„Russen haben Angst“: Bradley-Schützenpanzer schaltet Stellung russischer Soldaten aus

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Ob im Verbund oder im Alleingang: Der Bradley-Schützenpanzer ist einer der gefährlichsten Gegner für Putins Armee. Ihm ist wohl der nächste Coup gelungen.

Donezk – Nicht alle Schützenpanzer- und Panzerbesatzungen waren bereit, sich einem Bradley zu stellen, da dieser eine ernsthafte Bedrohung für sie darstellte“, schrieb das Magazin Militarnyi im Januar dieses Jahres – seit zwei Jahren verstärkt der amerikanische Schützenpanzer im Ukraine-Krieg die Verteidigung gegen die Invasionstruppen Wladimir Putins. Jetzt soll dem „amerikanischen Cowboy“, wie ihn Militarnyi nennt, wieder ein bemerkenswerter Coup gelungen sein.

Ein auf einer Landstraße fahrender Bradley hat wohl allein den Feuerkampf gegen eine mutmaßlich russische Stellung im Verwaltungsbezirk Donzek geführt und die Stellung ausgeschaltet, wie Newsweek berichtet. Das Magazin stützt sich auf ein Video des ukrainischen Verteidigungsministeriums auf X, erklärt aber gleichermaßen, dass die Verifizierung fehle: „Das Filmmaterial zeigt, wie der M2 Bradley während der andauernden Invasion der Ukraine schnell Schüsse auf russische Truppen abfeuert. Während des Bodenangriffs sind graue Rauchschwaden zu sehen, die aus der russischen Stellung aufsteigen.“

Allerdings wäre das nicht das erste Gefecht, das der amerikanische Schützenpanzer während des Ukraine-Krieges für sich entscheidet. Äußerst bemerkenswert; denn eigentlich hat er andere Aufgaben, als sich im Kampf zu beweisen. Schützenpanzer sind in erster Linie für den sicheren Transport von Soldaten und nicht als Kampfpanzer gedacht. Jedoch werden diese auch an der Front verwendet. Schützenpanzer befördern Soldaten direkt mitten in das Kriegsgeschehen und unterstützen die Infanterie dann im Einsatz.

„Das in den USA hergestellte Infanterie-Kampffahrzeug M-2 Bradley ist kein Panzer. Es ist ein Kampftaxi für die Infanterie.“

Die Kanone des Schützenpanzers ist kleiner als die des Kampfpanzers; allein deshalb ist ein Schützenpanzer einem feindlichen Kampfpanzer an Feuerkraft, Panzerung und Reichweite unterlegen und im Prinzip leichter zu zerstören; oder wie das Magazin Forbes schreibt: „Das in den USA hergestellte Infanterie-Kampffahrzeug M2 Bradley ist kein Panzer. Es ist ein Kampftaxi für die Infanterie.“

US-Schützenpanzer: Bradley-Nachfolger wird auf den Krieg der Nato gegen Russland getrimmt

Allerdings hat das Fahrzeug seinen Zenit tatsächlich überschritten. Bereits vor dem Ukraine-Krieg hatte das US-Militär beschlossen, den Schützenpanzer aus der Ära des Präsidenten Ronald Reagan zu ersetzen. Demgegenüber hatte der Business Insider noch im Mai berichtet, dass die USA eine neue, modernisierte Version des Bradley aufgelegt habe – „die modernste und überlebensfähigste Version“ dieses Panzerfahrzeugs, wie das Militär laut dem BI angegeben hatte. Wie das Pentagon im April aufgelistet hat, sind 200 Bradleys Teil der Ukraine-Hilfe – die Washington Post sprach im Juni dann von insgesamt 300 Stück. Diese älteren Modelle sollen in den US-Streitkräften von der neuen Version M2A4E1 ersetzt werden.

Die Modernisierung besteht im Wesentlichen durch das in Israel produzierte Hard-Kill-System „Iron Fist“ – das besteht aus Abfangmunition, die anfliegende Panzerabwehr-Geschosse vor dem Aufprall zerstört. Der Bradley-Erbe der US-Armee soll ein optional zu bemannendes Fahrzeug (Optionally Manned Fighting Vehicle – OMFV) sein. Das Programm läuft seit 2020 und sollte ursprünglich 2028 abgeschlossen werden, allerdings konnte sich anfangs kein Anbieter für die Vorgaben der US-Regierung finden. Inzwischen ist die Wahl auf Rheinmetall gefallen.

Ein MS Bradley in Pabrade / Litauen im abendlichen Gegenlicht.
Transporter der Vergangenheit und der Zukunft: Der M2 Bradley Fighting Vehicle wird für die US-Streitkräfte neu aufgelegt und beweist aktuell in der Ukraine seine Kriegstüchtigkeit. (Archivfoto) © IMAGO / Karolis Kavoleli

Unter der Bezeichnung XM30 entwickelt das Unternehmen ein „Kampffahrzeug für die Mechanisierte Infanterie“ mit „höchstem Schutz, überlegener Feuerkraft und herausragender Mobilität“, wie Rheinmetall schreibt. Das Fahrzeug solle im Verbund mit anderen Einheiten oder unabhängig davon in einem vernetzten, sich schnell verändernden, komplexen und gefahr­vollem Einsatzumfeld operieren können, „wie es kein anderer Schützenpanzer zuvor vermochte“, so die Pressemitteilung des Unternehmens.

