Der erste Schritt zu einem möglichen Riesen-Solarpark in der Lichtenau ist erst mal aufgeschoben. Weilheims Stadtrat hat die geplante Einleitung des Verfahrens vertagt. Eine Versammlung soll zunächst die „furchtbaren atmosphärischen Störungen“ vor Ort beseitigen.
Weilheim – Es wäre das bislang größte Solarfeld im Landkreis: Auf gut 34 Hektar Grünland in der Lichtenau, zwischen Reichenberg- und Sudetenstraße, möchte die Schwabsoiener Volllast GmbH Photovoltaik-Module errichten, die rechnerisch Strom für rund 11 000 Haushalte erzeugen könnten. Doch angesichts dieses Großprojekts prallen derzeit Fronten aufeinander, sowohl am Schauplatz selbst als auch im Weilheimer Stadtrat.
„Gestörtes Vertrauensverhältnis“ zwischen Investor und Anliegern
Der von Landwirten getragene Wasser- und Bodenverband Lichtenau befürchtet, sein aufwändig errichtetes, gut funktionierendes Drainagesystem vor Ort könnte durch den riesigen Solarpark beschädigt werden. Und die Kommunikation mit dem Investor funktioniert offenbar überhaupt nicht. Von „verhärteten Fronten“ und einem „gestörten Vertrauensverhältnis“ zwischen Volllast und den Anliegern war in der jüngsten Sitzung des Weilheimer Stadtrates die Rede, ja von „furchtbaren atmosphärischen Störungen“. Und die, so hieß es, müssten erst einmal beseitigt werden. Bemängelt wurde insbesondere, dass der Investor „binnen eines Jahres keine Aussagen zu den Sorgen der Bevölkerung getroffen“ habe, wie etwa Stefan Zirngibl (CSU) formulierte.
Deshalb hat der Stadtrat die Entscheidung über die Einleitung der nötigen Flächennutzungsplan-Änderung mit großer Mehrheit vertagt. CSU-Vertreter Klaus Gast hatte in der Sitzung per Antrag zur Geschäftsordnung gefordert, vor diesem Beschluss eine Anliegerversammlung einzuberufen. Das wird sie in den nächsten Wochen tun. „Man soll ja nichts unversucht lassen“, war auch Bürgermeister Markus Loth (BfW) offen für dieses Vorgehen: Es spiele „überhaupt keine Rolle, ob es mit einer möglichen Eröffnung des Verfahrens Oktober wird“.
Sorge vor der Dynamik eines Flächennutzungsplan-Verfahrens
Auch wenn der Stadtrat im Herbst das Flächennutzungsplan-Verfahren einleitet: Ob das Solarfeld tatsächlich gebaut werden dürfe, sei mit diesem Schritt noch nicht entschieden, erklärte Manfred Stork, der Leiter der städtischen Bauverwaltung. Das Verfahren könne „jederzeit wieder gestoppt werden“, das sei auch dem Investor bewusst. Dieser, so fügte Loth hinzu, müsse im übrigen auch in diesem Fall die Verfahrenskosten tragen.
Doch mehrere Ratsmitglieder plädierten eindringlich dafür, diesen ersten Schritt gar nicht zu tun. Das kürzlich im Bauausschuss vorgestellte Entwässerungskonzept für die geplante Anlage (wir berichteten) sei „unbrauchbar“, sagte Romana Asam. Und die von der Stadt geforderte Agri-PV, also eine Kombination von PV-Modulen und Beweidung mit Tieren, funktioniere in diesem Gelände schlichtweg nicht, so die FW-Vertreterin weiter. Das sieht auch Rupert Pentenrieder (BfW) so, der Landwirtschaftsreferent des Stadtrates: Besagtes Gutachten habe ihm „erst aufgezeigt, wie hochsensibel dieses Gebiet ist“ – und in dieses würde man mit der großflächigen PV-Anlage „zu sehr eingreifen“.
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Einige Stadträte warnten auch vor der Dynamik eines Flächennutzungsplan-Verfahrens. „Ich habe immer wieder Projekte erlebt, wo es hieß: ,Jetzt sind wir so weit im Verfahren, das ist nicht mehr zu stoppen‘“, bekundete FW-Politikerin Susann Enders. Angesichts der grundsätzlichen Privilegierung solcher Solarprojekte ist sich auch CSU-Fraktionssprecherin Marion Lunz-Schmieder „nicht sicher, dass man das Verfahren noch stoppen könnte“.
Grünen-Vertreter sieht „zu viel Angst und Bedenken“ im Stadtrat
Andere betonten indes, erst das Flächennutzungsplan-Verfahren könne Antworten auf wichtige Fragen bringen. „Wir wollen sehen, was an Stellungnahmen kommt, und alles sorgfältig prüfen“, so BfW-Fraktionssprecherin Brigitte Holeczek. Und zwar „ergebnisoffen“, wie sie hinzufügte. Deshalb wolle man bewusst nicht schon zeitgleich ein Bebauungsplan-Verfahren beginnen.
Alle aufgeworfenen Fragen gelte es im Verfahren zu klären, meinte auch Alfred Honisch (Grüne): „An dieser Stelle ist mir das viel zu viel Angst und Bedenken.“ Es sei „das gute Recht von Betroffenen, diese Anlage nicht zu wollen“, ergänzte Karl-Heinz Grehl (Grüne). Doch aktuell würden, auch im Stadtrat, „Behauptungen aufgestellt und Befürchtungen geschürt“. Angesichts des Investitionsvolumens und der grundsätzlichen Notwendigkeit erneuerbarer Energien sieht Grehl die Stadt bei diesem Vorhaben in der „Pflicht, ein Verfahren zu eröffnen – in dem alle Punkte offen auf den Tisch kommen und über alles offen und ehrlich geredet wird“.
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Das Ganze hänge übrigens nicht zwangsläufig „am jetzigen Investor“, sagte Horst Martin: Würde die Stadt letztlich einer solchen Anlage zustimmen, könnte es immer noch ein anderer Investor werden, so der SPD-Vertreter. Doch das ist nun wirklich Zukunftsmusik, selbst wenn der Stadtrat im Herbst tatsächlich den ersten Schritt in der Sache tun sollte.