Ägypten: Wie Machthaber al-Sisi mit Putin kuschelt und gleichzeitig Geld aus den USA bekommt
Ägyptens Machthaber Abdelfattah al-Sisi setzt seit seiner Machtergreifung 2013 auf gute Beziehungen zu Putin und braucht gleichzeitig Jahr für Jahr milliardenschwere Militärhilfen aus den USA.
Am Ende flog der Deal auf. Doch eigentlich hatte Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi fest vor, Russland 40.000 Raketen zu liefern, wie die Washington Post im Frühjahr berichtete. Das sei aus einem Dokument hervorgegangen, das Gespräche zwischen dem Feldmarschall und hochrangigen ägyptischen Militärs am 1. Februar zusammenfasst: Neben den Raketen – möglicherweise 122mm-Geschosse vom Typ Sakr45 – soll es auch um weitergehende Militärhilfe an Moskau gegangen sein – in Form von Artilleriemunition und Schießpulver.
Laut dem Dokument soll der frühere Armeechef Sisi – dessen Wiederwahl am Montag wie erwartet bestätigt wurde – die Beamten angewiesen haben, die Produktion und Lieferung der Raketen geheim zu halten, „um Probleme mit dem Westen zu vermeiden“. Fabrikarbeitern habe man sagen sollen, die Projektile seien für die ägyptische Armee, heißt es weiter. Ein hochrangiger Minister soll angeboten haben, Schichtarbeit einzuführen, um die Produktion zu stemmen.
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Dieser Artikel liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem Security.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn Security.Table am 19. Dezember 2023.
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Kampfflugzeuge Su-35 aus Moskau
Auch wenn russische wie ägyptische Stellen den Bericht im April als falsch abtaten, ist der Hinweis auf Waffenlieferungen an Moskau ein Indiz dafür, wie eng die Beziehungen zwischen den beiden autokratischen Regimen sind. Seitdem Sisi im Sommer 2013 den ersten frei gewählten Präsidenten Ägyptens stürzte – der Muslimbruder Mohmmamed Mursi starb 2019 im Gefängnis –, ist das Verhältnis zwischen Moskau und Kairo aufgeblüht. Nicht zuletzt, weil der damalige US-Präsident Barack Obama sich während des Arabischen Frühlings auf die Seite der Freiheitsbewegungen in Nordafrika gestellt hatte. Sisi wiederum war unter dem früheren autoritär regierenden Staatschef Husni Mubarak Militärgeheimdienstchef – auch das eine Erklärung, weshalb das Verhältnis mit dem früheren KGB-Mann Putin so gut funktioniert.
Schon vor Jahren schlossen Putin und Sisi eine Vereinbarung zur wechselseitigen Nutzung von Luftwaffenstützpunkten. Und auch in anderen Berichten weiteten sie die militärtechnische Zusammenarbeit aus. 2018 etwa gab Moskau den Verkauf von fünf Sukhoi Su-35 Kampfflugzeugen der vierten Generation an Kairo bekannt, die ersten aus einer Tranche von 24, die Ägypten 2021 erhielt.
Nicht von Waffen, sondern von Weizen abhängig wiederum ist Ägypten: Das Land mit seinen 105 Millionen Einwohnern ist der größte Weizenimporteur der Welt – und seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine noch stärker auf russische Lieferungen angewiesen. Die Handelsgeschäfte mit Ägypten spülen Moskau dringend benötigte Devisen in die Kassen und werden weiter ausgebaut.
Verhältnis zu Washington seit Putsch gegen Mursi getrübt
Heikel ist der im Frühjahr durch Veröffentlichung geheimer Papiere aus dem Pentagon aufgeflogene Fall besonders deshalb, weil Ägypten seit dem Friedensschluss mit Israel 1979 einer der engsten Verbündeten der Vereinigten Staaten im Nahen Osten ist. Das Land ist einer der größten Empfänger finanzieller US-Unterstützung, jährlich fließen 1,3 Milliarden Dollar an Militärhilfen nach Ägypten.
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Unterbrochen wurden die Zahlungen allerdings für zwei Jahre – nach Sisis Putsch gegen Mursi 2013. Abgesehen von einer kurzen Annäherung unter Donald Trump ist das Verhältnis zwischen Washington und Kairo seitdem nie wieder wirklich aufgeblüht. Auch weil Joe Biden die Ankündigung seines Vorgängers von 2018, Ägypten F-35-Kampfflieger zu liefern, nie umsetzte, wandte sich Sisi an Moskau – und vereinbarte den Su-35-Deal.