Antrittsbesuch von Wadephul: Außenminister beschwört Einheit mit den USA

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Für den neuen Außenminister Johann Wadephul ist der Besuch in der US-Hauptstadt Washington die bisher wohl kniffligste Antrittsreise. © Sebastian Gollnow/dpa

Der deutsche Außenminister zieht ein positives Fazit seines Kurztrips nach Washington. Auf einen Auftritt mit dem US-Kollegen muss er aber verzichten.

Washington, D. C. – Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hat bei seinem ersten USA-Besuch im Amt auf eine gemeinsame Haltung Washingtons und Berlins angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine gepocht und sich bezüglich neuer US-Sanktionen zuversichtlich gezeigt.

Nach einem Gespräch mit seinem US-Kollegen Marco Rubio sagte Wadephul am Mittwoch, Deutschland und die Vereinigten Staaten von Amerika haben eine gemeinsame Position, was die Ukraine angehe. Zur Lage im Gazastreifen sagte Wadephul, dass sich die Lage jüngst „dramatisch“ verschlimmert habe. Eine Verhandlungslösung müsse gefunden werden.

Verhandlungen mit Russland: EU plant weitere Sanktionen gegen Russland – Trump zeigt sich zurückhaltend

„Es war immer klar, dass sowohl in Europa als auch in den Vereinigten Staaten von Amerika die Bereitschaft besteht, wenn das ausbleibt, auch Konsequenzen zu ziehen“, sagte Wadephul. In der EU herrsche Einigkeit, dass das 18. Sanktionspaket „jetzt geschmiedet wird“. „Und hier in den Vereinigten Staaten von Amerika, das wissen Sie, sind über 80 Senatorinnen und Senatoren bereit, auch ein Sanktionsgesetz parlamentarisch zu behandeln und zu verabschieden“, sagte der CDU-Politiker. US-Präsident Donald Trump will allerdings nach eigenen Worten zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Sanktionen gegen Russland verhängen, um die derzeitigen direkten Verhandlungen nicht zu gefährden.

Wadephul war am Dienstagabend in die USA gereist, wo er am Mittwoch Rubio im US-Außenministerium zum Gespräch traf. Rubio und der CDU-Politiker kennen sich bereits, Mitte Mai waren sie sich am Rande eines Nato-Außenministertreffens im türkischen Antalya begegnet. Rubio gilt derzeit als rechte Hand Trumps – und war auch mit scharfer Kritik an Deutschland aufgefallen.

Wadephul bekräftigt in Washington die enge Beziehung zwischen Deutschland und den USA

Wadephul hob die engen transatlantischen Bindungen zu den USA hervor sowie deren Einsatz gegen den Naziterror und für die Wiedervereinigung. „Gerade in herausfordernden Zeiten ist dieses gemeinsame Fundament zentral“, sagte er. „Das gilt auch gerade dann, wenn wir unterschiedliche Perspektiven haben, wenn wir an der ein oder anderen Stelle auch mal Meinungsverschiedenheiten haben.“ Die deutsch-amerikanischen Beziehungen „sind eng - und dann kann man auch klar und selbstbewusst miteinander umgehen und kommunizieren. Das ist Teil einer reifen, tragfähigen Partnerschaft“, betonte der Minister.

Deutschland will Verteidigungsausgaben erhöhen: US-Außenminister Rubio begrüßt die Zusage

Nach dem Treffen mit Wadephul erklärte Rubios Sprecherin, der US-Außenminister habe die Zusage Deutschlands begrüßt, „seine Verteidigungsausgaben zu erhöhen“. Beide Seiten hätten zudem die Bedeutung „einer engeren strategischen Abstimmung zur Sicherung von Frieden und Stabilität“ bekräftigt, erklärte Tammy Bruce.

Ihr zufolge erörterten die beiden Minister „die Koordinierung zwischen den USA und Deutschland in Bezug auf wichtige Ziele“. Dabei nannte Bruce „die Beendigung des Krieges zwischen Russland und der Ukraine, die Eindämmung destabilisierender Handlungen Pekings und die Gewährleistung, dass der Iran niemals eine Atomwaffe entwickelt oder erwirbt“.

Wadephul drängt auf „einen Durchbruch“ bei den Verhandlungen zwischen Israel und Hamas

Wadephul zufolge sprachen der Republikaner und er auch über die Lage im Nahen Osten. Wadephul betonte, dass Deutschland wie die USA „zur Sicherheit und zur Existenz, zum Existenzrecht Israels“ stünden. Zugleich verwies er auf das Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen und auf Berichte, nach denen eines der neuen Verteilzentren für Lebensmittel von hungerleidenden Menschen „buchstäblich überrannt“ worden sei. „Und das zeigt, dass das, was gerade unternommen wird, nicht ausreicht.“

„Wir brauchen jetzt einen Durchbruch bei den Verhandlungen über einen Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas“, forderte Wadephul. Er begrüße die „sehr konstruktive und aktive Rolle“ der USA bei den Verhandlungen.

Wadephul bezeichnete die Lage im Gazastreifen als „nicht hinnehmbar“

Das israelische Vorgehen im Gazastreifen hatte für Irritationen in der Bundesregierung gesorgt. Wadephul bezeichnete die Lage im Gazastreifen am Montag als „nicht hinnehmbar“. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte den Ton gegenüber Israel verschärft .Die „humanitären Aspekte“ im Gazastreifen seien „aus Sicht der Bundesregierung“ in den letzten Tagen „dramatisch prekärer“ geworden, führte Wadephul zur Begründung an. Daher hätten Merz und er zuletzt „klare Worte ergriffen“. 

Er verwies darauf, dass der „freundschaftliche, aber in dieser Frage auch kritische Dialog mit der israelischen Regierung“ fortgesetzt werde. Er werde das in der nächsten Woche bei einem Besuch des israelischen Außenministers Gideon Saar in Berlin besprechen können.

Treffen mit Wadephul: Rubio ordnet vorläufigen Stopp der Vergabe von Studentenvisa an

Unmittelbar vor dem Treffen mit Wadephul hatte Rubio angekündigt, künftig Verantwortlichen in Europa Visa zu verweigern, die sich an Online-„Zensur“ gegen US-Technologiekonzerne oder -Bürger beteiligt hätten. Wadephul sagte, er werde sich auch dies genauer anschauen. Die Bundesregierung stehe für Meinungsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit ein, betonte der CDU-Politiker. Hintergrund der verschärften US-Visavorgaben ist die europäische Regulierung für US-Internetkonzerne, hinter der die Regierung Trump „Zensur“ vermutet.

Einen Tag zuvor hatte Rubio auch einen vorläufigen Stopp der Vergabe von Studentenvisa angeordnet. Beim Gespräch mit Rubio war die Lage der Studenten nach Angaben Wadephuls allerdings kein Thema. Er werde sich mögliche US-Visaauflagen anschauen und mit der Regierung in Washington darüber reden, ob „derartige Einschränkungen“ notwendig seien, sagte Wadephul.

Neben dem Treffen mit Rubio stand für Wadephul unter anderem ein Gedenkbesuch am Jüdischen Museum in Washington auf dem Programm, wo ein bewaffneter Angreifer in der vergangenen Woche zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft getötet hatte. (dpa/afp/jal)

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