„Das Wasserwirtschaftsamt duckt sich weg“: Anwohner beklagen massive Probleme an der Moosach

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Wegen starker Verschlammung kann die Moosach bei Starkregenereignissen kein Wasser mehr aufnehmen. Hinter den Bäumen rechts im Bild liegt Helmut Polz‘ Wohnhaus. © Lehmann

Das Wasserwirtschaftsamt hat vor 18 Jahren die Pflegemaßnahmen an der Moosach und am Mühlangergraben in Vötting eingestellt. Das monieren Anwohner. Denn seither gibt es nur Probleme.

Freising – „Früher war hier der Eisvogel zu Hause.“ Die Resig㈠nation in Helmut Polz‘ Stimme ist nicht zu überhören. Er hat das FT in den Garten seines Elternhauses an der Mühle in Vötting eingeladen. Er möchte die Situation direkt vor Ort erklären. Einem Ort, so idyllisch, dass man sich hier, an einem strahlend schönen Sommertag, gar nicht so recht vorstellen kann, dass der romantisch plätschernde Bach massive Probleme bereitet. Doch von denen weiß Helmut Polz ein Lied zu singen.

Durch den Garten des Hauses, indem Polz seine Kindheit verbracht hat, fließt der Mühlangergraben. Der fällt unter Kategorie 2 der Gewässerordnung. Konkret heißt das, das Wasserwirtschaftsamt München ist für die Pflege des Bachs zuständig. Das hat jahrzehntelang gut funktioniert. Bis die Behörde vor 18 Jahren verkündet habe, die Pflege wie bisher sei nicht mehr zeitgemäß, wie Polz erzählt. Bis dahin wurden regelmäßig die Pflanzen im Wasser entfernt, sodass Schlamminseln erst gar nicht entstehen konnten. „Wenn meine Mutter gesehen hat, dass das Wasser über einen bestimmten Pegel ansteigt, hat sie auf dem kurzen Dienstweg den zuständigen Flussmeister angerufen. Wenige Tage später hat der seine Leute rausgeschickt, die gemäht haben.“

Kurz nachdem diese Pflegemaßnahmen eingestellt worden waren, fingen die Probleme an: Seither drücke es nach Starkregen das Wasser durch die Kellerwände, erzählt Polz. Die Räume müssten ständig ausgepumpt werden.

Pflegemaßnahmen wären dringend nötig am Mühlangergraben im  Garten seines Elternhauses. Doch die seien nicht mehr zeitgemäß, sagt das WWA.
Pflegemaßnahmen wären dringend nötig am Mühlangergraben im Garten seines Elternhauses. Doch die seien nicht mehr zeitgemäß, sagt das WWA. © Beschorner

Aber nicht nur sein Elternhaus, das Helmut Polz inzwischen vermietet hat, ist davon betroffen. Dasselbe Problem hat er auch in seinem Wohnhaus Am Mühlenweg, in unmittelbarer Nähe der Moosach. Auch hier: Idylle pur, solange es nicht tagelang regnet. Denn dann kann das Regenwasser durch den hohen Wasserstand der Moosach nicht mehr richtig ablaufen. Das Wasserwirtschaftsamt hat laut Polz vor Jahren auch die Pflegemaßnahmen an der Moosach eingestellt. Dabei sei die Behörde gesetzlich dazu verpflichtet, den Wasserablauf freizuhalten.

Diese wiederum sagt, für diesen Gewässerabschnitt gar nicht verantwortlich zu sein: „Das WWA ist an der Moosach nur für den Bereich von der Wehranlage Vötting bis zur Bachstraße zuständig.“ Polz jedoch habe diesbezüglich Erkundigungen bei der TUM eingeholt und die Aussage erhalten, dass Weihenstephan hier lediglich das Fischrecht habe. Es ist also kompliziert.

Was ihn besonders ärgert, ist die Argumentation des Bund Naturschutz. Der habe sich in der Sache nämlich auch schon eingeschaltet. „Manfred Drobny behauptet, dass durch das Mähen die wertvolle Popula㈠tion in den Gewässern zerstört wird.“ Darüber kann Polz nur lachen. „Das stimmt einfach nicht. Ich kenne die beiden Gewässer schon seit meiner Kindheit. Früher waren hier neben dem Eisvogel auch Bachflusskrebse, Edelfische, Maifliegen und vieles mehr. Seit das Wasser wegen der starken Verschlammung nicht mehr richtig fließen kann, ist es eine braune Brühe mit wenig Lebewesen.“ Er sehe es jeden Tag mit eigenen Augen, „dass man der Natur mit Nichtausmähen eben keinen Gefallen tut. Es hat sich alles deutlich verschlechtert.“

