17 Prozent Wachstum in zwei Jahren: Wie die US-Wirtschaft aus dem Ukraine-Krieg Profit schlägt
Moral oder Einnahmen? Ein amerikanischer Bericht verdeutlicht die Bedeutung des Ukraine-Kriegs für die US-Wirtschaft - speziell für den Bereich Verteidigung.
Washington/München - Krieg statt Frieden: Während die deutsche Wirtschaft unter den Folgen des Ukraine-Kriegs leidet und in Sachen Wachstum mittlerweile das Schlusslicht innerhalb der EU bildet, ist die Lage in den USA anders:
Ein Bericht des Wall Street Journal beleuchtet, wie die Auseinandersetzung zwischen Russland und dem Westen der amerikanischen Industrie zu einem enormen Aufschwung verholfen hat. Besonders die Rüstungsunternehmen profitieren von dem seit mehr als zwei Jahren schwelenden Konflikt.
US-Wirtschaft: Ukraine-Krieg lässt Verteidigungssektor florieren
Seit der Eskalation im Februar 2022 habe es einen regelrechten Auftragsboom für den Rüstungssektor gegeben, der für die Vereinigten Staaten seit jeher eine übergeordnete Rolle spielt (das Haushaltsbudget 2024 beträgt laut NZZ satte 886 Milliarden US-Dollar).
So ist die Industrieproduktion des Verteidigungssektors (inklusive Raumfahrtprogramme) innerhalb von zwei Jahren um stattliche 17,5 Prozent anwachsen. Das WSJ bezieht sich auf eine Auswertung des heimischen Zentralbanksystems (Federal Reserve).
Das Wachstum der heimischen Rüstungsbranche basiert laut dem Bericht auf zwei Säulen: Da wären europäische Verbündete wie Deutschland, die mit Milliarden-Investitionen bei den US-Konzernen Lockheed-Martin, Raytheon und Co. ihre Bestände modernisieren.

USA investieren in Verteidigung - “wichtig für Beschäftigung und Produktion”
Darüber hinaus lässt das Pentagon in Washington einen Großteil des US-Haushalts der Rüstungsindustrie zukommen. Interessant in diesem Zusammenhang: 60,7 Mrd. US-Dollar des 95 Mrd. schweren Militärpakets - das den Angaben zufolge neben der Ukraine auch Gelder für Israel und Taiwan umfasst - landen in der amerikanischen Verteidigungsindustrie.
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Mit den Investitionen werden die eigenen Bestände aufgrund der Waffenlieferungen in die Ukraine mit neuem Kriegsgerät aufgefüllt. Die in Hamburg geborene Lael Brainard, Direktorin des nationalen Wirtschaftsrates in Washington, wird im Wall Street Journal zitiert: „Das ist eines der Dinge, die missverstanden werden ... wie wichtig diese Mittel für Beschäftigung und Produktion im ganzen Land sind.“
Deutschland leistet sich zum Beispiel neue Chinook-Hubschrauber im Wert von 8,5 Mrd. Dollar. Polen erneuert seine alternde Hubschrauber- und Panzerflotte für rund 30 Mrd. US-Dollar mit amerikanischen Rüstungsgütern.
Energie für Europa: USA nun größter Exporteur von LNG-Gas
Und das Rüstungsgeschäft dürfte auch in den kommenden Jahren florieren: Am Rande der Sicherheitskonferenz in München wurde bekannt, dass die Bundesrepublik womöglich bald mehr als zwei Prozent des Haushaltsbudgets für die Verteidigung ausgibt.

Derweil berichten die NY Post und weitere US-Medien von einem weiteren Punkt, welcher der US-Wirtschaft Aufschwung verleiht: Nachdem die russischen Gaslieferungen nach Deutschland und in weitere Länder eingestellt wurden, stiegen die Vereinigten Staaten 2023 zum weltgrößten Exporteur von LNG-Gas auf.
Ganze zwei Drittel davon landeten per Schiff in Europa - nach einer Prognose des US-Energieministeriums könnten sich die umweltschädlichen Lieferungen bis 2030 nahezu verdoppeln. Der Effekt für den “alten” Kontinent: Die vormals günstige Energie wurde massiv gedrosselt, eine Inflation aufgrund der deutlich gestiegenen Kosten die Folge.
Europäische Unternehmen zieht es vermehrt in den USA
Was aufgrund dessen seitdem wie ein Damoklesschwert über Europa schwebt, ist das Szenario einer Deindustrialisierung: Schließlich investieren zahlreiche hiesige Unternehmen investieren massiv in nordamerikanische Standorte. Auch aus dem deutschen Automobilsektor zieht es viele Firmen nach Übersee.
US-Politiker und Wirtschaftsexperten machen aus der Rolle des von Drogenproblemen gebeutelten Landes als Profiteur keinen Hehl: “Wir wissen, dass aufgrund der direkten und indirekten Auswirkungen des Ukraine-Krieges potenzielle Verträge in zweistelliger Milliardenhöhe für US-Firmen auf dem Tisch liegen, aber es ist weniger klar, wie schnell die Unternehmen diese Mittel erhalten werden“, erklärt William Hartung, Senior Fellow am Quincy Institute for Responsible Statecraft in Washington.
US-Wirtschaft wächst - aber nur bestimmte Sektoren
Studien zufolge sind es besonders europäische Unternehmen, die von den günstigen und reichlich vorhandenen Energieressourcen der USA angelockt werden, verbunden mit den Investitionen der amtierenden Regierung (IRA). Allerdings profitiert bei weitem nicht die gesamte Bevölkerung von der florierenden Wirtschaft in Folge des Ukraine-Kriegs.
So schaffen Rüstungsunternehmen dank gestiegener Aufträge zwar neue Arbeitsplätze, den positiven Effekt bekommt aber ein vergleichsweise kleiner Teil der Bevölkerung zu spüren, erklärt Marc Goldwein: „Ich glaube nicht, dass man mit Sicherheit sagen kann, dass die US-Wirtschaft infolge des Krieges größer geworden ist, aber bestimmte Sektoren der Wirtschaft sind auf jeden Fall größer“, so der leitende Direktor des Ausschusses für einen verantwortungsvollen Bundeshaushalt. (PF)