Ansage an Handel: Billig-Plattform Temu drängt ins Lebensmittelgeschäft
Der deutsche Lebensmittelmarkt bekommt Konkurrenz: Temu will ins Geschäft miteinsteigen. Seit Mai umwirbt die chinesische E-Commerce-Plattform gezielt deutsche Lebensmittelhändler und -hersteller. Auf Anfrage der Lebensmittelzeitung, teilt Temu mit, dass die Plattform ihr regionales Angebot aufbauen und den Service für Kunden in Europa verbessern wolle.
„Lokale“ Lieferanten und Produkte im Fokus
Auf der Plattform werden Produkte von Lieferanten aus Europa seit neustem mit dem Label „lokal“ versehen. Die Kategorie „lokales Lager“ ist auf der Website prominent direkt neben der Suchleiste platziert.
Einige deutsche Händler hat Temu bereits für sich gewinnen können: Der bayrische Fleisch-Versand Wurstbaron vertreibt Grillfleisch und Wurstwaren auf Temu. Die Confiserie Seidl aus dem Raum Regensburg ist mit Pralinen und Schokotafeln auf der Plattform vertreten und ein Händler aus Gießen bietet Süßigkeiten in Großpackungen auf Temu an.
Mehr europäische Händler für den hiesigen Markt
Bisher ist Temu vor allem extrem billige Non-Food-Artikel bekannt. Viele dieser Produkte stammen von chinesischen Händlern und haben einen weiten Postweg hinter sich. Die steigende Anzahl an Paketen aus Drittstaaten, zu einem großen Teil auch von Temu, hat zuletzt sogar Brüssel auf den Plan gerufen: Die Europäische Kommission überlegt Pauschalabgaben für Drittstaaten-Pakete in die EU zu erheben.
Die neue Lokalstrategie von Temu könnte auch eine Reaktion auf diese Pläne sein. Offiziell strebe die Plattform kürzere Lieferzeiten an, wie die Lebensmittelzeitung berichtet.
HDE begrüßt fairen Wettbewerb
Der deutsche Handelsverband begrüßt die Konkurrenz auf dem Lebensmittelmarkt grundsätzlich – sieht die Ausbaupläne des chinesischen Unternehmens aber kritisch. Stephan Tromp, stellvertretender HDE-Hauptgeschäftsführer stellt gegenüber FOCUS online klar: "Produktsicherheit, transparente Herkunftsangaben und europäische Verbraucher- und Wettbewerbsstandards sind zwingend einzuhalten. Lebensmittel sind besonders sensible Produkte – hier dürfen keine Abstriche gemacht werden."
Bereits im April hatte der HDE eine Beschwerde gegen Temu beim Bundeskartellamt eingereicht. Der Vorwurf: Die Verkaufsplattform würde ihren Händlern Preise vorschreiben. Temu begrenze die Preise der Händler auf maximal 85 Prozent des üblichen Preises für ein Produkte – und damit in die Preissetzungshoheit der Händler selbst eingreifen.
Verbraucherschutz warnt vor unsicheren Fälschungen
Verbraucherschützer warnen bereits seit Jahren vor Temu-Produkten. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg weist darauf hin, dass immer wieder gefälschte Produkte in Temu-Paketen abgefangen würden. Bei vielen Fälschungen seien die Sicherheitsstandards nicht erfüllt, besonders gefälschte Getränke und Lebensmittel seien riskant für die Gesundheit. Gegenüber dem SWR rät Verbraucherschützerin Heike Silber zur Vorsicht und empfiehlt Temu-Waren auf die Pflichtangaben für Lebensmittel, wie eine Liste der Zutaten und möglicherweise enthaltener Allergene zu prüfen.