Mehrere Passanten wollen einen 46-jährigen Schongauer dabei beobachtet haben, wie er auf dem Parkplatz einer Supermarktfiliale den Hitlergruß gezeigt und randaliert hatte. Seine Verteidigerin hielt den einzigen Zeugen, der vor Gericht verhört wurde, aber für unglaubwürdig.
Es scheint ein recht bizarrer Auftritt gewesen zu sein, den ein 46-jähriger Schongauer im vergangenen Juli auf einem Supermarktparkplatz hingelegt hatte. Vor den Augen einiger Kunden soll er den Hitlergruß gezeigt und „Undertaker“ gerufen haben. „Mein Mandant wird dazu keine Angaben machen“, erklärte die Verteidigerin vor dem Weilheimer Amtsgericht. Als einziger Zeuge sagte ein 20-jähriger Mitarbeiter des Supermarktes aus.
Er sei gerade an der Kasse beschäftigt gewesen, als ihn mehrere Kunden auf einen „auffälligen Mann“ hingewiesen hätten, erzählte der Peitinger. Als der Zeuge daraufhin nach draußen geblickt hatte, will er den Angeklagten mit zum Hitlergruß erhobenen Arm vor der Filiale gesehen haben.
Für den 20-Jährigen ist der Beschuldigte kein Unbekannter. Regelmäßig würde der 46-Jährige in dem Laden allerhand alkoholische Getränke kaufen. So auch an dem besagten Tag im Juli 2024. Welche Produkte der Angeklagte zuvor gekauft haben soll, daran konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern – zumindest nicht mit letzter Sicherheit. Ein Umstand, den die Verteidigerin freilich zu ihrem Vorteil nutzen wollte.
Beschuldigter ist häufig in Supermarkt zugegen
Vor Gericht gab der Peitinger an, bei den Getränken, die der Angeklagte gekauft hatte, habe es sich um „Jägermeister und ein paar Flaschen Bier“ gehandelt. „Bei der Polizei haben Sie ‚Bier und Sekt‘ angegeben“, klärte ihn die Verteidigerin auf. Der Mann käme öfter vorbei, entgegnete der Zeuge etwas perplex und versicherte dem Gericht, dass der Beschuldigte meist Bier und kleine Schnapsfläschchen kaufe.
In jedem Fall sei der Schongauer „schwankend im Laden rumgerannt“ und habe einen „betrunkenen Eindruck gemacht“, erinnerte sich der 20-Jährige. Als der Angeklagte bei ihm bezahlt hatte, soll er sichtlich Mühe gehabt haben, das Gleichgewicht zu halten, fuhr der Peitinger fort.
Völlig aus der Luft gegriffen erschienen seine Behauptungen nicht: Ein Atemalkoholtest, der damals bei dem vorbestraften 46-Jährigen vorgenommen worden war, hatte einen Wert von 2,8 Promille ergeben.
Angeklagter war stark alkoholisiert
Welche Fläche der Zeuge von seinem Platz an der Kasse überblicken hatte können, dafür interessierte sich die Verteidigerin des Angeklagten ganz besonders. Außerdem erkundigte sie sich nach dem Abstand zwischen ihm und dem besagten Parkplatz. „Ungefähr sieben Meter“, antwortete der 20-Jährige.
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Daraufhin wollte die Verteidigerin wissen, ob er überhaupt einen ungehinderten Blick auf das Gelände gehabt hatte. Möglicherweise könnten ihm einige Autos die Sicht versperrt haben. Vielleicht hatte er auch um eine Ecke schauen müssen, um ihren Mandanten beobachten zu können. Doch der junge Mann ließ sich von dem, was er gesehen haben will, nicht abbringen.
Für die Staatsanwaltschaft passte letztlich „alles ins Bild“. Selbst beim Zahlen an der Kasse habe der Angeklagte offenbar „Probleme gehabt“. Belastungseifer konnte sie dem Zeugen keinen unterstellen. Schließlich kenne der den 46-Jährigen nur vom Sehen und stehe nicht privat mit ihm in Kontakt.
Verteidigerin zweifelt an Glaubwürdigkeit des Zeugen
Entgegen der Tatsache, dass der Angeklagte unter laufender Bewährung gehandelt hatte, fiel die Forderung der Staatsanwaltschaft überraschend mild aus. Sie plädierte für eine Geldstrafe von 90 Tagessätze zu je 30 Euro.
Ganz anderer Auffassung war die Verteidigerin: „Wir wissen nicht, was dort stattgefunden hat“, erklärte sie, verlangte einen Freispruch und stellte darüber hinaus die Glaubwürdigkeit des Zeugen infrage. Der Peitinger wisse weder, was der Angeklagte an dem Tag gekauft hatte, noch habe er sich an den Ausruf „Undertaker“ erinnern können.
Auch den Fakt, dass der Zeuge mehrere Anläufe gebraucht hatte, um die Distanz abzuschätzen, die damals zwischen ihm und dem Angeklagten gelegen hatte, nutzte die Verteidigerin in ihrer Argumentation. Die Behauptung des 20-Jährigen, er habe einen Hitlergruß gesehen, „wage ich zu bezweifeln“, sagte sie abschließend. Selbst die Kunden, die den Zeugen erst benachrichtigt hatten, hätten lediglich von „Randale“ berichtet, nicht aber von Nazi-Gestiken.
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Anders als die Verteidigerin empfand Richter Lars Baumann den Zeugen sehr wohl als glaubwürdig. Welche Getränke der Mann damals gekauft haben soll, hielt der Richter für weniger bedeutsam. Schließlich sei der Angeklagte wohl regelmäßig Kunde in dem Geschäft und mache stets ähnliche Besorgungen. Sein „völlig uneinsichtiges“ Verhalten gegenüber der Polizei kritisierte der Richter jedoch ebenso wie die Tatsache, dass der Schongauer bereits ein halbes Jahr nach seiner letzten Verurteilung wieder straffällig geworden war.
Unbeeindruckt von den Forderungen seiner beiden Vorredner bescheinigte er dem 46-Jährigen keine gute Sozialprognose und verurteilte ihn zu einer fünfmonatigen Vollzugsstrafe. Die Verteidigerin legte daraufhin Berufung ein.