Söder kündigt Kehrtwende im öffentlichen Dienst an: Bayern will 5000 Stellen streichen

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Angesichts sinkender Steuereinnahmen plant Bayern eine Kehrtwende im öffentlichen Dienst. Nachdem in den vergangenen Jahren viele Stellen geschaffen wurde, kündigt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Exklusiv-Interview erstmals einen Abbau an.

Die Ausgaben des Freistaats für Personal haben sich zuletzt stark erhöht. Allein die jüngste Tarifrunde könnte den Freistaat mit vier Milliarden Euro pro Jahr belasten. Zugleich sagte die letzte Steuerschätzung für Bayern bis 2025 rückläufige Einnahmen voraus: ein Minus von 0,2 Milliarden Euro in 2024 und von 0,4 Milliarden in 2025. Ab heute tagt in Kloster Banz die neue Landtagsfraktion der CSU. Ministerpräsident Markus Söder stimmt die Abgeordneten vorab auf schwierige Zeiten ein. Im Interview stellt er klar: Bayern wird Beamtenstellen abbauen.

Herr Söder, oft sind Sie mit teuren Versprechungen im Gepäck nach Banz gereist? Ist ihr Koffer diesmal leer?

Söder: Bayern ist stark auch in schweren Zeiten – und wir bereiten unser Land gut auf die Zukunft vor. Wir investieren wie kein anderes Bundesland, aber wir müssen auch darauf achten, dass unsere Finanzen und Rücklagen stabil bleiben. Wir halten auf jeden Fall die Schuldenbremse ein. Daher gilt es, Maß und Balance zu halten.

Also keine tausenden neue Stellen für Schulen oder Polizei?

Söder: Wir achten auch auf neue Stellen. Natürlich kommt der versprochene Aufbau bei Polizei und Lehrern. Das braucht Bayern. Aber in anderen Bereichen der Verwaltung können wir langfristig auch wieder Stellen abbauen. Bis 2035 könnten insgesamt bis zu 5000 Stellen eingespart werden. Dies ergibt sich durch den Abbau von Bürokratie, weniger Gesetze und vor allem den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung. Wir müssen auch der nächsten Generation einen vernünftigen Staatshaushalt ohne Schulden übergeben.

Söder: Bayern „soll noch sicherer und noch innovativer werden“

Wo soll abgebaut werden?

Söder: Unser Land soll noch sicherer und noch innovativer werden. Daher braucht es die angekündigte Stärkung bei Polizei, Justiz und Bildung. Aber in anderen Bereichen der Verwaltung bieten KI und Digitalisierung echte Chancen. Wir wollen deshalb einen Prozess aufsetzen, um die Verwaltung schlanker zu machen. Konkret heißt das: Mehr Service für die Bürger, mehr Tempo, weniger Belastung für Mitarbeiter und weniger Bürokratie.

Werden Sie die Beamten zu Mehrarbeit verdonnern? Oder wagt das kein CSUler je mehr?

Söder: Nein, natürlich nicht. Unsere Zusagen gelten. Die Realität ist ohnehin eine andere. Der Trend geht ja zu immer weniger Arbeit, mehr Teilzeit und Work-Life-Balance. Ob damit unser Wohlstand zu erhalten ist, wage ich zu bezweifeln.

Was heißt das konkret?

Söder: Gerade in der Bildung fehlen uns viele Lehrer, dabei gab es noch nie so viele wie heute. Wie geht das? Weil in den Schulen rund 50 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Teilzeit sind. Natürlich wollen wir ein familienfreundlicher Öffentlicher Dienst bleiben. Aber wir müssen einen Dialogprozess starten, um auf freiwilliger Basis mehr Anreize für weniger Teilzeit zu setzen.

Zum Beispiel?

Söder: Wir könnten überlegen, Familienarbeitszeit auch an das Alter der Kinder zu knüpfen. Es ist schon ein Unterschied, ob ein Kind noch in die Kita geht oder volljährig ist. Man kann diskutieren, ob Beamte gleich zu Beginn in Teilzeit gehen oder nicht doch erst eine gewisse Zeit in Vollzeit arbeiten sollten. Und ob nicht eine Höchstdauer von Teilzeitjahren vertretbar ist. Es gibt auch andere kluge und flexible Ideen. Wir sind da nicht festgelegt.

Das klingt alles weniger nach „Anreize setzen“, eher nach Druck erhöhen.

Söder: Wir setzen immer auf Kooperation statt Konfrontation. Aber wir müssen uns auch der Realität stellen. Der Finanzminister steht gerade vor dem Problem, dass unsere starken Rücklagen jetzt zum Großteil für Tarifsteigerungen ausgegeben werden müssen. Andere Länder machen daher Schulden oder sparen bei Investitionen. Das wollen wir nicht.

Söder verspricht: Bayern würde Erhöhung der Rundfunkgebühren nicht zustimmen

Sie könnten die Beamten auch entlasten, indem Sie die Bürokratie abbauen.

Söder: Das machen wir. Wir werden zehn Prozent der Verwaltungsvorschriften abschaffen, künftige Gesetze nur auf Zeit beschließen, und für ein neues Gesetz müssen zwei alte abgeschafft werden. Und wir planen ein Entrümpelungsgesetz, das ganze Gesetze entrümpelt, Verfahren beschleunigt und endlose Prozesse verkürzt. Vor allem das Ehrenamt soll dabei befreit werden.

Ein Blick auf die Koalition: CSU-Fraktionschef Holetschek nennt Hubert Aiwanger einen „kleinen Problembären“. Ist das aus Ihrer Sicht der passende Tiername?

Söder: Wir haben eine starke Staatsregierung. Dafür müssen aber alle die Arbeit machen, für die sie zuständig sind. Eine Fußballmannschaft, in der alle nur Mittelstürmer spielen wollen, ist am Ende auch nicht erfolgreich.

Sie haben Ihr Kabinett also nicht heimlich umgebildet und Wirtschaftsminister Aiwanger zum Bauernminister gemacht?

Söder: Das hätten Sie mitbekommen. (lacht)

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf dem Podium bei einer Pressekonferenz
Markus Söder bei Pressekonferenz der CSU Landesleitung in München © IMAGO/Revierfoto

In Banz geht es sicher auch nochmals um die Frage der GEZ. Schließen Sie höhere Gebühren definitiv aus?

Söder: Klare Ansage: Bayern wird definitiv keiner Gebührenerhöhung zustimmen. Das passt nicht in die Zeit. Und es gibt auch genügend Einsparmöglichkeiten.

Müssen Spartenkanäle dicht gemacht werden?

Söder: Zum Beispiel.

Söder fordert „echte Migrationswende“

Vor der Klausur haben Sie heute eine Kabinettssitzung zum Thema Migration. Was planen Sie?

Söder: Wir stellen unseren Masterplan für eine echte Migrationswende vor. Kosmetische Maßnahmen reichen nicht aus. Wir brauchen effektiveren Grenzschutz, mehr Rückführungen und einen Abbau des Bürgergelds, um soziale Anreize zu reduzieren. Der bisherige subsidiäre Schutz zum Beispiel bei Syrien sollte wieder in individuelle Verfahren beim BAMF umgewandelt werden. Das heißt: Auch bei Syrern muss geprüft werden, ob eine Rückführung möglich ist.

Was davon kann Bayern selbst tun?

Söder: Was wir tun können, machen wir: Der Grenzschutz wurde gestärkt. Die Bezahlkarte kommt. Die Zahl der Abschiebeplätze wurde erhöht. Nun ist Berlin am Zug.

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