Habeck will „kurzfristiges“ und „wuchtiges“ Entlastungsprogramm für die Wirtschaft
Die deutsche Wirtschaft schrammt im ersten Quartal 2024 knapp an einer Rezession vorbei. Laut Wirtschaftsminister Habeck wären nun Investitionen nötig, doch dafür gebe es kaum Spielraum.
Berlin – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte schon im Februar vor dramatischen Problemen für die deutsche Wirtschaft. Am Montagabend (29. April) sprach sich der Grünen-Politiker bei einem Lesetreff der HNA in Kassel für ein „kurzfristiges“ und „wuchtiges“ Entlastungsprogramm für die Wirtschaft aus – und für eine Reform der Schuldenbremse.
Optimismus trotz politischer Widerstände? Habeck erwartet erneute Diskussion über Schuldenbremse
Die Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum für das laufende Jahr liegt laut der jüngsten Einschätzung der Bundesregierung bei 0,3 Prozent. Das ist zwar minimal besser als die zuvor prognostizierten 0,2 Prozent, aber „nichts, mit dem wir zufrieden sein können“, sagte Habeck vergangene Woche. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte im April die Konjunkturaussichten Deutschlands mit 0,2 Prozent beziffert, damit ist die Bundesrepublik das Schlusslicht unter den großen Wirtschaftsnationen der Welt. Die Folgen des Ukraine-Kriegs hatten die hiesige Volkswirtschaft stärker getroffen, als andere. Das Problem steht also fest, doch was ist die Lösung?
Beim Lesertreff am Montagabend brachte Habeck erneut eine Reform der Schuldenbremse ins Spiel. Mehr Flexibilität würde es erlauben, mehr zu tun für die Bauwirtschaft und für mehr Investitionen der Firmen, so der Wirtschaftsminister. Gleichzeitig räumte er ein, dass es für eine solche Reform derzeit keine politische Mehrheit gebe. Vor allem die Liberalen könnten sich hier querstellen. Auf ihrem Parteitag am vergangenen Wochenende hatte die FDP ein Papier für die „Wirtschaftswende“ beschlossen und darin –neben einem flexiblen Rentenalter, der Soli-Abschaffung, weiteren Steuervorteilen und Verschärfungen bei Sozialleistungen – auch einen konsolidierten Staatshaushalt gefordert.
Auf das FDP-Papier ging Habeck beim Lesertreff nicht direkt ein, gab sich aber optimistisch, dass über die Schuldenbremse im Hinblick auf die Bundestagswahl noch einmal geredet werde. Von einer Forderung einer Reform seinerseits wollte der Minister nicht sprechen. „Durch das Fordern krieg’ ich’s ja nicht“, so Habeck laut HNA. Er wolle vielmehr „das kreative Denken anregen“, und bei der Union gerate auch schon etwas in Bewegung, glaubt der Minister.
„Boxkampf mit gefesselten Händen“: Habeck fordert mehr Handlungsfreiheit für den Staat
Mit Blick auf die Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung über den Bundeshaushalt 2025, betonte Habeck, dass die Mittel knapp seien. Die Krise der letzten zwei Jahre mit hohen Energiekosten und einer hohen Inflation scheine sich aber dem Ende zuzubewegen. „Wenn ich jetzt also könnte, wie ich wollte, dann würde ich sagen: Lass uns den Stier bei den Hörnern packen und jetzt investieren wir. Und die Investitionen von Bau bis neue Anschaffungen für die Maschinen, die könnt Ihr auch abschreiben. Also jetzt lohnt es sich, wieder in Deutschland zu investieren, weil wir ein kurzfristiges, aber wuchtiges Entlastungsprogramm, ein steuerliches Entlastungsprogramm, machen“, so Habeck.
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Eine solche Maßnahme „würde jetzt den Impuls geben, dass es wirklich losgeht“, hätte aber auch weniger Steuereinnahmen zur Folge. „Weniger Steuereinnahmen heißt, der Haushalt ist nicht ausgeglichen und deswegen passiert das nicht.“ Impulse vom Staat blieben weit unter dem, was er eigentlich für notwendig halte, sagte Habeck – „weil wir uns ein Stück weit selbst, das darf ich so sagen, die Hände hinter dem Rücken gefesselt haben, aber so gewinnt man eben auch keinen Boxkampf“. Das Land brauche Investition und Innovation, doch die Möglichkeiten seien „sehr begrenzt“, weil der Haushalt ausgeglichen sein müsse.
Im Streit um den Haushalt hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im vergangenen Jahr indirekt Stellung zur Schuldenbremse bezogen: Im Koalitionsvertrag der Ampel seien keine Steuererhöhungen vorgesehen, aber eine Rückkehr zur Schuldenbremse, merkte der Kanzler damals an (bme mit dpa).