Nach Sondierungsabschluss: Pistorius lästerte wohl über Unionsverhandler – „haben kein Gewissen“
Nach den Sondierungsgesprächen gab es von der Union und SPD sehr positive Signale. Ein interner SPD-Bericht offenbart, was die SPD-Spitze wirklich denkt.
Berlin – Die Gespräche zwischen der Union und SPD mit Blick auf die Gründung der neuen Bundesregieurng kommen voran. Allerdings sind sie offenbar nicht ganz frei von gegenseitigen Attacken. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) etwa soll über die Verhandler der Union bei den Koalitionsgesprächen gelästert haben. Dies geht aus einem Bericht des Magazins Stern hervor. In einer Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion am Montag (10. März) soll er gepoltert haben: „Ich sag's Euch wie es ist: Diese Gesprächspartner waren die mit Abstand unangenehmsten. Humanität und Verantwortung für andere Menschen? Null Komma null.“
Die Sondierungsverhandlungen kamen am Wochenende erfolgreich zum Abschluss. Jetzt stehen die Koalitionsverhandlungen mit der Union auf dem Plan. Und die dürften es in sich haben. Von den Jusos und dem linken Flügel innerhalb der SPD gab es bereits scharfe Kritik an den Ergebnissen des Sondierungspapiers. Die SPD muss jetzt bei den Koalitionsverhandlungen einen besseren Deal für die Sozialdemokraten rausschlagen, sonst droht die SPD-Basis gegen eine neue GroKo zu stimmen.
Pistorius schießt gegen Dobrindt und Frei vor Koalitionsverhandlungen: „Kein Gewissen“
Vor allem zwei Verhandler der Union waren dabei Pistorius besonders ein Dorn im Auge: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und der Parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei. „Ich sage es Euch: Dobrindt und Frei, sie sind wirklich unangenehm. Sie haben kein Gewissen“, sagte er laut Informationen von Stern.
Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zum Thema Asyl verteidigte Pistorius wohl vehement. Er berichtete, dass man die schlimmsten Formulierungen aus dem Sondierungspapier „rausgekegelt“ habe. Zwar habe die Union durchgesetzt, dass der Begriff „Begrenzung“ wieder ins Aufenthaltsgesetz aufgenommen werden soll, doch Pistorius bezeichnete dies als „Placebo“. Er sagte demnach: „Das hat null Wirkung. Gar keine.“ Trotz des 16-Prozent-Wahlergebnisses der SPD hätten die Verhandler der Sozialdemokraten herausragende Erfolge erzielt. „Wir haben sie nicht eine Sekunde in unseren Vorgarten gelassen.“
Streit innerhalb der SPD über Sondierungspapier: Migration im Mittelpunkt
Im Wahlkampf hatte die Union eine Verschärfung der Migrationspolitik und eine Reduzierung der Zuzugszahlen versprochen. In dem am Samstag veröffentlichten Sondierungspapier, das als Grundlage für Koalitionsverhandlungen dienen soll, einigten sich Union und SPD darauf, dass eine „Begrenzung“ der Einwanderung als Ziel ins Aufenthaltsgesetz aufgenommen werden soll. Dennoch entbrannte ein Streit zwischen den Verhandlern über die Auslegung der gemeinsamen Sondierungsvereinbarungen zur Migrationspolitik, insbesondere bei der Zurückweisung an den Grenzen.
Meine News
Der ehemalige Gesundheitsminister im Kabinett Merkel IV, Jens Spahn (CDU), kündigte einen harten Asylkurs an. Man wolle Asylbewerber an der deutschen Grenze zurückweisen – und das notfalls auch ohne Zustimmung der Nachbarländer. Über Spahn hatte auch SPD-Chefin Saskia Esken einiges zu sagen. Spahn sei eng verbunden mit Richard Grenell, einem Vertrauten des US-Präsidenten Donald Trumps. Der ehemalige US-Botschafter für Deutschland habe von Trump den „Kampfauftrag, die kulturelle und politische Hegemonie der Konservativen“ zu gewährleisten.
Am Sondierungspapier gab es auch scharfe Kritik vom linken Flügel der SPD. Tim Klüssendorf, Sprecher der Parlamentarischen Linken der SPD-Bundestagsfraktion sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zum Punkt Migration: „In den Koalitionsverhandlungen muss hier dringend nachgebessert werden, damit eine Zustimmung der SPD möglich ist.“ Der Knackpunkt: nach den Koalitionsverhandlungen darf noch die SPD-Basis darüber abstimmen, ob die Partei auch eine Koalition mit der Union eingehen will.
Sondervermögen: Sondersitzung des Bundestags – Grünen noch dagegen
Zwar ist die SPD großer Verlierer der Bundestagswahl, dennoch sind die Sozialdemokraten in einer guten Verhandlungsposition. Die Union hat nur mit der SPD eine Mehrheit im Bundestag. Eine Koalition mit der AfD ist ausgeschlossen. Im Mittelpunkt der Sondierungsgespräche stehen die zwei gigantischen Sondervermögen, die noch vor der Koalitionsbildung im alten Bundestag verabschiedet werden sollen. Sollte die Grünenfraktion jedoch gegen die geplanten Milliarden stimmen, wären die Sondierungsgespräche praktisch hinüber. Bei der kommenden Sondersitzung des Bundestags am Donnerstag wird es also spannend. (sischr/afp)