Bradley-Panzer gewinnt Duell: Ukraine-„Kampftaxi“ zerstört mit Putins Superpanzer
Bradley-Schützenpanzer der Ukraine machen kurzen Prozess mit einem russischen T-90-Kampfpanzer – das Gefecht der ungleichen Gegner lässt Kiew hoffen.
Stepowe – Im Duell gegen einen Goliath hat wieder einmal ein David gesiegt; oder wie der focus frohlockt: „Ein Video soll zeigen, wie ein ukrainischer M-2-Bradley Schützenpanzer kurzen Prozess macht mit einem russischen T-90-Panzer – Beiname ,Proryv‘ (Durchbruch)“; zu sehen ist das Drohnen-Video auf X (vormals Twitter) auf dem Kanal des Bloggers „Special Kherson Cat“. Den T-90 feierte Russlands Diktator Wladimir Putin laut dem Military Watch Magazine als „besten Panzer der Welt“ – verloren gegangen ist der Koloss wohl nahe der Ortschaft Stepowe im Süden der Ukraine nahe Cherson.
Im Ukraine-Krieg haben die ukrainischen Verteidiger gegen die Invasionsarmee Wladimir Putins insofern wieder einen Aufsehen erregenden Achtungserfolg erzielt. Russland hat sich damit verletzlich gezeigt. Im aktuell bewegungslosen Krieg zwischen den beiden eingegrabenen Gegnern spielen Panzer aber eine nachgeordnete Rolle, bis wieder Dynamik die Kämpfe beherrscht.
Panzer-Duell im Ukraine-Krieg: Ukraine-Bradley gegen Russlands T90 und der Faktor Mensch
„Wenn eine sehr große Diskrepanz zwischen zwei Kampfpanzern besteht, dann kann das desaströs für die unterlegene Partei enden“, sagt Militärhistoriker Ralf Raths, der Direktor des Deutschen Panzermuseums in Munster. Er erinnert an den Golfkrieg in den 1990er-Jahren und den Einmarsch der Amerikaner in den Irak Anfang des Jahrtausends, im Zuge dessen die westlichen Kampfpanzer die Exportmodelle des russischen T-72 massenhaft ausgeschaltet hatten. Grundsätzlich ist der T-90 lediglich eine Weiterentwicklung des russischen Arbeitstiers T-72 und hat im Kern die gleiche Substanz wie alle T-Modelle.
Der T-90 ist evolutionär, anders als dessen Nachfolger T-14 Armata, der aufgrund seiner kompromisslosen Konzentration auf Technik und Sensorik eher als revolutionär zu bezeichnen ist. Der in der Ukraine aber sparsam eingesetzte Armata hat an den dortigen Fronten wenig bewirken können. Grundsätzlich ist er schon vor seinen Einsätzen anfällig gewesen für technische Probleme.
Für den Panzer-Experten Raths liegt die Besonderheit im Ukraine-Krieg ohnehin im Faktor Mensch. Raths: „Wenn die Panzermodelle grundsätzlich vergleichbar sind, dann zählen vorrangig die Ausbildung der Besatzung, die Führung des Panzerverbandes und die Moral der Soldaten.“ Allerdings ist das Gefecht zwischen einem Bradley und einem T-90 insofern besonders, als der amerikanische Bradley kein Kampfpanzer ist wie der russische T-90, sondern eher Truppen transportiert und somit zumindest in der Bewaffnung einem Kampfpanzer deutlich unterlegen.
Duell der ungleichen Gegner: „Kampftaxi“ Bradley siegt über russischen T-90-Panzer
„Aus dem Ukraine-Krieg kann man lernen, dass sich der Panzer in Form und Funktion mal wieder radikal verändern wird“, sagt Museums-Direktor Raths auf seinem eigenen Youtube-Kanal. Im aktuellen Konflikt ist die moderne Funktion des Panzers als „Duellpanzer“ gefordert, wie Raths erklärt: als Schwerpunktwaffe im Eins-gegen-Eins über mehrere Kilometer, um auch für die Infanterie Lücken in Befestigungen zu reißen. Der Panzer dient dazu, der Infanterie Raum und Bewegungsfreiheit in Sicherheit zu eröffnen. Ein Duell über lediglich wenige Rohrlängen ist eine Ausnahme. Wie im Falle des Bradley gegen den T-90.

