Britischer Ex-Außenminister warnt Israel vor Rafah-Offensive: Wäre „tödlicher Fehler“
William Hague sieht Rafah als „Falle der Hamas“. Betroffene Zivilisten würden durch einen israelischen Angriff radikalisiert. Das verenge den Spielraum für Friedensverhandlungen.
London/Tel Aviv – Großbritanniens ehemaliger Außenminister William Hague warnte Israel vor einer Offensive auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens. Das „Schicksal“ des Nahen und Mittleren Osten könnte in Grenzstadt zu Ägypten entschieden werden, schrieb er in einem Gastbeitrag für die Londoner Zeitung Times. Sowohl aus humanitären als auch aus strategischen Gründen, so der Ex-Diplomat, wäre die geplante israelische Militäroffensive auf Rafah ein „tödlicher Fehler“.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu befahl den Streitkräften des Landes, eine Offensive auf die Rafah vorzubereiten. Nach seinen Angaben sollen sich dort die letzten vier Kampf-Bataillone der islamistischen Terrororganisation Hamas befinden. Israels ultrarechte Regierung kündigte nach den Gräueltaten, die die Hamas am 7. Oktober in südisraelischen Gemeinden verübte, an, die Terrorgruppe zu „zerschlagen“.
Joe Biden fordert von Netanjahu „glaubwürdigen Plan“ für palästinensische Zivilisten in Rafah
In Rafah halten suchten während des inzwischen vier Monate dauernden Krieges bis zu 1,4 Millionen Menschen Schutz vor den schweren Häuserkämpfen und den israelischen Bombardements, schätzte die linksliberale israelische Tageszeitung Haaretz. US-Präsident Joe Biden verlangte von Netanjahu einen „glaubwürdigen, umsetzbaren Plan“ zum Schutze der Zivilbevölkerung. Israel erwägt derzeit, laut Wall Street Journal, eine Umsiedlung der Geflohenen in Zeltstädte in anderen Teilen des Gazastreifens. Diese solle dann Ägypten verwalten. Parallel werde in Ägypten laut Times of Israel über eine sechswöchige Waffenruhe verhandelt. Beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag verteidigt sich Israel gerade gegen Vorwürfe, im Gaza-Krieg gegen die Völkermord-Konvention zu verstoßen.
Britischer Ex-Außenminister „Abschreckungs“-Logik funktioniert nicht, weil Hamas Zivilpersonen egal sind
Die Logik hinter Israels massiven Angriffen auf die Hamas im Gazastreifen erklärt, der konservative Ex-Außenminister Hague, als „Abschreckung“. Das sei grundsätzlich auch nachvollziehbar. Nur habe sie einen Fehler. Angriffe durch militärische Macht und Demonstrationen derselben abzuschrecken, funktioniere nur gegen Staaten und ihre Armeen. Habe man es aber mit „bewaffneten Gruppen“ zu tun, die sich „nicht um die Zivilbevölkerung scheren“, so scheitere diese Logik nicht nur. Sie sei auch ein probates Mittel, alles noch schlimmer zu machen.

Rafah könnte „Falle der Hamas“ sein – Zukunft des Nahen Ostens steht auf dem Spiel
Hague wies auf die zehntausenden Waisenkinder hin, die der Krieg zwischen Israel und der Hamas bereits hinterlassen habe. Gebe es für sie „keine Hoffnung auf Frieden“ so würden sie, eines Tages „noch größerer Hamas-Bataillone bilden“, so Hague. Ähnliches habe Israel seiner Ansicht nach bereits einmal erlebt. Als sich das israelische Militär im Jahr 2000 aus dem Libanon zurückgezogen habe, und die Hisbollah nach 14 Jahren des Guerilla-Krieges wieder erholte, sei sie stärker geworden „als je zuvor“.
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Greife Israel Rafah nun an, drohe die „Falle der Hamas“ zuzuschnappen. Deren Ziel sei es, so Hague, im Einklang mit der Gründungscharta der Hamas, etwaige Verhandlungen über eine Zwei-Staaten-Lösung zu verhindern. Das sei der „einzige Weg“ zu dauerhaften Frieden, schrieb er in Bezug auf seinen Ex-Chef und heutigen Außenminister David Cameron. Israel dürfe den Spielraum für diesen Pfad nicht „verengen“ in dem es Rafah angreife und dabei auch die Zivilbevölkerung leiden lasse. Die langfristige Perspektive des Nahen und Mittleren Ostens stehe auf dem Spiel. (kb)