Stadträtinnen diskutieren mit Geschlechtsgenossinnen - und äußern sich zur Frauenquote
Die acht Wolfratshauser Stadträtinnen hatten Geschlechtsgenossinnen zu einer Diskussionsrunde eingeladen. Der Tenor: Eine Frauenquote ist der falsche Weg.
Wolfratshausen – Handeln Frauen lösungsorientierter und pragmatischer als Männer? Und warum entspricht die weibliche Besetzung in politischen Gremien bei Weitem nicht ihrem Bevölkerungsanteil, der bei 51 Prozent liegt? Diese und andere Fragen stellten die acht Wolfratshauser Stadträtinnen Gerlinde Berchtold, Claudia Drexl-Weile, Annette Heinloth, Dr. Ulrike Krischke, Jenny Layton, Ingrid Schnaller, Assunta Tammelleo und Renate Tilke am Sonntagvormittag in der Wirtschaft Flößerei zur Diskussion.
In einer kurzen Vorstellungsrunde beschrieben die Mandatsträgerinnen zunächst ihre unterschiedlichen Motivationen, ein Stadtratsamt zu übernehmen. „Ich habe irgendwann bemerkt, dass mir bestimmte Dinge in Wolfratshausen nicht gefallen, und bin zunächst zu Stammtischen der Bürgervereinigung gegangen“, berichtete Dr. Ulrike Krischke. Ehe sich die Mutter von zwei Kindern versah, landete sie auf der Stadtratswahlliste und wurde prompt gewählt. Bei Ingrid Schnaller und Claudia Drexl-Weile war es der prägende Einfluss der Eltern, der sie zum politischen Engagement bewegte. Andere Stadtratskolleginnen übernahmen früh Verantwortung in Vereinen, Kindergärten oder Schulen. „Politisches Engagement beginnt nicht im Stadtrat, sondern in der Öffentlichkeit: Wenn dieser Schritt gegangen ist, kann der nächste folgen“, betonte Krischke.
Es ist egal, ob Männlein oder Weiblein, wenn das Engagement stimmt.“
Woran liegt es dann aber, dass Bürgerinnen oft sogar lieber Männer als Frauen in den Stadtrat wählen? „Männer sind oft bekannter“, mutmaßte Lili Doktor. Die Unternehmensberaterin Silke Kraus wünscht sich deshalb, dass Frauen ihr Profil schärfen und sich öfters in der Öffentlichkeit zeigen. Den häufig erhobenen Vorwand, dass sie sich erster Linie um Kinder und Haushalt kümmern wollen, ließ sie ebenso wie andere Diskussionsteilnehmerinnen nicht gelten.
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Dennoch stellte Eva-Maria Rühling – Vorsitzende des Nachbarschaftshilfevereins Bürger für Bürger – fest, dass sich viele Frauen nur punktuell bei einzelnen Projekten statt langfristig engagieren wollen. Kerstin Arndt kann das bestätigen: „Ich sehe mich eher als Sprinterin und nicht als Dauerläuferin“, räumte sie ein. Krischke versuchte, diese Bedenken mit einer weiteren sportlichen Metapher zu zerstreuen. Sie verglich die Stadtratsaktivität mit einem Staffellauf, bei dem Frauen auch mal Entscheidungen einfach nur mittragen können und nicht immer 100 Prozent volle Kraft vorausgehen müssen. Auch Expertenwissen, zum Beispiel in Bauangelegenheiten, sei nicht zwingend erforderlich. Die Königsdorfer CSU-Gemeinderätin Luise Seemayer sieht das ähnlich. „Ich habe in meinem Beruf als Architektin schon viele Bauanträge begleitet und festgestellt, dass es da auch bei Männern Unwissenheit gibt“, versicherte sie.
Dritte Bürgermeisterin spricht von ständiger „Horizonterweiterung und Fortbildung“
Dritte Bürgermeisterin Annette Heinloth sieht ihre Tätigkeitsieht ihre Tätigkeit deshalb auch als ständige „Horizonterweiterung und Fortbildung“, zumal sie ebenso wie Familienreferentin Gerlinde Berchtold außerhalb der Stadtratssitzungen viele Jahresversammlungen von Vereinen und politische Diskussionsabende besucht. Oft geben ihnen die Bürger dabei Hausaufgaben auf, indem sie sich beispielsweise über die Finanzierbarkeit von Bauprojekten erkundigen.
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Am Ende des Gedankenaustauschs waren sich alle einig, dass mehr weibliche Beteiligung der Politik zwar guttun würde. Die Festlegung von Frauenquoten zur Erreichung der Parität in den Parlamenten wäre aber der falsche Weg. „Es ist egal, ob Männlein oder Weiblein, wenn das Engagement stimmt“, befand Eva-Maria Rühling. Die Stadträtinnen wollen nun erst einmal eine WhatsApp-Gruppe gründen und je nach Beteiligung zu weiteren Treffs einladen. (ph)