Wald oder Wohnen? Streit um zwei neue Häuser am Ortsrand
Wohnraum schaffen für einheimische Familien? Natürlich gern. Aber dafür am Waldrand Bäume fällen? Im Miesbacher Stadtrat schieden sich bei einem solchen Vorhaben im Ortsteil Schweinthal die Geister. Einige warnten davor, damit einen Bezugsfall zu schaffen.
Miesbach – Das Ansinnen ist schon ein paar Jahre alt. Im Miesbacher Ortsteil Schweinthal will eine Familie auf ihrem Grundstück am Ortsrand hinter dem Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Wies bauen. Bereits im September 2021 war das Vorhaben, das zwei Einfamilienhäuser nebst Garagen vorsieht, Thema im Stadtrat (wir berichteten). Der Baugrund liegt im Außenbereich.
Bebauungplan gescheitert
Die Stadt will nun eine Einbeziehungssatzung auf den Weg bringen, nachdem der erste Ansatz – ein Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren – im Zuge des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts verhindert wurde. Das Gericht hatte festgestellt, dass Paragraf 13b Baugesetzbuch europäischem Recht widerspricht (wir berichteten). Die vom Gesetzgeber mittlerweile geschaffene Reparaturklausel scheint für das 1700 Quadratmeter große Grundstück in Schweinthal jedoch nicht geeignet zu sein.
Grund dafür ist die Einschätzung, die das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) als beteiligte Fachbehörde im Juni 2020 abgegeben hatte. Darin war auch die Rede, dass es sich hier um Schutzwald handeln würde, der nicht gerodet werden dürfe – eine Einschätzung, der die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt nicht folgte. Aus deren Sicht handle es sich um einen „normalen Wald“, aber die Stadt müsste das überwiegend öffentliche Interesse genauer darlegen.
Angesichts der unbestimmten Rechtsbegriffe in der Reparaturklausel sowie der Positionen von AELF und Landratsamt regte das Bauamt der Stadt an, mittels einer Einbeziehungssatzung nebst regulärem Ökoausgleich das Vorhaben zu ermöglichen. „Das, was der Stadtrat 2021 beschlossen hat, wird nun über einen anderen Weg umgesetzt“, fasste Bauamtsleiter Lutz Breitwieser den Fall zusammen.
Wohnraum kontra Naturschutz
Während Markus Seemüller (Freie Liste) das Vorgehen der Stadt unterstützte, da es sich um eine einheimische Familie handle, lehnte es Manfred Burger (Grüne) ab und verwies auf naturschutzrelevante Gründe. In der Tat hatte der Bund Naturschutz, dessen Kreisvorsitzender Burger ist, im April 2023 darauf verwiesen, dass das betreffende Gebiet teilweise im Landschaftsschutzgebiet Egartenlandschaft liege und für die Bebauung kein überwiegendes öffentliches Interesse vorliege. Anlagenreferent Michael Lechner (Freie Liste) sperrte sich ebenfalls gegen das Bauvorhaben: „Die Bebauung ist höchst problematisch. Es ist ein Novum, dass Waldfläche für Bebauung genutzt wird. Das ist ein äußerst ungutes Signal.“
Schutzwald-Behauptung ist vom Tisch
Dies wollte Breitwieser so nicht stehen lassen. Da der Bauwerberfamilie der angrenzende Wald gehöre, sei eine Abstufung des Waldrands möglich, da nicht in das Eigentum eines Dritten eingegriffen werde. Auch habe das AELF von der Einschätzung, es handle sich um Schutzwald, mittlerweile Abstand genommen, nachdem die Stadt empfohlen hatte, dies offiziell mit Bescheid und Begründung feststellen zu lassen.
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Während Paul Fertl (SPD) befürchtete, „wir werden uns öfter anhören dürfen, dass man Wald abholzen darf“, widersprach Erhard Pohl (CSU): „Das ist doch nur Kleinbewuchs.“ Florian Perkmann (SPD) ergänzte, dass die Häuser keine Spekulationsobjekte seien, sondern von Miesbacher Familien bezogen werden. Was Florian Ruml (Freie Liste) bekräftigte: „Der Stadtrat bleibt bei seinem Beschluss von 2021. Nur der Weg ist jetzt ein anderer.“ Mit fünf Gegenstimmen billigte das Gremium die Einbeziehungssatzung. Damit werden die im Außenbereich liegenden Flächen Teil des Innenbereichs.
ddy