Marx begegnet Missbrauchsopfern und findet klare Worte

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Stellte sich den Opfern sexuellen Missbrauchs in der Erzdiözese München und Freising: Reinhard Kardinal Marx fand beim „Tag der Begegnung“ gegenüber Betroffenen und deren Angehörigen klare Worte. © Hendrik Steffens

Auch in der Erzdiözese München und Freising ist es zu unzähligen Missbrauchsfällen gekommen. Beim „Tag der Begegnung“ findet Reinhard Kardinal Marx klare Worte.

Freising/Erding - Eine Gruppe von Betroffenen, die Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche wurden, hat beim von der Erzdiözese München und Freising veranstalteten „3. Tag der Begegnung“ die Möglichkeit zum Austausch genutzt. Im Namen der gesamten Erzdiözese dankten Kardinal Reinhard Marx, Generalvikar Christoph Klingan und Amtschefin Stephanie Herrmann den Betroffenen für deren Mitwirken. Die Aufarbeitung und Prävention von Missbrauch bleibe „weiterhin ein Thema mit hoher Bedeutung, hoher Wichtigkeit für unser Erzbistum. Dafür stehen wir ein“, sagte der Erzbischof von München und Freising im Rahmen der Veranstaltung am Samstag in Erding.

Der Austausch mit Betroffenen verdeutliche, dass es einen erweiterten Blick brauche, betonte Marx: „Wir müssen auch in den Fokus nehmen, welche Folgen Missbrauch in einer sozialen Dimension hat: Welche Auswirkungen hat das auf einen Ort, eine Gemeinschaft, eine Familie?“ Die „furchtbare Realität des Missbrauchs“ habe „verheerende Auswirkungen über verschiedene Beziehungsfelder hinweg“, sagte der Kardinal.

Diese Komplexität mache klar: „Es gibt keinen Schlussstrich in der Aufarbeitung. Anlässe wie dieser geben Schub, um dranzubleiben.“ Marx lud zu weiteren Formaten des Austauschs wie dem „Tag der Begegnung“ ein: „Wer Missbrauch im Bereich der Kirche erlebt hat, der oder die soll hier willkommen sein.“

Es gibt keinen Schlussstrich in der Aufarbeitung. Anlässe wie dieser geben Schub, um dranzubleiben.

Generalvikar Klingan betonte, wie wichtig der direkte Dialog mit den Betroffenen sei, und dankte allen, die gekommen waren, um diesen zu ermöglichen. Sehr wertvoll sei auch, dass sich Missbrauchsopfer bereit erklärt hätten, „im Betroffenenbeirat und auch in der Unabhängigen Aufarbeitungskommission mitzuwirken“. Diese brächten Perspektiven und Anliegen von Betroffenen aktiv ein, um „unsere Arbeit konstruktiv-kritisch zu begleiten“, um Aufarbeitung und Prävention zu verbessern.

Amtschefin Herrmann fasste das Anliegen des Begegnungstags zusammen: „Mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, Ihre Wünsche und Anliegen zu erfahren und Sie auch über die Angebote der Erzdiözese München und Freising zu informieren“, sei das Ziel, sagte sie in Richtung der Teilnehmenden.

v. l.: Richard Kick, Sprecher des unabhängigen Betroffenenbeirats in der Erzdiözese München und Freising, Lisa Dolatschko-Ajjur, Leiterin der Stabsstelle Prävention im Erzbischöflichen Ordinariat und Pfarrer Kilian Thomas Semel, Leiter der Stabsstelle Beratung und Seelsorge für Betroffene von Missbrauch und Gewalt
Im Dialog mit Betroffenen: (v. l.) Richard Kick, Sprecher des unabhängigen Betroffenenbeirats, Lisa Dolatschko-Ajjur, Leiterin der Stabsstelle Prävention, und Pfarrer Kilian Thomas Semel. © Hendrik Steffens

Der „3. Tag der Begegnung“, zu dem sich 30 Betroffene und Angehörige angemeldet hatten, richtete sich besonders an Menschen, die als Kinder oder Jugendliche sexuellen Missbrauch durch Mitarbeitende der Erzdiözese München und Freising erfahren haben. Den Betroffenen standen Vertreterinnen und Vertreter der Erzdiözese, des Betroffenenbeirats und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission zur Verfügung, um über die jeweilige Arbeit sowie Fragestellungen, Ergebnisse und Herausforderungen der Aufarbeitung der Missbrauchsgeschehnisse zu informieren und ins Gespräch zu kommen.

Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diözesaner sowie nicht-kirchlicher Anlauf- und Beratungsstellen für Betroffene gaben Auskunft über ihr Angebot. Kardinal Marx stand vor Ort auch für Einzelgespräche zur Verfügung, ebenso Generalvikar Klingan und Amtschefin Herrmann sowie die anderen anwesenden Ansprechpartner.

Gutachten: Kirche vertuschte Missbrauchsfälle systematisch

Im Januar 2022 hatte das Missbrauchsgutachten der Erzdiözese München und Freising für großes Aufsehen gesorgt (wir berichteten). Es hatte gezeigt, dass sich sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche auch hier in der Domstadt in zahlreichen Fällen und über viele Jahrzehnte hinweg abgespielt hat – systematisch geduldet und vertuscht von den verantwortlichen Leitern der Diözese.

Unter anderem waren schwere Vorwürfe gegen den inzwischen verstorbenen Papst Benedikt II. (Joseph Kardinal Ratzinger) und Friedrich Kardinal Wetter erhoben worden. Letzterer musste daraufhin im Juni 2023 die verliehene Ehrenbürgerschaft der Stadt Freising auf Druck des Stadtrats abgeben.
ft

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