Harter Kurs bei Asylpolitik: Mit bestimmten Kniff will Merz-Regierung Blockade umgehen

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Die schwarz-rote Koalition will das Verfahren, welches die Einstufung sicherer Herkunftsländer vornimmt, erleichtern. Die Hürde bislang: Der Bundesrat.

Berlin – Wenige Wochen nach dem Regierungswechsel arbeitet die schwarz-rote Koalition weiter daran, ihr zentralstes Wahlversprechen umzusetzen: Eine Verschärfung der Migrationspolitik. Dafür soll am Mittwoch (4. Juni) ein Gesetzentwurf verabschiedet werden, mit dem die Regierung künftig selbst festlegen kann, für welche Asylbewerber aus welchen Staaten verkürzte Prüfverfahren gelten, berichtet der Tagesspiegel.

Merz-Regierung plant „neues Verfahren“: Zustimmungspflicht des Bundesrats soll umgangen werden

Damit könnte die Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) die jahrelange Blockade des Bundesrats beenden. Denn in den vergangenen Jahren war die Ausweitung der Liste sogenannter sicherer Herkunftsstaaten mehrfach vor der Länderkammer gescheitert. Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) sagte dem Tagesspiegel, die Bundesregierung arbeite nun „mit Hochdruck an einem neuen Verfahren, um die Einstufung weiterer sogenannter sicherer Herkunftsländer zu erleichtern“.

Künftig soll die Einstufung dieser Länder dem Bericht zufolge nur noch mit Bezug auf die sogenannte EU-Asylverfahrensrichtlinie erfolgen und nicht mehr mit Bezug auf das Grundgesetz. Die Regierung könnte somit entsprechende Verordnungen alleine erlassen – eine Zustimmungspflicht des Bundesrates gäbe es damit nicht mehr.

„Die Menschen haben einen Anspruch darauf, dass die neue Bundesregierung die Wende in der Migrationspolitik zügig umsetzt“, so Frei. Bereits im Koalitionsvertrag von Union und SPD war davon die Rede, dies „durch Rechtsverordnung der Bundesregierung ermöglichen“ zu wollen, unter anderem für die Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien.

Schnellere Abschiebung: Schwarz-rote Koalition will Liste sicherer Herkunftsländer erweitern

Bislang wurden Asylanträge von Menschen, aus den als sichere Herkunftsstaaten geltenden Ländern vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in der Regel als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Dies schließt die Anerkennung eines Schutzstatus im Einzelfall aber nicht aus. Abgelehnte Antragsteller können jedoch leichter und schneller abgeschoben werden. 

Die Menschen haben einen Anspruch darauf, dass die neue Bundesregierung die Wende in der Migrationspolitik zügig umsetzt.

Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es, zuerst sollten Algerien, Indien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Entsprechende Initiativen waren in den vergangenen Jahren im Bundesrat am Widerstand von Ländern mit Regierungsbeteiligung der Grünen und der Linken gescheitert. 

Als sichere Herkunftsländer gelten in Deutschland aktuell neben den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Albanien, Bosnien-Herzegowina, Ghana, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Senegal, Serbien, Georgien und die Republik Moldau. Die Einstufung soll irreguläre Migration aus diesen Staaten verringern.

Grünen kritisieren neuen härteren Kurs der Asylpolitik: „Schauspiel zur Befriedung der Unionswähler“

Die Grünen, gegen deren Mitwirkung die Regierungspläne zielen, kritisierten diese entsprechend scharf. Diese Maßnahme sei „für die Bewältigung realer Herausforderungen weitgehend wirkungslos, soll aber Härte und Konsequenz signalisieren“, sagte Grünen-Chef Felix Banaszak dem Tagesspiegel. Er nannte das Vorhaben ein „Schauspiel zur Befriedung der Unionswähler“, welches „recht leicht durchschaubar“ sei. Kritik äußerte er auch an den Sozialdemokraten: Er frage sich „langsam, ob die SPD eigentlich Teil der Koalition ist“.

Straffes Programm für Merz‘ Regierung: Kabinett entscheidet über Dobrindts Migrations-Pläne.
Die Merz‘ Regierung will die Migrations-Pläne schnell umsetzen. © Florian Gaertner

Kritik gab es auch letzte Woche, als die Bundesregierung die Verschärfungen in der Asyl- und Migrationspolitik auf den Weg gebracht hatte. Hintergrund: Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch (28. Mai) in Berlin die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzbedürftige für zwei Jahre und die Abschaffung der kurzen Einbürgerungsfrist für besonders gut integrierte Ausländer. Es geht um jeweils verschiedene, kleinere Gruppen von Migranten und Flüchtlingen.

Menschenrechtsorganisationen, Sozialverbände und Kirchen hatten bis zuletzt die Regelung scharf kritisiert. Für Zehntausende sei der Familiennachzug der letzte Hoffnungsschimmer, erklärte Amnesty International. „Das Ziel, Migration zu reduzieren, darf nicht zulasten von Familien gehen – Familien gehören zusammen“, sagte Diakonie-Vorständin Elke Ronneberger. Save the Children erklärte, der Familiennachzug sei „einer der wenigen sicheren, planbaren und legalen Wege für Kinder, um gemeinsam mit ihren engsten Angehörigen in Sicherheit zu leben“ (bg/dpa).

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