Gefährlicher Finanztrend: Immer mehr Amerikaner zahlen ihre Miete in Raten
In den USA breitet sich ein neuer Verbraucher-Trend aus, der viele Finanzexperten besorgt: Aufgrund der hohen Inflation zahlen immer mehr Amerikaner ihre Kosten für Lebensmittel, Strom und sogar Mieten oder Mobilfunkverträge in Raten ab. Im Gegensatz zu Kreditkartenabrechnungen, für die Verbraucher Zinsen zahlen, ermöglichen sogenannte BNPL-Apps (“Buy Now Pay Later”) wie "Afterpay" oder “Klarna”, die Kosten für das alltägliche Leben über mehrere Monate hinweg verteilt und zinslos abzuzahlen. Die Unternehmen verdienen ihr Geld hauptsächlich durch Händlergebühren sowie Verzugsgebühren von Kunden für verspätete Ratenzahlungen.
„Klarna“ und „PayPal“ bieten Ratenzahlung per App in Deutschland an
Einer Umfrage des Finanzportals “Bankrate” zufolge haben in den USA knapp 40 Prozent der Erwachsenen und über die Hälfte aller Gen Z-Vertreter die BNPL-Apps bereits genutzt. Auch deutsche Verbraucher nutzen sie für ihre Einkäufe immer häufiger. Viele deutsche Online-Shops arbeiten mit BNPL-Unternehmen zusammen und bieten Ratenzahlungen automatisch als Option an.
Bei Deutschen ist vor allem die “Klarna”-App beliebt – auch bekannt unter dem Namen “SOFORT”. Hier ist die erste Rate bei der Bestellung fällig und zwei weitere Raten werden in den folgenden beiden Monaten automatisch abgebucht. “Paypal” erfreut sich in Deutschland ebenfalls steigender Beliebtheit, wobei aktuell nur rund 15 Prozent der deutschen Nutzer die Ratenzahlung wählen, während sich 85 Prozent für vollständige Sofortabbuchungen oder Lastschriften entscheiden.
Experte warnt: Nutzer leben am finanziellen Limit
In den USA hingegen wählen rund 25 Prozent der Konsumenten die mehrmonatige Raten-Option. Mit einem 14-prozentigen Anstieg allein im vergangenen Jahr wächst die Beliebtheit der BNPL-Apps unter Amerikanern rasant. Einige Experten werten den Trend als Alarmglocken einer bevorstehenden Finanzkrise. Dass man für größere Anschaffungen wie Autos einen Kredit aufnimmt, sei die eine Sache, sagen sie. Wenn sich aber ein steigender Teil der Bevölkerung nicht mehr in der Lage sehe, Lebensmittel oder die Miete sofort zu bezahlen, sei das extrem besorgniserregend.
“Es besteht kein Zweifel, dass dies ein Zeichen dafür ist, wie sehr die Menschen zu kämpfen haben,” meinte Matt Schulz, ein Analytiker für Verbraucherkredite, gegenüber der “New York Times” (NYT). “Wenn man von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck lebt, ein knappes Budget hat und mehrere dieser Kredite gleichzeitig hat, kann man hier schnell über die Stränge schlagen.”
Amerikaner bezahlen Miete, Benzin und Lebensmittel in Raten
Andere wiederum finden BNPL-Apps besser als herkömmliche Kreditkarten mit Zinsen. "Sie sind meine Rettung seit Lebensmittel und Handyverträge so teuer geworden sind", schwärmt ein Kunde. Er und immer mehr Amerikaner teilen sich mit BNPL-Apps auch ihre laufenden Alltagskosten wie Benzinkäufe in Raten auf. In sozialen Netzwerken verraten User, wie sie die “kostenlose” Finanzierung selbst für ihre Mietzahlungen nutzen. Mit dem Slogan “Rent Pay Your Way – teilt eure Miete in sorgenfreie Zahlungen auf” wirbt die BNPL-App “Flex” sogar ausdrücklich dafür.
Auch Tia Hodge nutzte “Klarna” jüngst an der Kasse im Supermarkt, um ihre 400 Dollar-Rechnung für Lebensmittel über die nächsten vier Monate hinweg zinslos in Raten von jeweils 100 Dollar aufzuteilen. “Lebensmittelpreise sind wahnsinnig in die Höhe geschossen”, klagte die 29-Jährige aus dem US-Staat Georgia in der NYT. Die Möglichkeit, Zahlungen für Lebensmittel zu verteilen, helfe ihrer bald fünfköpfigen Familie ungemein, sagte sie. Zudem könne sie dadurch besser haushalten.
Ein Reddit-User bestätigt: “BNPL-Apps können ein Rettungsanker sein, zumal sie keine Zinsen verlangen.” Dennoch warnt er: “Aber man muss vorsichtig sein. Viele betrachten diese Apps als ‘kostenloses Geld’, aber glaubt mir: Wer nicht auf dem Laufenden bleibt und Zahlungen verpasst, muss schwer dafür büßen.”
Versäumte Zahlungen können Kreditwürdigkeit gefährden
Zudem würden BNPL-Apps regelrecht zu Spontankäufen animieren und Kunden dazu verleiten, zu viel auszugeben, mahnte auch Cindy Scott vom Finanzdienstleistungsunternehmen Charles Schwab. “Zahlungen über einen längeren Zeitraum zu verteilen, mag zunächst sinnvoll erscheinen. Doch was passiert, wenn Sie plötzlich in Verzug geraten und eine Rate versäumen? Wahrscheinlich müssen Sie Verzugsgebühren zahlen. Mehrere versäumte Zahlungen können mehrere Gebühren nach sich ziehen. Möglicherweise fallen dann Verzugszinsen an. Und das ist noch nicht alles. Manche BNPL-Verträge melden verspätete Zahlungen an Kreditbüros und sogar an ein Inkassobüro.” Dies könne die Kreditwürdigkeit der Betroffenen enorm beeinträchtigen und es ihnen später erheblich erschweren, Kredite für wichtige Dinge wie den Kauf eines Hauses zu erhalten, meint sie.
Grundsätzlich empfehle sie immer noch den Rat der Generation ihrer Großmutter, so Scott weiter: “Wenn Sie etwas kaufen möchten, planen Sie, erstellen Sie ein Budget, sparen Sie dafür – und dann kaufen Sie es. Vielleicht werden Sie es dann auch noch mehr zu schätzen wissen.”