung bewusst zu sein. In der Region Leningrad etwa wurde für kritische Infrastruktureinrichtungen die höchste Alarmbereitschaft ausgerufen. Einige Luftverteidigungsanlagen seien von der Frontlinie abgezogen und in die Nähe wichtiger Städte gebracht worden, wie mehrere Medien berichteten. Allerdings habe sich die russische Luftverteidigung gegen die kleinen Drohnen als weniger wirksam erwiesen, so Experten.
Die meisten der mehrschichtigen Verteidigungsanlagen Russlands „wurden gebaut, um größere Ziele wie Raketen, Hubschrauber und Flugzeuge zu identifizieren und zu zerstören. Viele waren nicht wirklich darauf ausgerichtet, viel kleinere [unbemannte Luftfahrzeuge] zu erkennen“, sagte etwa Samuel Bendett, Analyst und Experte für unbemannte und robotische Militärsysteme bein Center for Naval Analyses gegenüber Business Insider.
Kleine unbemannte Drohnen verändern den modernen Krieg – Auch Russland setzt auf Drohnen
Kleine, kostengünstige Drohnen könnten selbst mit einer minimalen Bombenlast verheerende Schäden anrichten, wenn sie gegen brennbare Ziele eingesetzt würden, urteilte der wissenschaftliche Mitarbeiter an der National Defense University, Thomas X Hammes. Doch auch für Russland sind Drohnen eine wichtige Waffe im Krieg. Wie die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) am Samstag (27. Januar) berichtete, führte die russischen Streitkräfte etwa am Freitag und Samstag Drohnen- und Raketenangriffe auf die Ukraine durch. Laut Angaben der ukrainischen Luftwaffe sei es jedoch gelungen, alle vier Shahed-136/131-Drohnen abzufangen.
Offenbar bekommt die Drohnenarmee der Ukraine bald Verstärkung: Am Samstag gab das amerikanische Unternehmen Titan Dynamics bekannt, die „Titan Falcon“, eine sogenannte First-Person-View-Drohne mit austauschbaren Flügeln für die ukrainischen Streitkräfte entwickelt zu haben. Die deutsche Firma Donaustahl GmbH soll das Modell laut ukrainischen Angaben herstellen. Ihre Reichweite soll 400 Kilometer betragen.