Geplatzte Träume bei Rheinmetall: Putin hatte deutschen Konzern mit Milliarden-Projekt beauftragt

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Interne Dokumente enthüllen: Putin hatte Rheinmetall vor dem Ukraine-Krieg mit noch viel größeren Projekten beauftragt, als bislang bekannt ist.

Berlin – Noch vor dem Ukraine-Krieg wollte Deutschland offenbar Waffen nach Russland liefern. „Wir hatten vor 2014 heftige Diskussion mit der Bundesregierung, ob wir tatsächlich mit Russland kooperieren sollen“, erklärte Rheinmetall-Chef Armin Papperger der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) Ende August 2023. Jüngste Recherchen zeigen: Es ging um Projekte mit einem Gesamtvolumen von einer Milliarde Euro.

Geschäfte mit Russland vor Ukraine-Krieg – Putin hatte wohl größere Pläne

Das Rüstungsunternehmen hatte 2011 den Auftrag von Moskau im Wert von mehr als 100 Millionen Euro ergattert. Rheinmetall sollte Mulino, eine Siedlung in der russischen Oblast Nischni Nowgorod, mit einem Truppenübungsplatz mit Übungssiedlungen für die Ausbildung ausstatten. In solchen Übungszentren können laut dem Recherchenetzwerk Correctiv jährlich bis zu 30.000 Soldaten an technisch hoch entwickelten Simulationsinstrumenten ausgebildet werden. 

Rheinmetall und die russische Armee hatten wohl noch viel größere Pläne. © Julian Stratenschulte/dpa (Archivbild)

Bisher unter Verschluss gehaltene Unterlagen aus dem Jahre 2014, die WDR Investigativ vorliegen, belegen zum einen das enge Zusammenspiel von Bundesregierung, Bundeswehr und Rheinmetall. Aus Schriftsätzen des Konzerns geht zum anderen hervor, dass nicht nur von dem Mulino-Projekt die Rede war. Es ging demnach um bis zu acht Ausbildungsanlagen mit einem Gesamtvolumen von einer Milliarde Euro.

Auf Anfrage von WDR Investigativ bestätigte ein Sprecher von Rheinmetall die Angaben. Die Aussagen bezögen sich allerdings allein auf „die seinerzeitigen planerischen Überlegungen in Abstimmung mit der Bundesregierung“. Die entsprechenden Verträge seien damals noch nicht abgeschlossen gewesen.

Größerer Putin-Auftrag für Rheinmetall vor Ukraine-Krieg: Gabriel stoppte Geschäfte

Der Auftrag wäre wohl wichtig gewesen für das Rüstungsunternehmen. Doch vor dem Hintergrund der Krim-Krise stoppte der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) das Rüstungsgeschäft im Jahr 2014. Die Entscheidung sei mit dem Kanzleramt abgestimmt, sagte Gabriel. Zu möglichen Schadensersatzforderungen von Rheinmetall äußerte er sich damals nicht. 

Rheinmetall klagte in einem Eilverfahren gegen den Stopp der Lieferung an Russland, scheiterte jedoch vor Gericht. Die Dokumente, die WDR Investigativ vorliegen, sollen Teil der bislang unter Verschluss gehaltenen Prozessakte sein. Wie die Tagesschau unter Berufung auf den Konzern berichtet, ruhe das Verfahren derzeit.

Rheinmetall wegen mutmaßlichen Geschäften nach Krim-Krise in der Kritik

Rheinmetall stand zuletzt auch wegen mutmaßlichen Rüstungsgeschäften mit Russland häufiger in der Kritik. Recherchen zufolge soll Rheinmetall auch lange nach der Krim-Annexion einen Vertrag abgeschlossen haben. Konkret geht es um die Geschäftsbeziehung zwischen der russischen Firma Aviaistok und Rheinmetall Landsysteme GmbH.

Das Unternehmen hatte auch auf Anfrage von Ippen.Media Stellung bezogen und damals betont, dass Rheinmetall nach der Annexion der Krim keine Geschäfte mit russischen Rüstungsunternehmen getätigt hatte. Im Frühjahr 2022 habe Rheinmetall die unternehmerische Entscheidung getroffen, jegliche Geschäfte mit Russland einzustellen. „Rheinmetall erzielt heute keine Umsätze mehr mit Russland“, hieß es.

Verteidigung gegen Putin: Rheinmetall macht mit Rüstungsgeschäften im Ukraine-Krieg Gewinne

Rheinmetall sowie weitere deutsche Rüstungsunternehmen zählen zu Profiteuren des Ukraine-Kriegs. Grund ist vor allem der wachsende Bedarf an Munition an der Front in Kiew. Aufgrund der hohen Nachfrage will das Unternehmen die Produktionskapazitäten hochfahren. Künftig soll auch Munition in der Ukraine hergestellt werden.

In der ukrainischen Fertigungsstätte, die noch entstehen soll, will Europas größter Munitionshersteller künftig jährlich eine sechsstellige Zahl von Geschossen im Artilleriekaliber 155 Millimeter fertigen. Auch die entsprechenden Treibladungen sollen hergestellt werden. Diese Munition wird zum Beispiel von der Panzerhaubitze 2000 verschossen. Auch in Niedersachsen soll ein Produktionsstandort ausgebaut werden: Dort soll eine neue Munitionsfabrik entstehen. Rheinmetall produziert in Unterlüß bereits gepanzerte Ketten- und Radfahrzeuge sowie Aufklärungssysteme. Nun will Rheinmetall die Produktion entsprechender Artillerie-Munition deutlich zulegen. (bohy)

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