Nach 50 Jahren insolvent: Deutsches Textilunternehmen wird Chinas nächstes Opfer
Der Preisdruck aus China fordert ein neues Opfer. Ein weiteres Textilunternehmen meldet Insolvenz an. Was heißt das für die Mitarbeiter?
Bitterfeld – Täglich melden Unternehmen in Deutschland Insolvenz an. Erst kürzlich hatten ein Mode-Riese, ein familiengeführtes Textilunternehmen aus Baden-Württemberg, eine Traditionsbäckerei und ein Lebensmittel-Start-up Insolvenz angemeldet. Immer öfter ist dabei von einem Preisdruck aus China zu hören. Jetzt traf es ein Textilrecyclingunternehmen aus Bitterfeld.
Textilunternehmen meldet Insolvenz an – Eigenverwaltung soll es retten
Das Textilunternehmen Soex aus Bitterfeld ist insolvent. Wie verschiedene Medien berichteten, hat das Unternehmen beim zuständigen Amtsgericht einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung gestellt. Soex beschäftigt mehr als 430 Mitarbeiter an mehreren Standorten in Deutschland (darunter Ahrensburg und Bitterfeld-Wolfen) und ist nach eigenen Angaben auf die Sammlung von Alttextilien, ihre Sortierung und Recycling spezialisiert. Das Gericht hatte den Rechtsanwalt Dr. Matthias Wolgast von der Münzel & Böhm Partnergesellschaft mbH zum vorläufigen Sachverwalter bestellt, die Sanierungsexperten Oliver Dankert und Harald Ick (Wirtschaftskanzlei Görg) sollen als Chief Insolvency Officers die Geschäftsführung erweitern. Das hatte das Recyclingportal berichtet.

„Die Belegschaft ist darüber informiert, dass wir das Zukunftskonzept von Soex mit einem neuen Investor forcieren wollen“, zitierte das Portal den Anwalt Dankert. „Dazu setzen wir gerade einen geordneten Kaufprozess auf.“ Laut dem Soex-Geschäftsführer Fred Ponath ist das Unternehmen auf anstehende gesetzliche Entwicklungen „gut vorbereitet“ – darunter etwa wie Einführung getrennter Textilsammlungen ab 2025. Hier sieht er eine Wachstumschance im Bereich des nachhaltigen Textilrecyclings für SOEX.
Für die Mitarbeiter soll es zunächst weitergehen wie gehabt – die Gehälter seien bis einschließlich November 2024 gesichert. Der Ableger Soex Processing Middle East FZE, eine Tochtergesellschaft von Soex in den Vereinigten Arabischen Emiraten, soll nicht von dem Verfahren betroffen sein. Die dort arbeitenden 500 Beschäftigten haben demnach nichts zu befürchten.
Insolvenz wegen China-Produkten – Preisdruck in Europa
Einer der Gründe für diesen Schritt war der Konkurrenzdruck aus Asien, die die Märkte mit größeren Überkapazitäten geflutet hätten. Das ist kein Novum: Viele Märkte in Deutschland und Europa wanken derzeit unter dem chinesischen Preisdumping, darunter Photovoltaik, Windkraft, Elektroautos, die Stahlbranche und Bekleidungsgeschäfte. Wie der MDR berichtete, habe dieser Preisdruck für finanzielle Engpässe gesorgt. Außerdem waren für Soex traditionelle Märkte in Osteuropa ausgefallen.
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Einer Unternehmensmitteilung zufolge befinden sich sowohl die SOEX Textil-Verwertungsgesellschaft m.b.H. (Ahrensburg) und die SOEX Processing Germany GmbH (Bitterfeld-Wolfen) als auch die SOEX Recycling Germany GmbH (Bitterfeld-Wolfen) sowie die I:Collect GmbH in Ahrensburg in vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren. Der vorläufige Sachverwalter hatte auf Anfrage durch Ippen.Media noch kein Statement abgegeben.
Soex existiert bereits seit 1977 und begann als Handelsunternehmen für Autos und Textilien. 2027 wird das Unternehmen 50 Jahre alt.
Konsumflaute in China – Händler wenden sich gen Westen
Chinas Überkapazität ist kein neues Problem, hatte sich im Laufe der letzten paar Jahre jedoch drastisch verschärft. Das ging so weit, dass die US-Finanzministerin Janet Yellen bereits in China selbst davor gewarnt hatte. Sie und andere Offizielle der Administration unter dem scheidenden US-Präsidenten Joe Biden hatten sich vor allem in den Sektoren E-Autos, Photovoltaik und Halbleiter besorgt gezeigt, weil chinesische Produkte den Weltmarkt überfluteten.
Allerdings liegt das Problem direkt in China: Die dortige Bevölkerung konsumiert zu wenig. Die Nachfrage ist niedrig, viele chinesische Unternehmen verkaufen ihre Güter daher ins Ausland. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, hatte Yellen versucht, China dazu zu bewegen, die Subventionen herunterzufahren. Vom Staat angetriebene Investments müssten nachlassen. Stattdessen sollten marktorientierte Reformen für ein Wirtschaftswachstum sorgen.
Auch Akteure der deutschen Politik hatten sich bereits wegen chinesischen Billighändlern wie Temu oder Shein beschwert. (Laernie mit Reuters)