Bradley in der Ukraine: Die Lebensversicherung des Infanteristen

Im Gegensatz zu den M1A1 Kampfpanzern, die die Ukraine ebenfalls von den USA bekommen hat, sind die gelieferten Bradleys eine relativ aktuelle Version. Die M2A2 Bradley wurden von 1988 an produziert. Die in die Ukraine gelieferten M2A2 ODS Bradley sind von 1995 an aufgerüstet worden mit Wissen aus dem Zweiten Golfkrieg. Zu den Upgrades gehören ein elektronisches Freund-Feind-Erkennungssystem, GPS und ein verbessertes Sicht- und Zielsystem.

Die idealtypische Rolle des Bradley beschreibt das militärhistorische Magazin Armchair General – falsch eingesetzt sind sie, wenn sie „wie kleine Panzer kämpfen“. Sie sollen Infanteristen Mobilität verleihen, zusätzliche Feuerkraft und Schutz, damit die sich abgesessen dem Feind nähern können, wie Armchair General schreibt: „Die Infanterieeinheiten steigen ab und nehmen Ziele ein; Panzer und Bradleys unterstützen.“ Sobald die Infanterie in Position für einen Angriff sei, eröffnen die Bradley das Sperrfeuer, damit die abgesessene Truppe ungehemmt operieren kann. Mit ihren Anti-Panzer-Raketen und der Maschinenkanone wirken die Bradleys gegen feindliche Truppen und leicht bis mittelschwer gepanzerte Fahrzeuge.

Bradleys gegen Putins Truppen: Der Mangel zwingt zu einem ganz neuen Einsatzzweck

Wie so viele Fahrzeuge im Ukraine-Krieg kämpfen auch die Bradleys anders, als das die Konstrukteure und Taktiker westlicher Waffen vorgesehen hatten. Auch das neueste Video, in dem ein Bradley ohne infanteristische Unterstützung oder Begleitung schwerer Panzer gegen den Feind rollt, widerspricht der ursprünglichen Doktrin. US-Militärs waren üblicherweise davon ausgegangen, „dass Bradleys in Gruppen und neben anderen Fahrzeugen wie Panzern operieren und Ziele normalerweise aus großer Entfernung angreifen, um feindlichem Feuer auszuweichen“, wie die Washington Post schreibt. Idealerweise wird solch ein Vormarsch durch Luftunterstützung abgesichert – in der Bundeswehr ist das als das „Gefecht der verbundenen Waffen“ bekannt.

Doch Not macht erfinderisch: Die begrenzte Zahl an Fahrzeugen der jeweiligen Kategorien zwingt die ukrainischen Kommandeure, auf das Gefecht der verbundenen Waffen weitestgehend zu verzichten. Sie setzen die Bradleys mitunter im Tandem oder als Einzelfahrer ein – und für untypische Aufgaben: beispielsweise den Kampf gegen Schützengräben oder wenig befestigte Stellungen. Möglicherweise diene der Bradley insofern auch dazu, Aufgaben für abgesessene Infanteristen gänzlich zu kompensieren.

Der Bradley feuert mit einer M242 Bushmaster-Maschinenkanone, und diese 25mm-Kanone hat eine Standard-Feuerrate von 200 Schuss pro Minute. Ihre effektive Reichweite wird mit 2.000 Metern angegeben; ihre Standard-Munition ist eher bis zu 70 Millimeter dicken Panzerstahl wirksam, also wirkungslos im frontalen Angriff gegen Kampfpanzer – tödlich allerdings auch gegen gut befestigte Stellungen.

Bradleys und ihr Ruf: Er wirkt auf Putins Soldaten immer noch furchteinflößend

Die US-Armee geht anscheinend davon aus, dass das auch das künftige Aufgabengebiet des Bradley-Erbes in einer Ausseinandersetzung der Russischen Föderation gegen die Nato sein werde, wie das Magazin Breaking Defense über das Projekt OMFV geschrieben hat. Das jetzt von Rheinmetall in Angriff genommene Fahrzeug soll vor allem in der Lage sein, „durch die Störzone des Feindes zu manövrieren und Soldaten unversehrt zu ihrem Abstiegspunkt zu bringen“, schreibt Breaking Defense.

Newsweek hatte im Juni 2023 darüber berichtet, dass selbst nach einem Volltreffer mit einer russischen Grad-Rakete alle Besatzungsmitglieder unversehrt aus ihrem Bradley ausbooten konnten. Allerdings sind laut Angaben der Statistik-Website Oryx ein Viertel bis ein Drittel der eingesetzten ukrainischen Schützenpanzer mehr oder weniger stark beschädigt worden, wie Newsweek berichtet hat. Gerade in den Kämpfen um Awdijiwka sollen die Fahrzeuge erfolg- aber auch verlustreich in der 47. Mechanisierten Brigade der Ukraine gekämpft haben.

Nichtsdestotrotz bleibt der Bradley der Leistungsträger der für 2025 für möglich gehaltenen erneuten Gegenoffensive der Ukraine. Newsweek zitiert einen als „Kach“ anonymisierten Kommandeur der 47. Mechanisierten Brigade des Landes: „Die in Moskaus Panzern und Schützenpanzern zusammengepferchten russischen Soldaten hätten ‚Angst‘, in den Einsatz zu gehen, ‚wenn sie wissen, dass ihnen ein Bradley gegenübersteht‘.“

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