Hangabrutsch bei Marzling: Am Hochufer droht Lebensgefahr

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Gefährliche Situation: Am Hangenhamer Hochufer rutscht immer wieder Boden ab. Jetzt reagiert die Gemeinde Marzling. © privat

Das Hangenhamer Hochufer bröckelt. In jüngster Zeit kam es zu mindestens sechs gefährlichen Hangabrutschen. Um zu verhindern, dass es zu einer Tragödie kommt, gibt es jetzt erste Konsequenzen.  

Marzling – Das Hangenhamer Hochufer mit einem traumhaften Ausblick bis in die Alpen ist ein äußerst beliebter Ausflugsort und Hotspot für Wanderer und Radlfahrer gleichermaßen. Das Problem: Der Hang wird aufgrund des Klimawandels und Starkregenereignissen zunehmend instabil, Massen von Erdreich rutschen immer wieder mal ab. In jüngster Zeit zählte der Marzlinger Bürgermeister Martin Ernst (CSU/FW) sechs Hangabrutsche, darunter sogar auch einer in der Nähe des Naturfreundehauses. Der Rathauschef sieht durchaus Lebensgefahr für Personen in dem Bereich des Wanderweges, doch das ist nicht das einzige Großproblem.

Dort, wo es zu den Hangabrutschen kam, verlaufen zudem Wasser- und Kanalleitungen für Hangenham. Heißt: Weitere Erdbewegungen könnten die Wasserversorgung des Gemeindeteils schwer beschädigen und die dortigen Haushalte von wichtiger Infrastruktur abschneiden. Für die Gemeinde stellen sich nun jene zentrale Fragen: Wer ist überhaupt für die Hangabsicherung verantwortlich – und wer haftet bei Unfällen? Bei der jüngsten Gemeinderatsitzung kam dieses Thema jetzt auf den Tisch, bei dem es auf gut bayerisch „pressiert“. Der Grund: Bereits ein Gutachten von 2013 drängte auf Lösungen.

Alle Eigentümer sollen an einen Tisch

„Wir müssen jetzt was machen“, betonte Martin Ernst und schlug vor, einen rechtlichen Beistand mit ins Gemeinde-Boot zu holen. Es gehe nämlich auch um eine juristische Absicherung bezüglich der Verantwortung, wer in welchem Maße für die Hangabsicherung zuständig sei. Fünf Eigentümer, darunter die Gemeinde selbst, teilen sich das Hochufer. Ziel sei es, so Sabine Pastwinski vom Bauamt, alle Eigentümer an einen Tisch zu holen und dort auch über eine mögliche Kostenteilung in punkto notwendigen Hang-Gutachten zu sprechen. Weil auf keinen Fall Fehler gemacht werden dürften, sei die Anwesenheit eines Anwaltes unabdingbar.

vlnr. BGM Martin Ernst, 2te BMG Roswitha Apold und Naturfreunde-Chef Werner Habermeyer bei der Nachbesprechung Gemeinderat
Betroffen: (v. l.) Rathauschef Martin Ernst, 2. Bürgermeister Roswitha Apold und Werner Habermeyer (Naturfreunde). © Lorenz

Klar ist für den Bürgermeister: Verantwortlich für die Hangsicherung sind die Eigentümer, jeder für sein eigenes Areal. Wie teuer das werden könnte, sei völlig unklar, ebenso wie hoch die Kosten für ein Gutachten ausfallen. Hier gab es allerdings eine Schätzung von Pastwinski, das für Staunen im Gremium sorgte: „Das könnte schon um die 15 000 Euro kosten, wenn nicht mehr“. Völlig außer Frage stehe jedoch, dass der Wanderweg, der allerdings zeitweise auch von Lkw und Landwirten befahren wird, zwischen Rudlfing und Hangenham weiterhin gesperrt bleiben müsse, weil hier bei Unfällen die Gemeinde hafte. Ein großes Problem: Die Straßensperrung wird wohl regelmäßig ignoriert.

„Warum pflanzen wir keine Bäume am Hang?“ wollte Georg Ball (PB) wissen, denn das würde den Hang einigermaßen stabilisieren. Der Bürgermeister aber winkte ab: „Das geht nicht mehr, da ist keine Erde mehr, sondern nur noch harter Sand“. Nach extremen trockenen Phasen habe der Starkregen die Humusschicht abgespült, die dortigen Bäume seien zudem dem Klimawandel zum Opfer gefallen. Ernst erwägt sogar, das gemeindliche Grundstück am Hang dem Freistaat zu verkaufen. Seine Beobachtung: „Da sind mal Eichen gestanden, die sind jetzt weg“.

Wie genau der Hang jetzt noch gesichert werden kann, ist bis dato unklar. Um zu verhindern, dass es zu einer Tragödie kommt, bleibt der Wanderweg von Rudlfing nach Hangenham deshalb bis auf weiteres ausnahmslos gesperrt.  

Betroffen von der Situation sind auch die Naturfreunde, deren Naturfreundehaus sich auf dem Hochufer befindet. „Auch wir Naturfreunde leiden unter den Hangabgängen“, sagte Werner Habermeyer, Vorstand der Naturfreunde Freising, auf FT-Nachfrage. „Derzeit sind unser großes Materiallager und der Holzschuppen aus Sicherheitsgründen nicht mehr nutzbar. Es besteht Absturzgefahr und der Zutritt ist sicherheitshalber für alle gesperrt.“ Zum Glück sei das Haus davon noch nicht betroffen.

Naturfreunde sehen doppeltes Problem

Dennoch sieht Habermeyer gleich ein doppeltes Problem: „Zum einen sind wir im FFH-Gebiet, und Baugenehmigungen sind hier untersagt. Und wenn nicht, dann erfolgen viele Auflagen. Zum anderen fehlt uns jetzt durch den Abrutsch aber auch der Platz für einen passenden Ersatzbau in gleicher Größe.“ Die finanzielle Belastung für den Verein sei für ihn derzeit auch nicht abzuschätzen. „Ich gehe aber davon aus, dass wir das nicht stemmen können. Falls behördliche Auflagen kommen sollten, denen wir nachkommen müssten, wird der geplante Tausch unserer alten Heizungsanlage so nicht mehr realisierbar sein.“

Seine inständige Hoffung: dass sich vielleicht ein Student oder ein Doktorand angesprochen fühlt und Interesse an einer Abhandlung zum Thema „Hangsicherung in Zeiten des Klimawandels, am Beispiel der Isar Hangkante“ zeigt. Habermeyers Angebot: „Wir Naturfreunde würden auf alle Fälle die Unterkunft an der Hütte dazu kostenlos zur Verfügung stellen.“

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