„Gigantischer Taxidienst“ in der Arktis: Wie Putin Sanktionen beim LNG-2-Projekt umgeht
Putins Prestigeprojekt könnte Lücken bei den westlichen Sanktionen zeigen. Recherchen enthüllen, warum das LNG-Geschäft weiterhin florieren kann.
Washington D.C. –Trotz Sanktionen treibt Wladimir Putin sein LNG-Geschäft voran. Für sein Herzensprojekt, dem Arctic LNG 2, findet der russische Präsident offenbar erfolgreich Schlupflöcher, um die Maßnahmen des Westens zu umgehen. Brisant ist, dass er wohl weiterhin Unterstützung aus dem Westen bekommt.
Putin kann LNG-Projekt vorantreiben – dank Firmen aus Westen
Im Zentrum steht die Firma Red Box Energy Services und dessen CEO Philip Adkins. Die Firma transportiert laut Medienberichten weiterhin wichtige Infrastruktur für das russische Projekt in der Arktis. Was genau für Material transportiert wird, ist unklar.
US-Beamte machten gegenüber der Financial Times (FT) deutlich, dass sie die Entwicklung der LNG-Anlage vereiteln wollen. Jeder, der materielle Unterstützung leiste, bringe sich selbst in rechtliche Gefahr. Auch das Vereinigte Königreich kündigte weitere Sanktionen gegen Russland an, die Putins Prestigeprojekt ins Visier nehmen könnte. Jede „Nichteinhaltung“ könne eine „hohe Geldstrafe“ oder „strafrechtlicher Verfolgung“ zur Folge haben, schreibt die FT.
Trotz Sanktionen kann Russland wohl ins LNG-Geschäft einsteigen
Der CEO von Red Box Energy zeigte sich jedoch unbeeindruckt und will wohl weiter an dem seinem Geschäft mit Putin festhalten. In mehreren Gesprächen mit der FT betonte er, dass er lediglich einen „gigantischen Taxidienst“ anbietet. Die gelieferte Fracht bestehe aus „einfachen Stahlrahmen“, die von den US-Sanktionen nicht betroffen wären. „Wenn uns jemand dafür bezahlt, dass wir liefern, dann werden wir liefern“, so Adkins gegenüber der FT.
Westliche Konzerne lieferten früher wichtige Teile für Arctic LNG 2. Doch nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine haben Sanktionen der EU und der USA Mitte 2022 die Zusammenarbeit überwiegend beendet. Die USA haben erst kürzlich weitere Sanktionen gegen das arktische LNG-Projekt verhängt, um europäische und asiatische Kunden abzuhalten, russisches Gas aus Sibirien zu beziehen.
EU und USA verhängen Sanktionen – auch Putins LNG-Projekt ist im Visier
Auch das bereits im April 2022 verabschiedete 5. Sanktionspaket der EU sieht weitreichende Verbote für den Transfer von Technologie zur Verflüssigung von Erdgas (LNG) vor – darunter die „Lieferung, Weitergabe oder Ausfuhr, direkt oder indirekt, von Gütern und Technologien, die zur Verwendung bei der [...] Verflüssigung von Erdgas geeignet sind“, heißt es.
Meine news
Doch auch nach verhängten Sanktionen gab es Berichte, dass westliche Firmen das LNG-2-Projekt unterstützen. Auch ein ehemals deutsches Traditionsunternehmen soll fleißig beim Arctic LNG-2-Projekt geholfen haben. Nach Recherchen von ZDF, Spiegel, dem Recherchebüro Data Desk und dem Anti-Corruption Data Collective hat das Unternehmen Linde (Haupsitz in Dublin) Anlagenteile zu den russischen Bauteilen gebracht. Russische Zolldaten, die dem ZDF vorliegen, zeigen eine 1.500 Tonnen schwere Ausrüstung auf. In einem Zusatz wird der Rahmen der Lieferung vermerkt: „Bau der LNG-Anlage des Arctic LNG-Projekts.“ Importdatum ist der 1. Juni 2022 und liegt damit kurz nach dem Inkrafttreten der EU-Sanktionen.
Russlands Gas-Export-Terminal in der Arktis ist Putins Herzensprojekt
Tief in der Arktis baut Russland seine Produktion von Flüssigerdgas (LNG) massiv aus mit dem riesigen Terminal Arctic LNG 2. Das Projekt „Arctic LNG 2“ ist das zweite Großprojekt, das das russische Unternehmen Novatek in der nordsibirischen Arktisregion auf der Halbinsel Gydan nördlich des Polarkreises durchführt. Dazu gehört auch das bereits fertig gestellte Projekt Yamal LNG auf der gegenüberliegenden Halbinsel Yamal.
Beide Projekte sind laut marineforum entscheidend für Russlands Ziel, seine LNG-Produktion bis zum Ende des Jahrzehnts auf 100 Millionen Tonnen mehr als zu verdreifachen. Die Exporte von Arctic LNG 2 könnten das Gesamtangebot erweitern und zur Deckung des Energiebedarfs in der Welt und vor allem Europas beitragen.