Thorsten Frei: Der leise Weg nach oben

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Mehr als drei Jahre ist Thorsten Frei Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion. Jetzt tritt der CDU-Politiker aus dem Schatten der Opposition, verhandelt hart die neue Regierung mit und kann als Merz-Vertrauter auf einen neuen, wichtigen Posten hoffen.

Berlin – Es ist das große Ganze, auf das er so gerne blickt. Also die vielen kleinen Puzzleteile, die erst in der Zusammensetzung ein vollständiges und vor allem verständliches Bild ergeben. Daran hält er sich auch, wenn es um ihn selbst geht. „Ich bin nicht nur Politiker“, steht unter einem Foto von ihm in den sozialen Medien. Darauf zeigen zehn Pfeile mit Eigenschaften auf ihn, definieren ihn praktisch. Frühaufsteher (wenn auch berufsbedingt), Jogger, Hundebesitzer, McDonald's-Fan, aus einer Polizei-Familie. Das ist Thorsten Frei privat.

Doch da gibt es noch einen anderen Teil von ihm. Der Jurist, der CDU-Politiker und vor allem der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag. Und hinter diesem Posten verbirgt sich mehr als nur ein sperriger Titel, den der Politbetrieb gerne auch mal als PGF abkürzt. Es geht ums Vermitteln, Organisieren und eben auch darum, Zusammenhänge zu erklären.

Thorsten Frei, 51, macht das seit Ende 2021 für die Unionsfraktion. Also für die Opposition. Nach innen hält er seine Fraktion zusammen, stimmt sich mit den PGFs der anderen Parteien ab. Nach außen kommuniziert er die Geschlossenheit und gibt Einblicke in das Parlamentsgeschehen.

Aus dem Schwarzwald nach Berlin: Frei bewegte sich zunächst unter dem Radar

Zur Zeit der Ampel-Koalition kehren am Anfang jeder Sitzungswoche dafür die Hauptstadtjournalisten meist im ersten Stock der urigen Gaststätte Hopfingerbräu am Brandenburger Tor ein. Bei reichhaltigem Frühstück erklärt Frei, was diese Woche ansteht – natürlich auch mit entsprechender Kritik an der Regierung. Frei nimmt sich Zeit, immer gut eine Stunde. Geduldig beantwortet er Fragen quer durch alle Themenfelder. Er spricht bedacht, nicht hektisch – als würde er den Anwesenden Zeit geben, um die politischen Sachverhalte zu verarbeiten.

Dabei kommt sein badischer Dialekt immer wieder deutlich zum Vorschein und erinnert an Freis politische Etappen. Neun Jahre war er Oberbürgermeister im baden-württembergischen Donaueschingen. „Auf den Wechsel nach Berlin habe ich nicht hingearbeitet“, sagte er dem RND. Mehrfach sei ihm eine Kandidatur angeboten worden, mehrfach habe er abgelehnt. Bis er 2013 dann doch in den Bundestag einzog – als Direktkandidat für den Wahlkreis Schwarzwald-Baar.

Zunächst bewegt sich Frei unter dem Radar. Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, Fraktionsvize für Innen- und Rechtspolitik. Auch die Arbeit in der Opposition und die „Herrschaft im Stillen“, wie ein Politikwissenschaftler den PGF-Posten mal bezeichnete, haben ihm nicht die größte Popularität – zumindest in der breiten Öffentlichkeit – verschafft.

18.03.2025, Berlin: Friedrich Merz, (l-r) CDU/CSU Fraktionsvorsitzender ud Bundesvorsitzender, Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU Fraktion und Alexander Dobrindt, CSU Landesgruppenchef, sitzen in der 214. Plenarsitzung der 20. Legislaturperiode im Deutschen Bundestag. Hauptthema dieser zweiten Sondersitzung des alten Bundestages nach der vorgezogenen Bundestagswahl ist die Reform der Schuldenbremse als Voraussetzung für das geplante milliardenschwere Finanzpaket der zukünftigen Bundesregierung für Verteidigung, Infrastruktur, und Klimaschutzmaßnahmen. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Friedrich Merz, (l-r) CDU/CSU Fraktionsvorsitzender ud Bundesvorsitzender, Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU Fraktion und Alexander Dobrindt, CSU Landesgruppenchef, sitzen in der 214. Plenarsitzung der 20. Legislaturperiode im Deutschen Bundestag. Hauptthema dieser zweiten Sondersitzung des alten Bundestages nach der vorgezogenen Bundestagswahl ist die Reform der Schuldenbremse als Voraussetzung für das geplante milliardenschwere Finanzpaket der zukünftigen Bundesregierung für Verteidigung, Infrastruktur, und Klimaschutzmaßnahmen. © Bernd Von Jutrczenka/dpa

Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD: Frei ist auf oberster Ebene dabei

Doch er bleibt ehrgeizig am Ball, bis die Union wieder auf der Regierungsbank Platz nimmt. Freis einende Kompetenz ist gerade bei internen Debatten über die Schuldenbremse gefragt. In den Koalitionsgesprächen verhandelt er auf oberster Ebene mit. Für manche in der SPD zu hart. Frei gehört zu jenen, die Boris Pistorius als „wirklich unangenehm“ und ohne Gewissen bei den Migrationsgesprächen bezeichnet. Frei spricht lieber von Verhandlungen hart in der Sache, freundlich im Umgang.

Mittlerweile pflegt Frei einen engen Draht zum künftigen Kanzler Friedrich Merz, sitzt im Parlament stets mit ihm in der ersten Reihe. Und im Posten-Poker der neuen Koalition kursiert sein Name: Innenminister, Fraktions- oder Kanzleramtschef. Bei Letzterem würde sich Frei in die politische Karriere von Wolfgang Schäuble und Peter Altmaier einreihen.

Fast wie eine Feuerprobe schickt die Union Frei gleich in der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags als Ersten aus der Fraktion an das Rednerpult. Den Antrag der AfD, den Alterspräsidenten zu stellen, schmettert Frei ab. Wieder einmal ordnet er ein, erklärt das große Ganze. Zum Schluss sagt er: „Heut‘ entsteht etwas Neues.“ Es klingt wie eine Prophezeiung, auch für ihn selbst. Auf der Webseite der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist er zwar noch als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer gelistet – jedoch nur bis 2025.

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