Durch die Verschlammung und Verkrautung haben sich in beiden Gewässern richtige Schlamminseln gebildet, die mittlerweile stark bewachsen sind und so den Ablauf zusätzlich behindern. „Wenn man nicht mäht, drängt sich das Wasser an den Wasserpflanzen vorbei und spült die Ufer aus. Dieses Material verursacht die Verschlammung.“ Die Folge: Forellen können nicht mehr laichen, die brauchen dafür Kies. „Die Gewässer waren früher so klar wie Gebirgsbäche. Jetzt ist das Wasser grau.“

Auf den Schlamminseln wachsen Pflanzen, die das Wasser am Fließen hindern.
Auf den Schlamminseln wachsen Pflanzen, die das Wasser am Fließen hindern. © Polz

Helmut Polz kämpft seit Jahren in der Sache – gefühlt gegen Windmühlen. Dabei wird er den Eindruck nicht los, dass sich die Verantwortlichen des Wasserwirtschaftsamts vor dem Bund Naturschutz wegducken. Dass dessen Argumentation, dass hier in ein Biotop eingegriffen wird, einfach ungeprüft so hingenommen werde. „Wir Anwohner fühlen uns im Stich gelassen.“

Einen Erfolg können sie trotz allem verbuchen: Helmut Polz hatte sich 2023 mit fünf weiteren Betroffenen zusammengetan und sich anwaltlich vertreten lassen. Damals war ein Termin anberaumt, bei dem sich Sachverständige die Situation anschauen sollten. Noch vor diesem Termin habe das Wasserwirtschaftsamt Bäume, die seit Jahren in der Moosach quer gelegen und ebenfalls den Abfluss behindert haben, entfernen lassen und so das vorzeitige Öffnen der Schleuße verhindert. „Darauf reden sich die Verantwortlichen nun auch raus, dass sie ja bereits etwas in der Sache unternommen haben“, sagt Polz. Das Entfernen der Bäume habe freilich etwas gebracht. „Aber das war halt nur ein Teil des Problems.“

„Ich fordere geltendes Recht ein.“

Helmut Polz ist es egal, was das Wasserwirtschaftsamt konkret unternimmt, um die Probleme zu beheben: „Das Motto des Bund Naturschutz, ,Wasser muss fließen‘, soll unbedingt berücksichtigt werden.“ Er bittet nur, eines zu beachten: „Ich stelle keine Forderung aus dem Bauch raus. Die Unterhaltspflicht ist im Bayerischen Wasserhaushaltsgesetz geregelt. Ich fordere geltendes Recht ein.“

Und da ist noch etwas: Wegen der stark ausgespülten Ufer mussten auf dem Grundstück seines Elternhauses zwei Fichten gefällt werden. Das war 2023. „Ich habe die Bäume von der Baumschutzbehörde begutachten lassen. Die Mitarbeiterin war zu dem Schluss gekommen, dass die Bäume nicht mehr sicher stehen und dringend gefällt werden müssten.“ Danach habe er umgehend das Wasserwirtschaftsamt darauf hingewiesen, sich darum zu kümmern, mit dem Hinweis, das andernfalls selbst in die Hand zu nehmen und der Behörde die Kosten in Rechnung zu stellen. Während er auf eine Antwort aus dem Wasserwirtschaftsamt gewartet habe, habe er sich Angebote eingeholt und, als keine Reaktion gekommen sei, die Arbeiten an die günstigste Firma übergeben. Auf die Erstattung der Kosten durchs Wasserwirtschaftsamt warte er bis heute.

Die Vize-Behördenleiter Florian Klein sagt zu den Fichten, dass das WWA keine Kosten für die Fällung auf fremden Grundstücken übernehme. Dass Wasser aus der Moosach in Gebäude eindringe, sei ihm darüber hinaus nicht bekannt. Das sei mit hohen bis sehr hohen Grundwasserständen zu erklären. Eine Aussage seitens des Wasserwirtschaftsamts, die Helmut Polz im Vorfeld prophezeit hatte, „die aber nicht richtig ist“.

Die Moosach und der Mühlangergraben würden, wie Klein sagt, im Rahmen der Eigenüberwachung regelmäßig auf Abflusshindernisse überprüft. „Hindernisse werden entfernt, falls es fachlich notwendig ist.“ All diese Argumente hat Polz schon oft gehört. Kleins Aussage, dass „die Gewässerunterhaltung sowie die Mahd nach fachlich abgestimmten Vorgaben erfolgt“, sei nicht richtig, meint er. Denn dass das Wasser in beiden Gewässern nicht ungehindert fließen könne, davon könne sich jeder Spaziergänger selbst überzeugen.

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