Schützenpanzer sind in erster Linie für den sicheren Transport von Soldaten und nicht als Kampfpanzer gedacht. Jedoch werden diese auch an der Front verwendet. Schützenpanzer befördern also Soldaten unbeschadet direkt mitten in das Kriegsgeschehen und unterstützen die Infanterie dann im Einsatz. Die Kanone des Schützenpanzers ist kleiner als die des Kampfpanzers; allein deshalb ist ein Schützenpanzer einem feindlichen Kampfpanzer an Feuerkraft, Panzerung und Reichweite unterlegen und im Prinzip leichter zu zerstören; oder wie das Magazin Forbes schreibt: „Das in den USA hergestellte Infanterie-Kampffahrzeug M-2 Bradley ist kein Panzer. Es ist ein Kampftaxi für die Infanterie.“
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Duell der Panzerfahrer: Bradley-Crew tötet die T-90-Besatzung
Die Drohnen-Aufnahme des aktuellen Duells zeigt, wie der T-90 das Feuer eröffnet und zwei herumfahrende M-2 verfehlt. Danach manövrieren die M-2 den T-90 aus und schießen schneller. Ein M-2 bombardiert den vorbeirasenden Kampfpanzer mit seinen 25-Millimeter-Granaten. Ein zweiter M-2, der in die entgegengesetzte Richtung rollt, übernimmt dort, wo der erste aufgehört hat – und feuert aus nächster Nähe Maschinenkanonengeschosse in den normalerweise besser geschützten Panzer. Die Kommentatoren vermuten, dass das Feuer des Bradley offenbar sowohl den Fahrer als auch den Kommandanten des T-90 getötet hat und das Fahrzeug außer Kontrolle geraten ist. Schlussendlich dreht sich der Turm des T-90 weiter und der Panzer rollt gegen einen Baum.
Bereits rund ein halbes Jahr nach der Invasion Russlands in der Ukraine hat der T-90 für weltweite Schlagzeilen gesorgt: Ein völlig intaktes Exemplar des russischen T-90M-Panzers wurde von ukrainischen Truppen erbeutet, wie das Magazin The Warzone berichtete. Offenbar war das das erste Exemplar von Putins Superpanzer, der westlichen Mächten in die Hände gefallen war. The Warzone beschrieb das als einen unerwarteten Erfolg für die Nato: „Die Beschaffung eines solch fortschrittlichen Panzers ist der jüngste in einer langen Reihe nachrichtendienstlicher Glücksfälle für die Ukrainer und ihre Nato-Verbündeten.“ Offenbar hatte ihn die Besatzung verlassen, nachdem die Kette zerstört worden war.
Russische Doktrin: Verluste an Mensch und Material einfach hinnehmen
Grundsätzlich gehört solches Verhalten zum normalen Verhalten russischer Panzerbesatzungen, die davon ausgehen, dass die eigene Front ohnehin fortschreitet, und eigene Truppen das Fahrzeug auf dem Vormarsch einsammeln würden. Zu den Merkmalen des in der Ukraine verwendeten Modells T-90M gehört ein verbessertes 125-mm-Glattrohr-Hauptgeschütz in einem modernisierten Turm. Ergänzt wird dies durch eine fortschrittliche Lenkwaffen-Einrichtung oben auf dem Turm. The Warzone schätzt, dass zu Beginn der Invasion lediglich rund 100 Exemplare des zweitmodernsten russischen Panzers im Rahmen der Invasion eingesetzt worden waren.
Während sein Nachfolger, der noch unerprobte T-14 Armata, letztendlich darauf abzielt, ein revolutionäres Panzerdesign zu bieten, stellt der T-90M eher einen sehr evolutionären Ansatz dar, der erstmals 2014 eingeführt wurde. Anfang der 1990er-Jahre als Weiterentwicklung des T-72 sowie dessen Nachfolgers, des T-80, aus der Zeit des Kalten Krieges gebaut, wurden die Modelle jeweils dem Stand der Technik angepasst, ohne in einem bestimmten Segment alle gegnerischen Modelle zu überragen.
