Prozess-Schlappe für Trump: Gericht gibt brisante Beweismittel frei – Ex-Präsident wütet gegen Juristen

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Donald Trump sieht sich seit 2020 dem Vorwurf der Wahlbeeinflussung ausgesetzt. Weil neue Dokumente zum Fall veröffentlicht werden, greift er Richterin und Ermittler an.

Washington – Bei Donald Trump ist alles auf den 5. November ausgerichtet. Den Tag der US-Wahl, an dem er sich mehr Wahlleute sichern will als Kamala Harris, um zum zweiten Mal US-Präsident zu werden. Ob er eine weitere Niederlage wie vor vier Jahren gegen Joe Biden diesmal eingestehen würde, bleibt ohnehin fraglich.

Auf anderem Terrain musste der Republikaner nun zumindest einen Rückschlag einstecken. Im Zusammenhang mit der Ermittlung wegen versuchter Wahlbeeinflussung hat die zuständige Richterin Tanya Chutkan 1889 Seiten an Dokumenten freigegeben. Es handelt sich um Abschriften von Gerichtsverhandlungen, Interviews und Reden, aber auch Social-Media-Beiträge und Fotos im Zusammenhang mit dem Fall, wobei einige Passagen geschwärzt und nur für die Augen der beteiligten Personen gedacht sind.

Sehen sich wohl bald im Prozess wegen des Vorwurfs der Wahlbeeinflussung: Donald Trump schimpft über die Veröffentlichung neuer Dokumente durch Richterin Tanya Chutkan. © imago

Trump und die Wahlbeeinflussung: Richterin lehnt Antrag ab und gibt Dokumente frei

Der Schriftsatz, der in vier Abschnitte aufgeteilt ist, war von Sonderermittler Jack Smith eingebracht worden. Das Trump-Lager war jedoch gegen die Veröffentlichung vorgegangen, weil zu befürchten sei, dass die Inhalte Einfluss auf die Wähler haben könnten. Es hatte darum ersucht, die Dokumente bis zum 14. November und damit anderthalb Wochen nach der Wahl zurückzuhalten.

Dazu schrieb die einst von Barack Obama zur Bundesrichterin ernannte Juristin in einer Stellungnahme, der Antrag befasse sich nicht mit den Faktoren, die für eine Unterverschlusshaltung der Unterlagen ausschlaggebend sind. „Stattdessen wird argumentiert, dass die Aufrechterhaltung der Versiegelung des Anhangs für einen weiteren Monat anderen Interessen dienen würde. Letztlich ist keines dieser Argumente überzeugend“, schlussfolgert Chutkan.

Vielmehr stellt sie fest: „Wenn das Gericht Informationen, auf deren Zugang die Öffentlichkeit ein Anrecht hat, nur wegen der politischen Folgen ihrer Freigabe zurückhält, könnte dies selbst eine Wahlbeeinflussung darstellen oder als solche erscheinen.“ Politische Erwägungen würden bei den Entscheidungen des Gerichts daher weiterhin keine Rolle spielen.

Ex-US-Präsident Donald Trump im Visier der Ermittler – verzweifeltes Ringen nach Wählerstimmen

Viele der Unterlagen waren bereits bekannt, da sie im Zusammenhang mit Smiths Argumentation, Trump genieße für seine Taten keine Immunität, vor wenigen Wochen veröffentlicht wurden. Dies war eine Reaktion auf ein aufsehenerregendes Urteil des Supreme Court, das Trump für sich nutzen will. Auch Biden hatte eindringlich vor den Folgen gewarnt.

In den Dokumenten findet sich etwa eine Abschrift von Trumps Telefonat mit Georgias Secretary of State, Brad Raffensperger. In dem Gespräch ersuchte er den Parteifreund in seiner Verzweiflung darum, weitere Wählerstimmen zu finden, die ihm zum Sieg in dem Bundesstaat verhelfen könnten.

Trump und der Sturm aufs Kapitol: Ex-Präsident soll Randale im TV verfolgt haben

Gleiches gilt für die Erklärung des damaligen Vize-Präsidenten Mike Pence, warum er trotz Trumps Interventionsversuch die förmliche Bestätigung von Bidens Wahlsieg am 6. Januar 2021 durchziehen werde. Im Zuge der Kongress-Sitzung war es am 6. Januar 2021 zum Sturm auf das Kapitol gekommen – im Anschluss an eine Rede Trumps.

Sonderermittler Jack Smith mit Akte in der Hand
Will Donald Trump auf die Anklagebank bringen: Sonderermittler Jack Smith sammelt Beweise für eine Wahlbeeinflussung des Ex-Präsidenten. © imago

Neu sind hingegen einige Aussagen eines nicht näher benannten Mitarbeiters des Weißen Hauses vor dem Ausschuss des Repräsentantenhauses im Zusammenhang mit dem Tag, der nicht nur die USA durchschüttelte. Demnach habe dieser Mitarbeiter Trump mitgeteilt, dass die TV-Stationen seine Rede verlassen hätten, als die Randale im Kapitol begann. Daraufhin habe dieser sich vor den Fernseher gesetzt und die Ausschreitungen bei einer Diät-Cola verfolgt.

Trump wehrt sich gegen Veröffentlichung von Unterlagen: Richterin als „böseste Person“ beschimpft

Auf die juristische Schlappe und die Veröffentlichung reagierte der 78-Jährige derweil auf seine typische Art: mit Unverständnis und schweren Vorwürfen seinerseits. Im Podcast „The Dan Bongino Show“ des für seine Verschwörungstheorien bekannten gleichnamigen Radio- und TV-Moderators nannte Trump Chutkan „die böseste Person“, sein Gegenspieler Smith erklärte er zu einem „kranken Hündchen“.

„Welcher Richter würde sagen: ‚Wir veröffentlichen etwas ein paar Tage vorher (vor der Wahl, d. Red.)‘“, echauffierte sich Trump: „Sie werden etwas veröffentlichen und zwar immer vor der Wahl. Sie wollen es vor der Wahl tun, also ist es Wahlbeeinflussung.“

Für ihn sei dieser Vorgang „nicht glaubhaft“. Trump nutzt die neueste Entscheidung also, um sich einmal mehr als Opfer der Justiz aufzuspielen. Dabei entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass er dem Gericht genau das vorwirft, weshalb in diesem Fall gegen ihn ermittelt wird – während er in einem ähnlichen Fall lediglich als Mitverschwörer gilt. (mg)

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