„Wird schlimm, richtig schlimm“: US-Militärs loten heimliche Befehlsverweigerung unter Trump aus

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Ein Einsatz der US-Armee im Inland würde zu Blutvergießen führen. Davon gehen mehrere Militärs aus – Könnte man einen entsprechenden Befehl von Trump verweigern?

Washington, D. C. – „Könnt ihr nicht einfach auf sie schießen?“. Das soll der kommende US-Präsident Donald Trump 2020 im Zuge der Black-Lives-Matter-Proteste gegenüber seinem damaligen Verteidigungsminister Mark Esper gesagt haben. „Ihnen einfach in die Beine schießen oder so?“, zitierte Esper den Republikaner in seiner Autobiografie. Die Proteste, die Trump mit Waffengewalt eindämmen wollte, richteten sich damals gegen Polizeikriminalität gegenüber schwarzen US-Bürgerinnen und US-Bürger. Auslöser war der Fall des durch Polizisten ermordeten Afroamerikaners George Floyd.

Trumps Forderung nach einem Waffeneinsatz des US-Militärs gegen die eigene Bevölkerung löst mit Blick auf seine am 20. Januar beginnende zweite Amtszeit Sorge unter Angehörigen des Militärs aus. Wie die US-Plattform Politico berichtete, werden laut einem knappen Dutzend pensionierter Offiziere, aktiver Militärjuristen und Wissenschaftlern innerhalb der US-Armee Debatten darüber geführt, welche Befehle von Trump sie befolgen werden – und welche nicht.

Gewalt gegen Trumps Feinde in den USA – Militär warnt vor Blutvergießen

Der letzte Einsatz von US-Soldaten gegen die eigene Bevölkerung fand im Jahr 1992 während der tödlichen Unruhen in Los Angeles statt. Mehr als 10.000 Truppen aus der Armee, der kalifornischen Nationalgarde und mehrerer Bundespolizeibehörden lösten die Proteste auf, die nach Vorwürfen der Misshandlung eines schwarzen US-Bürgers gegen mehrere Polizisten entbrannten. Im Zuge der Unruhen starben 63 Menschen, 2383 wurden verletzt – neun durch Schüsse der Polizei und eine weitere Person durch die Nationalgarde.

Douglas Ollivant, damals Oberleutnant der Armee, sagt gegenüber Politico, dass die US-Armee nicht an den tödlichen Zwischenfällen während der Proteste beteiligt gewesen sei. „Es war sehr wichtig, die Bundestruppen von der Front fernzuhalten“, so Ollivant.

Trump äußert sich zu Irans Angriff auf US-Militär
Donald Trump würde das US-Militär am liebsten für Abschiebungen und gegen politische Feinde einsetzen. © Evan Vucci/dpa

Auf einen solchen vergleichsweise glimpflichen Ausgang durch den Einsatz der Armee im Inland, kann man sich laut Militärinsider nicht mehr verlassen. Wie Politico weiter unter Berufung auf interne Quellen mitteilte, seien die Soldaten heute vor allem darauf trainiert, den Feind zu töten. „Ich bin mir nicht sicher, ob wir heute auf allen Führungsebenen noch dieselbe Disziplin haben wie vor 32 Jahren. Das macht mir Sorgen, wenn ich an die Leute denke, die Sie vor Ort schicken werden“, sagte der pensionierte Generalleutnant, Marvin Covault. Viele würden ein Blutvergießen befürchten, wenn Trump wie bereits angekündigt die US-Streitkräfte unter anderem zur Durchführung von Massenabschiebungen oder gegen politische Feinde einsetzt.

Müssen Soldaten Trump gehorchen? Militärprofessor erklärt Möglichkeit zur Befehlsverweigerung

Trump könnte bei den Plänen aber Probleme bekommen. In der Diskussion bemängelt Graham Parsons, Professor für Philosophie an der United States Military Academy in West Point, dass viele glauben würden, das Militär müsse sich den Befehlen des US-Präsidenten bedingungslos Folge leisten. „Natürlich sind Soldaten gesetzlich verpflichtet, einen Befehl zu missachten, wenn er eindeutig illegal ist“, erklärte er in einem Gastbeitrag in der New York Times. Das Militär dürfe nicht „zu einem parteipolitischen Instrument werden“, so Parsons weiter. Sollte ein US-Präsident Trump einen Einsatz befehlen, der seine Neutralität gefährdet, „ist es ethisch gerechtfertigt, dass das Militär den Befehl kritisiert und sich ihm sogar widersetzt, selbst wenn er nicht eindeutig illegal ist“.

Ein Problem könnte allerdings das Führungspersonal von Trump in seiner kommenden Amtszeit darstellen. Neuer Verteidigungsminister soll der Fox-News-Moderator und ehemalige Soldat Pete Hegseth werden. Innerhalb der Demokraten warnt man davor, dass es sich bei Hegseth um einen Trump-Loyalisten ohne irgendeine Regierungserfahrung handele. „Ich bin wirklich schockiert“, sagte der Abgeordnete Dan Goldman gegenüber CNN.

Es ist fraglich, ob sich Hegseth gegen die Befehle von Trump stellen wird. Laut einem ehemaligen Berater werde Trump zumindest versuchen, durch personelle Entscheidungen das ehemals angespannte Verhältnis seiner Regierung mit der Führung des US-Militärs zu entschärfen, berichtete CNN.

Insurrection Act – Trump hat großen Spielraum bei einem Militäreinsatz in den USA: „Das wird schlimm“

„Die grundlegende Realität ist, dass der Insurrection Act dem Präsidenten gefährlich weitreichende Ermessensspielräume einräumt, das Militär als Polizeitruppe im Inland einzusetzen“, erklärte Joseph Nunn. Der Experte am Brennan Center for Justice sagte gegenüber Politico, dass das Gesetz zum Einsatz der Armee in den USA keine wirklichen Kriterien enthalte, „wann es für den Präsidenten angemessen ist, das Militär im Inland einzusetzen.“ Trump könne sogar einfach behaupten, dass er eine Verschwörung vermute.

Dass Trump davon zurückschrecken würde, die Armee einzusetzen, glaubt ein mit dem Militärrecht vertrauter Anwalt nicht. „Ich glaube, es wird schlimm, richtig schlimm“, sagte der Anwalt, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will, gegenüber Politico. „Das wird schlimmer als letztes Mal. Trump ist wütend. Er will verzweifelt seinen Fernseher einschalten und Menschen in Uniform auf den Straßen sehen.“ (nhi)

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