Der T-90M ist letztendlich lediglich besser geschützt als seine Vorgänger und verfügt über erweiterte Gegenmaßnahmenfähigkeiten. Dazu gehört die eingebaute explosive reaktive Panzerung zum Schutz vor Hohlladungen und zur Minimierung der Auswirkungen von panzerbrechenden Geschossen auf das Gehäuse aus Panzerstahl. Der jetzt verloren gegangene T-90-Panzer tragen bei zur Erhärtung der These, mit der der deutsche Militärökonom Marcus Keupp die Welt seit Monaten erstaunt. Der Dozent der Militärakademie der ETH Zürich hatte prophezeit, Russland hätte bereits im Oktober 2023 den Krieg verloren haben müssen. Keupp nahm zur Grundlage seiner These die mathematischen Berechnungen zu Daten über Russlands geschätzte Panzerbestände, Materialabnutzungsquoten und Produktionskapazitäten – demnach trägt jeder einzelne Verlust an Menschen oder Material dazu bei, das Ende des Krieges, also die Niederlage Wladimir Putins, zu beschleunigen.
Miltärexperte Keupp: Russland hätte schon längst verloren haben müssen
Keupps These, dass Russland im Oktober 2023 den Krieg strategisch verloren haben werde, wurde im März vergangenen Jahres in der Neuen Zürcher Zeitung veröffentlicht und danach kontrovers diskutiert – inzwischen ist der Wissenschaftler von der Wirklichkeit eingeholt worden. Mitte Dezember erneuerte Keupp allerdings seine Prognose gegenüber dem Nachrichtenportal T-Online: Wladimir Putin blieben demnach noch 100 Tage, bevor ihm wirtschaftlich die Luft wegbliebe, behauptet Keupp.
Bereits im November vergangenen Jahres war eine ausgeglichene Gefechtssituation absehbar gewesen – ohne dass sich Vorteile für die eine oder andere Seite erahnen ließen. Der Oberkommandierende des ukrainischen Militärs, General Walerij Saluschnyj, befürchtet deshalb weiterhin einen lange andauernden Abnutzungskrieg gegen Russland, wie Zeit Online schreibt. Keine Kriegspartei habe einen entscheidenden Vorteil gegenüber der anderen erringen können, hatte Saluschnyj auch gegenüber dem britischen Economist geäußert.
Ukraine ist gewiss: In der nächsten Gegenoffensive zählt der menschliche Faktor
„So wie im Ersten Weltkrieg haben wir ein technologisches Niveau erreicht, das uns in eine Pattsituation stellt“, sagte Saluschnyj. Im Osten des Landes baut Kiew derzeit großflächige Verteidigungsanlagen inklusive der Betonbarrikaden, auch „Drachenzähne“ genannt, wie aktuelle Aufnahmen in sozialen Netzwerken zeigen. Auch ein moderner Panzer wird damit in seiner Beweglichkeit eingeschränkt und gegen eine motivierte und trainierte Panzerbesatzung zur leichten Beute.
Laut dem Stern benötigt Russland vor allem die modernen T-90 Panzer als mobile Feuerwehr gegen eine erneute Gegenoffensive der Ukraine. Vor allem die Abschnitte, die für solch eine ukrainische Gegenoffensive interessant sind, werden durch die Verlegung moderner russischer Panzer verstärkt. Raumgreifende Vorstöße von Panzerverbänden werden durch die Sperrriegel ohnehin unwahrscheinlich. Eher tauchen vereinzelte Panzer auf; aufgrund ihrer Vorteile gegenüber alten Sowjet-Panzern dann wohl die Verstärkungen aus dem Westen. Damit könnte doch noch ein Bewegungsgefecht gepanzerter Truppen drohen; und darin blieben die russischen Panzer-Oldies ohne Chance. Nur T-14 Armata und T-90 könnten gegen moderne Westpanzer auf offenem Feld bestehen – wenn deren Besatzungen das zuließen.