Ukraine erreicht ein Ziel nicht: Doch Selenskyj sieht Putin schwer unter Druck
Wolodymyr Selenskyj verteidigt die waghalsige Offensive der Ukraine in Russland. Der ukrainische Präsident hofft auf einen Effekt bei Moskau-Machthaber Wladimir Putin.
Kiew - Die Ukraine ist im Krieg mit Russland vielerorts in der Defensive. Zuletzt fiel auch die Donbass-Bastion Wuhledar an die russische Armee. Kiew zog dort in der Region Donezk seine Verbände zurück.
Ukraine-Krieg: Wolodymyr Selenskyj verteidigt Kursk-Offensive in Russland
Während dessen stehen ukrainische Soldaten in der Oblast Kursk auf russischem Boden. Es sollen bis zu 6000 Soldatinnen und Soldaten an der regional eingegrenzten Offensive in der russischen Grenzregion beteiligt sein. Der Vorstoß im Ukraine-Krieg gilt unter Experten und Militär-Analysten als nicht unumstritten, etwa, weil die ukrainischen Verbände nicht überall geschlossene Nachschubwege haben.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den heiklen Kursk-Vorstoß nun ein weiteres Mal verteidigt. Mehr noch: Der 46-jährige Ukrainer sieht Moskau-Machthaber Wladimir Putin gerade wegen der Geschehnisse in der Region Kursk schwer unter Druck. Seit dem 6. August gelingt es den russischen Streitkräften nicht, die ukrainischen Verbände in den eigenen Gebieten zurückzuschlagen.
Kursk-Offensive der Ukraine: Wolodymyr Selenskyj sieht Schritt in Richtung Frieden
„Dies ist eine sehr wichtige Phase des Krieges, eine, die unserem Land sehr geholfen hat und weiterhin helfen wird“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache von Sonntag (6. Oktober). Die ukrainischen Truppen hätten damit bewiesen, „dass sie den Krieg bis nach Russland tragen können“. Mit ausreichender Unterstützung „unserer Partner werden wir in der Lage sein, genau den richtigen Druck auf Russland auszuüben, um ihm (Wladimir Putin, d. Red.) das Gefühl zu geben, dass der Krieg ihm nichts bringen wird“, meinte Selenskyj. Die Ukrainer werde noch mehr Druck auf Russland ausüben, kündigte das Staatsoberhaupt an, „denn nur mit Gewalt können wir den Frieden näher bringen“.
Die ukrainischen Truppen sollen in der russischen Region Kursk zwischen 1000 und 1300 Quadratkilometer Fläche sowie mehrere Dutzende Dörfer kontrollieren. Kiews Soldaten haben bei ihren Angriffen auf russischem Territorium auch schwere Waffen dabei, die die westlichen Partner aus der Verteidigungsallianz Nato geliefert hatten. Zum Beispiel Stryker-Radpanzer aus den USA oder Marder-Schützenpanzer aus Deutschland. Selenskyj hatte mehrmals betont, dass der Vorstoß die russische Armee auf eigenem Staatsgebiet binden und so die schwer in Bedrängnis geratenen ukrainischen Verteidiger im Donbass entlasten soll. Doch hier rücken Putins Invasionstruppen weiter Siedlung um Siedlung vor.
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Kursk-Vorstoß im Ukraine-Krieg: Russische Armee wirkt weiter überfordert
Selbst die US-Regierung in Washington hatte erklärt, nichts von einer bevorstehenden Kursk-Offensive gewusst zu haben und auch nicht an den Planungen dazu beteiligt gewesen zu sein. Der militärische Überraschungsmoment ging somit wohl auf. Und Putins russische Armee hinterlässt in diesem Fall einen überforderten Eindruck. Dennoch gibt es unter westlichen Beobachtern und Militär-Experten Bedenken hinsichtlich der tatsächlichen Wirkung der Kursk-Offensive.
Bekannt ist, dass die Ukraine gut ausgebildete und erfahrene Kämpfer geschickt hat, die andernorts an der Front fehlen. Und: Russische Militärblogger hatten zuletzt Videos von angeblich in der Region Kursk gefallenen ukrainischen Soldaten im Netz geteilt. Generalmajor und Militär-Experte Christian Freuding hatte der „Tagesschau“ der ARD gesagt, dass „den Ukrainern das Risiko, das sie mit dieser Operation eingehen, durchaus bewusst (ist), aber es kann eben zu einer erheblichen Dynamik kommen, wenn diese Operation erfolgreich durchgeführt wird“.
Dies ist eine sehr wichtige Phase des Krieges, eine, die unserem Land sehr geholfen hat und weiterhin helfen wird.
Wladimir Putin: Druck in Russland wegen Kursk-Offensive der Ukrainer
Kursk sei ein bedeutender taktischer Erfolg gewesen, „der die Moral der Ukrainer gestärkt und Russlands Schwächen offengelegt habe“, zitierte die Financial Times (FT) den amerikanischen CIA-Direktor Bill Burns. Nach Einschätzung des US-Geheimdienstes soll die Kursk-Offensive russische Eliten an Putin zweifeln lassen. Der ehemalige stellvertretende Außenminister Russlands, Andrei Fedorov, kritisierte sogar öffentlich im Staats-TV, dass der Kursk-Vorstoß der Ukrainer „eine Schande“ sei. (pm)