„Geeignet, die Sparkassenkunden zu irritieren“

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Die Schalterhalle der Sparkasse in Dachau. Die Besetzung der Verbandsversammlung sorgt seit Monaten für Diskussionen. © hi

Die Regierung hat bei den Mitgliedern der Sparkassen-Verbandsversammlung geprüft, ob deren berufliche Tätigkeit mit ihren Aufgaben bei der Sparkasse vereinbar sind. Kritik gibt es an einer Personalie.

Im Rahmen der Neubesetzung der Verbandsversammlung der Sparkasse Dachau hat Landrat Stefan Löwl als deren Vorsitzender zuletzt Prüfungen durch die Rechtsaufsicht, in dem Fall die Regierung von Oberbayern, vornehmen lassen.

Wie Löwl dazu auf Nachfrage mitteilt, sieht die Regierung von Oberbayern „keine Kompatibilitätsprobleme“ bei den bereits berufenen Verbandsversammlungsmitgliedern Sarah Jacob, Florian Schiller, Jürgen Seidl, Manfred Berndt und Andreas Liegsalz. Berndt ist auch seit vielen Jahren Mitglied des Verwaltungsrats der Bank, Liegsalz Ersatzperson.

In Konkurrenz zur Sparkassenorganisation

Wie berichtet, hatte der Stadtrat kurz vor der Sommerpause noch seine Mitglieder Florian Schiller (CSU) zum Verbandsrat und seinen Kollegen Jürgen Seidl (FDP) zum Stellvertreter gewählt. Die Dachauer Stadträtin Sarah Jacob (SPD) gehört bereits der Verbandsversammlung der Sparkasse Dachau an.

Anlass für Löwls jüngste Überprüfung der Vereinbarkeit von Jacobs, Seidls, Berndts und Liegsalz‘ beruflicher Tätigkeit mit ihren Aufgaben bei der Sparkasse war ein Urteil des Verwaltungsgerichts München. Dieses hatte im November 2023 eine Klage des Dachauer Stadtrats Peter Gampenrieder (ÜB) abgewiesen, nachdem ihm der Zweckverband der Sparkasse eine Mitgliedschaft im Verbandsrat versagt hatte. Als Begründung war angeführt worden, dass Gampenrieders hauptberufliche Tätigkeit im Rechnungswesen einer weltweit agierenden Rückversicherung potenziell in Konkurrenz zur Sparkassenorganisation stehen könnte und damit mit dem Amt eines Verbandsrates nicht vereinbar sei. In der Urteilsbegründung hatte das Verwaltungsgericht München ausgeführt, dass „bereits jeder äußere Anschein einer möglichen Pflichtenkollision jedweder Art in Bezug auf Konkurrenzunternehmen vermieden werden“ sollen.

Warum Bedienstete des Finanzamtes nicht geeignet sind

Das Verwaltungsgericht hatte in seiner Urteilsbegründung zudem explizit darauf hingewiesen, dass „Bedienstete des Finanzamts, wenn sie zum Verwaltungsratsmitglied bestellt würden, in einen Pflichtenwiderstreit zwischen Steuergeheimnis und Bankgeheimnis geraten“ könnten und „deshalb nicht geeignet“ für eine Tätigkeit als Mitglied der Verbandsversammlung seien. Das Problem: Die Dachauer SPD-Stadträtin Sarah Jacob ist beim Finanzamt München als Steuerprüferin beschäftigt – und dennoch Mitglied in der Verbandsversammlung.

Auch die anderen Verbandsmitglieder Manfred Berndt, Jürgen Seidl und Andreas Liegsalz sind als Steuerberater beziehungsweise Rechtsanwälte Organe der Steuerrechtspflege. Das jüngste Neu-Verbandsmitglied Florian Schiller ist bei dem weltweit tätigen Konzern Linde als Direktor aktiv. Der Linde-Konzern hat eine eigene Finanz-Tochter, die bankähnliche Geschäfte durchführt.

Warum ausgerechnet Gampenrieder nicht zugelassen wurde, aber Jakob, Seidl, Berndt, Liegsalz und Schiller schon, ist der Stellungnahme der Regierung von Oberbayern nicht zu entnehmen. Die Regierung scheint sich eher aus der Angelegenheit heraushalten und der Sparkasse beziehungsweise dem Zweckverband der Sparkasse die Entscheidung überlassen zu wollen.

Regierung sieht Jacobs Mitarbeit in Sparkassenverbandsversammlung kritisch

Gleichwohl lässt die Regierung durchblicken, dass eine Mitgliedschaft von Jacob in der Verbandsversammlung der Sparkasse Dachau durchaus nicht optimal ist. So sei im Sparkassengesetz zwar „nach dem klaren Wortlaut nur der eine (Widerstreit mit den Pflichten gegenüber anderen Geldinstituten), nicht der andere Fall (abstrakte Pflichtenkollision zwischen Steuer- und Bankgeheimnis) als Ausschließungsgrund festgelegt worden“. Gleichwohl sei „die abstrakte Pflichtenkollision zwischen einem Mitglied des Verwaltungsrats einer Sparkasse auf der einen Seite (Amtsverschwiegenheit, Bankgeheimnis) und der Tätigkeit im Finanzamt (Steuergeheimnis) auf der anderen Seite nach wie vor kritisch zu sehen.“ Zudem müsse man sich schon die Frage stellen, „ob die Entsendung von Finanzbeamten in den Verwaltungsrat einer Sparkasse auch zweckmäßig ist oder gegebenenfalls geeignet sein könnte, Sparkassenkunden zu irritieren“.

Die „Organe der Rechspflege“ Manfred Berndt, Jürgen Seidl und Andreas Liegsalz dagegen hält die Regierung nicht für „ungeeignet, die Sparkasse und ihre Aufgaben zu fördern. Vielmehr verfügten gerade Angehörige dieser Berufsgruppen oftmals über besondere Sachkunde, die sie in ihre Tätigkeit für die Sparkasse einfließen lassen können“.

Auch der Fall von Florian Schiller ist nach Meinung der Regierung von Oberbayern unkritisch. So würde die Finanztochter des Linde Konzerns „keine erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte [betreiben], wozu insbesondere das Einlagen- oder Kreditgeschäft gehören.“ Sie gelte deswegen nicht als Kreditinstitut und stehe deswegen weder tatsächlich noch abstrakt im Wettbewerb mit Sparkassen.

Bernhard Hirsch

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