Winterquartier mit Vollpension: So kommt Rotwild durch die kalte Jahreszeit

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Drei bis fünf Kilo Heu und Grassilage frisst jedes Tier pro Tag. © Arndt Pröhl

In den kalten Monaten zieht das Rotwild aus den Bergen Richtung Tal. Rund 100 Tiere leben im Wintergatter des Tölzer Forstbetriebs. Dort sorgt Revierjagdmeister Hubert Reiser dafür, dass alle satt werden.

Vorderriß – Die Schaufütterungen in Vorderriß sind beliebt. Bei welcher anderen Gelegenheit kann man Rotwild so nah kommen und ihm bei der Nahrungsaufnahme zuschauen? Doch auch jenseits der öffentlichen Termine kümmert sich der Tölzer Forstbetrieb der Bayerischen Staatsforsten darum, dass es den etwa 100 Tieren im Wintergatter gut geht. Ein Besuch mit Forstbetriebschef Robert Krebs bei Revierjagdmeister Hubert Reiser.

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Rund um den Stadl stehen zahlreiche Futtertische, damit wirklich jedes Tier ein Plätzchen findet.
Rund um den Stadl stehen zahlreiche Futtertische, damit wirklich jedes Tier ein Plätzchen findet. © Arndt Pröhl

An den Futtertischen findet jeder ein Plätzchen

Rund um den Schuppen, in dem Heu und Grassilage lagern, stehen alle paar Meter Holztröge, die mit Futter gefüllt sind. „Es sind so viele, damit wirklich alle zum Zug kommen“ – vom noch kein Jahr alten Kalb bis zum zwölfjährigen, prächtigen Hirsch, sagt Krebs. Denn bei den Hirschen und dem weiblichen Wild gibt es eine klare Rangordnung. Die vielen Futtertische sorgen auch dafür, dass die Tiere nicht dicht an dicht stehen. Das soll die Ausbreitung von Krankheiten oder die Übertragung von Parasiten verhindern. Deshalb sei es auch wichtig, das Gelände sauber zu halten, sagt Reiser. Möglichst nichts soll zwischen den Futterstellen liegenbleiben.

Routine ist fürs Rotwild wichtig

16 Rotwildfütterungen unterhält der Forstbetrieb. Etwa 1000 Tiere werden so in den Wintermonaten versorgt. In Vorderriß liefert Reiser für die Gäste im Wintergatter zweimal am Tag Futter – in der Früh und am Nachmittag. Drei bis zehn Kilo benötigt jedes Tier pro Tag. Routine ist dabei wichtig. „Es füttert immer die gleiche Person das gleiche Futter um die gleiche Uhrzeit“, sagt Krebs. Dabei achtet der Forstbetrieb auf artgerechtes Futter, das für die Wiederkäuer geeignet ist. Das ist essenziell, denn Rotwild fährt in den Wintermonaten den Stoffwechsel herunter. Der Wiederkäuvorgang halte den Körper warm, sagt Reiser.

Straßen kappten die ursprünglichen Wanderrouten

Warum aber muss überhaupt gefüttert werden? Kommen die Tiere nicht alleine zurecht? Im nordalpinen Bereich zeige das Rotwild ein ausgeprägtes Wanderverhalten, sagt Krebs. Früher, wenn die Sommerlebensräume in den höheren Lagen im Schnee versanken, traten die Tiere den Weg ins Tal an und suchten sich ihre Winterquartiere in den Isarauen und den Mooren. Dann aber baute der Mensch immer mehr Straßen, erschloss viele Bereiche für die Freizeitnutzung und kappte so die jahrhundertealten Wanderrouten der Tiere. Krebs: „Rotwild muss so zwangsweise in den Sommerlebensräumen überwintern.“

Zweimal am Tag befüllen Revierjagdmeister Hubert Reiser (li.) und sein Auszubildender Jörrit Petersen die Futtertische im Wintergatter.
Zweimal am Tag befüllen Revierjagdmeister Hubert Reiser (li.) und sein Auszubildender Jörrit Petersen die Futtertische im Wintergatter. © Arndt Pröhl

Wird nicht gefüttert, drohen Schäden am Wald

Natürlich gibt es Winter, die weniger hart sind. Bei der derzeitigen Schneelage würde das Rotwild vielleicht auch noch in der freien Natur genug Futter finden. Dabei könnte es aber große Schäden am Wald anrichten, sagt Krebs. Auch deshalb sei das Füttern wichtig. Und Hirsche sind nun einmal Gewohnheitstiere. „Es wurden neue Wandertraditionen zu den bekannten Futterstandorten geschaffen“, sagt Krebs. Ins Wintergatter nach Vorderriß kommen die Tiere, sobald die Tage kürzer werden, von ganz allein. Der Zaun, erklärt Reiser, sei übrigens in erster Linie nicht dafür da, das Rotwild drinnen zu halten. Es geht darum, den Menschen draußen zu halten und für möglichst wenig Störungen zu sorgen. Deshalb redet der Revierjagdmeister vor Silvester auch immer mit den Anwohnern in der Nähe. Explodieren Böller oder Raketen über dem Wintergatter, „sind die Tiere zwei, drei Tage weg oder es besteht die Gefahr, dass eines in den Zaun springt“, sagt Reiser. Rund um die anderen Fütterungsstellen in der freien Natur, um die sich die Berufsjäger und Jagdpächter kümmern, wurden Wildschutzgebiete mit Betretungsverboten ausgewiesen.

Schaufütterungen

Bis 7. März gibt es mittwochs und freitags Schaufütterungen in Vorderriß. Treffpunkt ist um 15.30 Uhr der Parkplatz in Vorderriß etwa 700 Meter hinter dem Gasthof Post. Am Absperrband wird die Gruppe vom Jäger abgeholt und zum Schaustadl gebracht. Wer später kommt, kann nicht an der Fütterung teilnehmen. Hunde sind verboten.

Maissilage ist wie Schokolade

An die Schaufütterungen haben sich die Tiere vermutlich mittlerweile gewöhnt. Aber auch dabei wird auf möglichst wenig Störungen geachtet. Die Zuschauer werden in einer geschlossenen Gruppe vom Parkplatz zum Beobachtungsstadl begleitet. Der befindet sich zudem in einiger Entfernung von den Futterplätzen. Damit sich die Tiere wirklich zeigen, wendet Reiser einen süßen Trick an. Mittwochs und freitags gibt es ein bisschen Maissilage. „Das ist für die wie Schokolade für uns“, sagt Reiser.

Bis zum Ende der Faschingsferien im März werden in Vorderriß noch Schaufütterungen angeboten. Danach werfen die Hirsche ihr Geweih ab, seien also vielleicht etwas weniger ansehnlich, sagt Reiser schmunzelnd. Das könnte den einen oder anderen Zuschauer enttäuschen. Bis Mai wird daher ohne Publikum weitergefüttert. Dann ziehen die Tiere wieder in die höher gelegenen Regionen, bevor es im Spätherbst zurück ins Winterquartier mit Vollpension geht.

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