Der Mann, der Freddie Mercurys Münchner Wohnung verbriefe

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Miesbach
  4. Schliersee

Kommentare

Wolf-Dieter Kirchner wurde 81 Jahre alt. © privat

Er war mit 28 Jahren der jüngste Notar Bayerns, hatte in seiner Laufbahn mit vielen Prominenten zu tun. Jetzt ist Wolf-Dieter Kirchner, der 14 Jahre auch das Notariat in Miesbach hatte, mit 81 Jahren verstorben.

Schliersee – Er war mit 28 Jahren der jüngste Notar Bayerns, hatte in seiner Laufbahn mit Prominenten wie Franz Beckenbauer, Alfons Doblinger und sogar Freddie Mercury zu tun. Als Jurist höchst erfolgreich und beruflich eine Respektsperson, blieb er privat immer der bodenständige Franke, der einen geselligen Abend mit guten Freunden bei Bier und Bratwürsten gesellschaftlichen Verpflichtungen vorzog. Jetzt ist Wolf-Dieter Kirchner aus Schliersee nach langer Krankheit gestorben. Er wurde 81 Jahre alt.

1972 Notariat in Rehau übernommen

Die Mutter war Hausfrau, der Vater Prokurist beim Hersteller des bekannten Kräuterlikörs Sechsämtertropfen. Geboren in Marktredwitz und aufgewachsen in Wunsiedel, studierte Wolf-Dieter Kirchner Jura in Berlin und Erlangen. 1968 promovierte er über die „Rechtsstellung des Doppelerfinders“. Mit gerade mal 28 Jahren wurde er 1972 Notar – als jüngster Jurist überhaupt. „Er war hochintelligent und hat Zusammenhänge blitzschnell erfasst“, erzählt seine Frau Brigitte Wensauer (64). „Eigentlich wollte er in Genf studieren, aber das für die Familie finanziell nicht machbar. Wer weiß, wo er sonst gelandet wäre.“

In München viele bekannte Mandanten

So kam Kirchner über Rehau und Coburg 1984 nach München, wo er bis 2000 zunächst am Amiraplatz und später auch in der Theatinerstraße als Notar tätig war. Keiner beurkundete in dieser Zeit mehr Fälle als Kirchner, zu seinen Mandanten gehörten die Doblinger Unternehmensgruppe („Neue Heimat“), der Automobilzulieferer Brose, dessen Beirat er auch angehörte, und bekannte Persönlichkeiten aus Sport und Gesellschaft. Eines Tages stand Freddie Mercury in seinem Büro. Der Queen-Frontmann wollte zusammen mit Barbara Valentin seine Münchner Wohnung bei ihm verbriefen.

Tennisclub und Rotary Club gegründet

Viele Mandanten blieben an Bord, als Kirchner zum Jahrtausendwechsel zusammen mit seinem Kollegen Karl Gerstner das Notariat in Miesbach übernahm. Zu dieser Zeit lebte er schon lange in Schliersee, er kannte die Gegend durch die Urlaube mit seinen Eltern. Hier engagierte er sich auch in seiner Freizeit. Kirchner gründete 1986 den Tennisclub Neuhaus am Hachelbach und im selben Jahr zusammen mit Gleichgesinnten den Rotary Club Schliersee, dem er auch als Gründungspräsident vorstand. Sein Hauptaugenmerk galt hier Projekten zur Verbesserung der Lebenssituation von Hilfsbedürftigen, die er mit großzügigen Spenden auch selbst unterstützte. Kirchner war vielseitig interessiert und immer vorne mit dabei. Ob als Musiker, Sportler, Autonarr – oder jemand, der leidenschaftlich gerne über Politik und Geschichte sprach und diskutierte. Vor allem aber war er mit Leib und Seele Notar.

Nach Schlaganfall an Rollstuhl gefesselt

Als er die Tätigkeit 2014 mit 70 Jahren altersbedingt aufgeben musste, ging er auch räumlich auf Abstand und siedelte für fünf Jahre nach Spanien über. „Es war immer sein Traum“, erzählt Brigitte Wensauer. Kurz nach seiner Rückkehr im Jahr 2019 ereilten den Vater von fünf Kindern, der in dritter Ehe verheiratet war, zunächst mehrere leichte und dann ein schwerer Schlaganfall. Kirchner war fortan an den Rollstuhl gefesselt – geistig zwar hellwach, aber nur noch eingeschränkt kommunikationsfähig. Das Paar nahm das Schicksal entschlossen an. Seine Frau organisierte Reisen nach Franken, Südtirol oder ins Allgäu, pflegte weiterhin Freundschaften und nahm mit ihm an rotarischen Treffen teil. „Er hat das alles sehr genossen“, sagt sie.

Im Wasser des Schliersee getauft

Seine letzte Ruhe hat Wolf-Dieter Kirchner auf dem Schlierseer Friedhof gefunden. Die Trauerfeier am vergangenen Samstag fand nicht etwa in der Pfarrkirche, sondern nur wenige Meter entfernt im Garten seines Hauses am Seeufer statt. Dort, wo er als Mitglied der Freikirche vor vier Jahren noch getauft worden war. Mit einem Tragetuch hatten sie ihn damals ins Wasser gehoben. Es war noch mal eine Wegmarke, eine der letzten Stationen eines intensiven und bewegten Lebens.

Auch interessant

Kommentare