Grüne Sonne-Festival wird zur Schlammschlacht – Trotzdem wurde die Nacht durchgetanzt
Geht über dem Hohen Peißenberg die „Grüne Sonne“ auf, sind blauer Himmel und Temperaturen nahe der 30-Grad-Marke sicher. Darauf konnten Festival-Fans in den letzten Jahren beinahe blind vertrauen. Heuer verwandelte sich das Sommer-Spektakel jedoch in eine wahre Schlammschlacht. Spaß hatten die Partygäste trotzdem.
Wie die Motten das Licht, ziehen die dumpfen Bässe am Samstag Scharen von Feierlaunigen auf den Hohen Peißenberg. Shuttlebus um Shuttlebus hält vor dem Festivalgelände und spuckt dort Menschen aus allen Altersklassen aus. Die Sonne strahlt, nur vereinzelte Wolken verleihen dem Himmel ein weiß-blaues Schachbrettmuster. Noch zeigen sie sich gnädig, die Wettergötter. Die abendliche Prognose sieht nämlich deutlich weniger rosig aus. Hin und wieder blicken selbst die munter über das Gelände tanzenden Festivalbesucher in Richtung Westen. Eine riesige Unwetterfront soll über der Schweiz hängen, und die driftet unaufhaltsam auf den „Bayerischen Rigi“ zu.
Riesige Unwetterfront
„Auf dem Festival ist mir der Regen wurscht“, verkündet der 18-jährige Adrian strahlend. Man glaubt es ihm sofort. Der junge Peißenberger ist heuer zum ersten Mal auf der „Grünen Sonne“ – entsprechend hoch sind seine Erwartungen. Das Ticket hat er zum Geburtstag bekommen, erzählt er. Ob er dann heute auch bis zum Schluss durchhält? „Ja freilich“, kommt es wie aus der Pistole geschossen.

„Bislang war ich jedes Jahr hier“, erzählt derweil die 33-jährige Franzi. Nur im vergangenen Jahr fand die Veranstaltung ohne sie statt. So richtig auf den Electro-Geschmack sei sie im Übrigen erst durch die „Grüne Sonne“ gekommen. „Das ist jetzt schon seit Jahren unsere Musik“, sagt sie und blickt zu ihren Freunden hinüber, die es sich bereits auf der Wiese gemütlich gemacht hatten. Dort wird zustimmend genickt. Das Event hat sich seitdem zu einem festen Bestandteil ihres Partykalenders gemausert. „2018 hab ich hier sogar einen Heiratsantrag bekommen“, erzählt sie. Tom, der Festival-Romantiker, sitzt nur wenige Meter weiter im Gras und schmunzelt.
Dass die „Grüne Sonne“ auch außerhalb des Landkreises bekannt und beliebt ist, beweisen Georg und Ingo aus München. Sie sind gerade auf dem Festivalgelände angekommen und lassen mit ihrem ersten Getränk in der Hand den Blick über das Alpenpanorama schweifen. Auch sie haben langjährige „Grüne-Sonne“-Erfahrung. Schon drei Mal hat er dem Festival einen Besuch abgestattet, erzählt der 29-jährige Georg. Auf einen Lieblingsinterpreten wollen sich die beiden aber nicht so wirklich festlegen. „Wir lassen uns überraschen“, sagen die „alten Wilden“ grinsend und freuen sich auf einen langen Abend. „Um eins und um drei fährt ein Bus – schauen wir mal“, so die zwei Münchner.
Lebhaftes Treiben am Bar-Zelt
Am zentralen Bar-Zelt herrscht schon früh lebhaftes Treiben. Helles und Weinschorle duellieren sich dort um den Spitzenplatz, berichtet das Personal. „Am Nachmittag um drei und um halb fünf ist Stoßzeit“, heißt es. Dann beginne der „Hochbetrieb“.
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Organisator Phil Falkner für ein Gespräch zu gewinnen, erweist sich unterdessen als recht schwieriges Unterfangen. Der ist nämlich ständig auf Achse und mal da, mal dort zu finden – immer aber mit Walkie-Talkie bewaffnet. „Typisches Hoher-Peißenberg-Wetter“, sagt er. Wieder einmal habe der Berg die Wolkenfront geteilt, zeigt er sich erleichtert. Denn dass es zumindest am Nachmittag noch trocken ist, damit hat in den letzten Tagen kaum jemand gerechnet. Einige Nachtschichten seien nötig gewesen, um das Feld rechtzeitig in ein Festival-Gelände zu verwandeln, erzählt er. Erst gegen 4 Uhr seien die Arbeiten abgeschlossen gewesen. „Die Panorama-Bühne ist komplett neu“ und soll eine prächtige Lichtershow liefern, verspricht er.
Insgesamt 17 Interpreten haben die Veranstalter für die Party auf knapp 1000 Metern Höhe gewinnen können. Und sollte es doch zu einem Wetterumschwung kommen, habe man selbstverständlich ein Sicherheitskonzept in der Hinterhand, versichert Phil Falkner. „Wir stehen auch im ständigen Kontakt mit Polizei und Feuerwehr.“ Von größeren Zwischenfällen war am Abend aber nichts zu hören. „Die gibt‘s bei uns eigentlich fast nie“, freut sich der Organisator.
Aus grüner Wiese wird brauner Acker
Allem anfänglichen Optimismus zum Trotz: In der Nacht verwandelt sich die grüne Wiese allmählich in einen braunen Acker. Stundenlang schüttet es, mal stärker, mal schwächer. Doch wie es der 18-jährige Adrian am Nachmittag vorhergesagt hatte: Auf dem Festival stören sich nur wenige an Regen und Wind. Gegen 18.30 Uhr kommt dann tatsächlich Phil Falkners Notfallplan zum Einsatz. Ein Unwetter zieht heran und verlangt nach einer Unterbrechung des Musikbetriebs.

Teilweise suchen die Tanzenden im Zelt Unterschlupf. Ein richtiges Gewitter bricht glücklicherweise aber nicht herein. Folglich dauert es nicht lange, bis die Panorama-Bühne zurück an die frische Luft lockt und zum „Rain-Dance“ einlädt. Das lässt sich die wetterfeste Party-Meute natürlich nicht zweimal sagen.
So tanzen zahllose Partygäste bis tief in die Nacht über das schlammige Areal und lassen sich erst in den frühen Morgenstunden mit den Shuttlebussen zurück ins Tal chauffieren. Hell erleuchtet, biegt ein solcher auch um 3 Uhr auf die regennasse Bergstraße ein – vielleicht ja mit Georg und Ingo an Bord.