Aus für russisches Gas: Bruch der Ampel belastet EU-Land
Russland schickt kein Gas mehr nach Österreich. In dem EU-Land zeigt man sich zuversichtlich und unbesorgt. Doch geht es wirklich ohne russisches Gas – und welche Folgen gibt es?
Moskau/Wien – Während der kalte Winter näher rückt, dürften in einigen EU-Ländern Bedenken über die Gas-Versorgungssicherheit wachsen. In Deutschland ist man guter Dinge, weil die Gasspeicher gut gefüllt sind, zudem ist Deutschland nicht mehr auf russisches Gas angewiesen.
Wie aber sieht es aus in EU-Ländern, die bislang stark abhängig von Russlands Gas waren? Nach einem Rechtsstreit zwischen Gazprom und dem österreichischen Energieriesen OMV ordnete Wladimir Putin Lieferungen von russischem Gas nach Österreich eingestellt. Doch nicht nur der Lieferstopp beschäftigt Österreich.
Russland liefert kein Gas mehr nach Österreich – nach Streit mit Putins Energieriesen
Nach dem erwarteten Lieferstopp von russischem Gas zeigte sich Österreich zuversichtlich. Das Land habe andere Lieferanten gefunden, und die Gasspeicher seien zu Beginn des Winters zu rund 90 Prozent voll, hieß es. Allein diese Menge reiche Österreich für rund ein Jahr. Das alternative Gas soll aus Norwegen, aus eigener Produktion oder in Form von Flüssigerdgas per Schiff über Deutschland oder Italien kommen. „Die Republik verfügt über eine strategische Reserve, die dazu da ist, um allfällige Mangellagen auszugleichen“, schrieb Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Samstag auf der Plattform X.

„Niemand muss in Österreich frieren. Die Wohnungen können geheizt werden“, sagte Nehammer. Der Lieferstopp sollte zu keinen Preiserhöhungen führen. Es seien ausreichend Reserven vorhanden, und Österreichs Gasverbrauch sei nicht marktrelevant für Europa, argumentierte er. „Wir lassen uns nicht erpressen“, so Nehammer weiter. Moskau habe Österreich im Zuge des Ukraine-Krieges wegen EU-Sanktionen gegen Russland unter Druck setzen wollen. Österreich gehörte in der EU neben Ungarn und der Slowakei zu den wenigen Ländern, die noch Gas aus Russland bezogen. Für Österreich waren es insgesamt 80 Prozent der Gasimporte.
Österreich erhält kein russisches Gas mehr – Märkte werden „nervös“
An den Märkten sei die Entwicklung bereits erwartet worden, mit spürbaren Preissteigerungen sei in der anstehenden Heizsaison daher nicht zu rechnen, sagte der Ökonom der Österreichischen Regulierungsbehörde E-Control, Johannes Mayer. Längerfristig, also über den Winter hinaus, sei die Entwicklung des Preisniveaus schwer abschätzbar. „Wir sehen schon, dass die Märkte nervös sind“, so Mayer.
Noch bevor es zum tatsächlichen Lieferstopp kam, stiegen die europäischen Gaspreise in die Höhe. Der Preis stieg zeitweise um bis zu fünf Prozent und erreichte den höchsten Stand seit November 2022. Mit 46 Euro pro Megawattstunde liegt der Preis allerdings noch weit unter dem Rekordwert von 346 Euro, der im August 2022 während der Energiekrise erreicht wurde.
Putin liefert kein russisches Gas mehr nach Österreich – Bruch der Ampel hat auch Folgen
Wenig erfreulich sei zudem, dass die von Deutschland erhobene Speicherumlage für nach Österreich durchgeleitetes Gas nach dem Aus der ehemaligen Ampel-Koalition offenbar nicht wie versprochen zum 1. Januar wegfallen werde, sagte der Vorstand von E-Control, Alfons Haber der dpa. „Die entsprechende Novelle des Energiewirtschafts-Gesetzes steht auf wackligen Füßen.“ Dabei wäre ein solcher Schritt wichtig, da die Umlage rund sieben Prozent des Gaspreises in Österreich ausmache. Auch aus Sicht der österreichischen Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) müsste die Gasspeicherumlage wie geplant abgeschafft werde.
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Eigentlich hatte Deutschland geplant, die Gasspeicherumlage abzuschaffen. Die Gasspeicherumlage ist eine Art Maut und führt dazu, dass Erdgas, das Österreich über Deutschland bezieht, teurer ist als Gas aus Russland und über Italien. Nach dem Bruch der Ampel steht diese Abschaffung, wie viele andere Projekte und Änderungen, in der Schwebe. Sollten Ersatzmengen über Deutschland nach Österreich kommen, könnten die Zusatzkosten durch die Gasspeicherumlage Gas in Österreich verteuern.
Putin stellt Gaslieferungen nach Österreich ein – OMV ist laut Angaben gut vorbereitet
Seit Samstagmorgen (16. November) erhält der österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV wie angekündigt kein Erdgas mehr vom russischen Energiekonzern Gazprom. Die Gaslieferungen an die OMV seien am Samstagmorgen um 6.00 Uhr eingestellt worden, teilte die österreichische Regulierungsbehörde E-Control mit. Die OMV bestätigte den Lieferstopp.
Dennoch fließe weiterhin Gas über die Ukraine nach Europa und Österreich, wenn auch in reduzierten Mengen. „Am Knotenpunkt in Baumgarten kommen aktuell um zwölf bis 15 Prozent reduzierte Mengen an“, sagte Haber der Nachrichtenagentur Reuters. Die Großhandelspreise seien stabil auf einem hohen Niveau von 47 Euro je Megawattstunde (MWh).
Putins Firma Gazprom muss an OMV Millionen zahlen
Grund für den Lieferstopp ist ein Streit zwischen Gazprom und OMV über ausgebliebene Gasmengen in Deutschland im September 2022. Ein Schiedsgericht hatte der OMV kürzlich Schadenersatz in der Höhe von 230 Millionen Euro zugesprochen. Die OMV kündigte daraufhin an, die Summe mit laufenden Gaslieferungen von Gazprom zu verrechnen, warnte jedoch gleichzeitig vor möglichen Konsequenzen in Form eines Lieferstopps seitens des russischen Konzerns.
Ein Lieferstopp hatte sich abgezeichnet: Zum Jahresende läuft der Transitvertrag aus, der die Durchleitung von russischem Ergas über Pipelines durch die Ukraine regelt. Diese Route stellt die wichtigste Verbindung für russisches Gas nach Österreich dar.
Analysten rechnen mit einem vorübergehenden Preisanstieg von rund zehn Prozent, so Haber. Die preislichen Auswirkungen seien aber nicht vergleichbar mit denen von 2022, als die Gaspreise nach Beginn des Ukraine-Kriegs explodiert seien. (bohy mit Material von Reuters)