Ukraine kappt Gas-Verbindung: Milliardenverluste für Russland – und weitere Auswirkungen

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2025 ist Schluss mit Russlands Gaslieferungen in die EU – zumindest über Pipelines. Die Ukraine stoppt den Transit. Was sind die Folgen des Stopps?

Kiew – Trotz Krieg hat die Ukraine Gas aus Russland über eigene Pipelines in die EU weitergeleitet. Besonders Ungarn, die Slowakei und – bis vor kurzem – Österreich waren von Importen aus dem von Wladimir Putin autoritär regierten Land abhängig. Sie bezogen das russische Gas über Pipelines in der Ukraine. Doch am 1. Januar 2025 ist damit Schluss.

Ukraine musste Russland-Gas in die EU weiterleiten – trotz Krieg

Bisher war die Ukraine an den Transitvertrag zwischen dem staatlichen russischen Energiekonzern Gazprom und dem ukrainischen Unternehmen Naftogaz gebunden – und hat davon profitiert. Die Regierung in Kiew verbuchte Einnahmen über die Transitgebühren. Ein vorzeitiger Stopp wäre zudem ein Verstoß gegen das Assoziierungsabkommen mit der EU gewesen.

„Dieses Abkommen untersagt den Vertragsparteien, den bestehenden Transport oder Transit von Energiegütern zu unterbrechen oder zu verringern“, erklärte der ukrainische Energieexperte Hennadij Rjabzew vom Nationalen Institut für strategische Studien dem Tagesspiegel. „Daher hat die Ukraine die Gaslieferungen nicht eingestellt, obwohl sie bereit war, die Zusammenarbeit mit Russland für immer zu beenden.“

Am 1. Januar 2025 ist Schluss: Russland muss Milliarden-Verluste wegen Gas-Transitstopp hinnehmen

Am 31. Dezember 2024 läuft das Gas-Abkommen aus – weil die Ukraine es nicht verlängert. „Wir wollen Russland nicht die Möglichkeit lassen, weitere Milliarden zu verdienen“, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Wladimir Putin wollte das Abkommen verlängern. Russland könnten pro Jahr rund sechs Milliarden Euro entgehen, erklärte Georg Zachmann, Experte für Klima- und Energiepolitik beim Thinktank Bruegel, dem Handelsblatt. Kurzfristig sei demnach unwahrscheinlich, dass Russland die Verluste über andere Routen – etwa über die Türkei – ausgleichen könne. „Mittelfristig könnten existierende Routen allerdings verstärkt werden.“

Die ukrainische Regierung und Wolodymyr Selenskyj lässt das Transitabkommen für russische Gas-Exporte in die EU auslaufen – und beschert Putin Milliardenverluste. (Montage) © Alexander Zemlianichenko/Geert Vanden Wijngaert/dpa

Wladimir Putin hatte deshalb noch bei der Jahrespressekonferenz Mitte Dezember gegen die Entscheidung gewettert: „Die Ukraine klemmt unser Gas für Verbraucher in Europa ab.“

Deutschland und andere EU-Staaten haben Import von russischem Gas deutlich reduziert

Doch sind die Konsequenzen des Gas-Stopps von Seiten der Ukraine so drastisch? Seit Beginn des Ukraine-Krieges ist Russlands Anteil an Gasimporten europaweit von etwa 44 Prozent im Jahr 2021 auf weniger als 15 Prozent 2023 zurückgegangen. Einige Länder wie Deutschland hatten gar kein russisches Gas mehr bezogen.

In diesen Zahlen sind nicht nur Lieferungen über Pipelines, sondern auch Importe des Flüssiggases LNG über Schiffslieferungen enthalten. Die Importe über die ukrainischen Leitungen machten dabei lediglich rund fünf Prozent der gesamten Importe aus, sagte Zachmann dem Handelsblatt.

Transitstopp von russischem Gas „weder in Mengen noch Preisen spürbar“

„Im Großteil Europas wird der Transitstopp weder in Mengen noch Preisen spürbar sein“, sagte Zachmann. Deutschland sei etwa nicht betroffen – und könnte profitieren. „Möglicherweise würden deutsche Firmen finanziell profitieren, wenn die untergenutzten LNG-Terminals und Leitungen nach Mittelosteuropa besser ausgelastet werden“, sagte der Energieexperte. Die Hoffnung: Das Gas aus den Pipelines wird durch LNG aus anderen Ländern ersetzt. Das meiste Flüssiggas an den deutschen Terminals kommt aus den USA.

Doch Zachmann sieht auch Ausnahmen – bei den Ländern, die bisher auf Putins Gas gesetzt hatten: „In der Slowakei, Österreich und teilweise Ungarn ist mit einem gewissen Anstieg der Preise zu rechnen.“ Unter anderem deshalb hatte der slowakische Präsident Fico auf eine Fortsetzung des Gas-Transits gepocht – und der Ukraine gedroht.

Europäische Gasinfrastruktur flexibel genug – trotz fehlender Lieferungen über ukrainische Pipelines

Doch die Europäische Kommission steht bei der Entscheidung, die Gaslieferungen zu kappen, auf Seite der Ukraine. Die EU sei auf den Stopp des Transits russischen Gases vorbereitet, erklärte eine Kommissionssprecherin. Die europäische Gasinfrastruktur sei flexibel genug, um Gas nicht-russischen Ursprungs über alternative Routen nach Mittel- und Osteuropa zu liefern.

Für die Ukraine eröffnen sich durch den Gas-Transitstopp neue Möglichkeiten. Kiew könne mit anderen Händlern zusammenarbeiten, die etwa Gas aus Aserbaidschan aufkaufen und es über die ukrainischen Pipelines nach Europa liefern, erklärte das Handelsblatt. Dagegen spreche jedoch, dass Aserbaidschan ebenfalls autoritär regiert ist und es bei einem stärkeren Export selbst Gas aus Russland bezieht.

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