Spaziergang durchs alte Herrsching

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Herrschings Touristinfo am Bahnhofsplatz hat eine lange Geschichte: Zeitweilig war dort auch ein Kiosk untergebracht. © Archiv

Die szenischen Ortsführungen des Ammerseer Bauerntheaters haben Kultstatus, obwohl es sie noch gar nicht so häufig gab. Selbst meist Herrschinger Originale, führen neun Ensemblemitglieder plus zwei Moderatorinnen ab dem 27. Juni insgesamt achtmal zu historischen Adressen und Plätzen, über die es vieles zu erzählen gibt.

Herrsching - Im Jahr 2016 feierten die Ortsführungen des Ammerseer Bauerntheaters Weltpremiere, zuletzt hatte das Herrschinger Ensemble vor zwei Jahren dazu eingeladen. Ab Donnerstag, 27. Juni, ist es wieder so weit. Achtmal, immer donnerstags ab 19 Uhr, geht es gewohnt launig durch Herrsching. Die Moderation übernehmen in diesem Jahr Monika Jäger und Hanni Göppel. Unterstützt von Gemeindearchivarin Dr. Friedrike Hellerer gibt es viel Interessantes zu erfahren.

„Noch haben wir nicht geprobt“, sagt Uli Nett und lacht. Er ist einer der Ortsführer, die ihre Gäste in historischem Gewand empfangen. Das Ensemble kennt sich schon lange, Improvisieren ist für sie kein Zauberwerk, sondern Passion. Fest steht bis dato nur die Route mit insgesamt neun Stationen. Start ist in diesem Jahr am ehemaligen „Café Flora“, das viele Herrschinger als solches nicht mehr kennen. Heute ist in dem Haus an der Kienbachstraße die Geschäftsstelle der Volkshochschule untergebracht. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Café geschätzt für seine Zither- und Hausmusikabende.

Die Familie Rainer, der das „Flora“ damals gehörte, stammte aus dem Zillertal und war verwandt mit der Familie Rainer, die „Stille Nacht, heilige Nacht“ in der ganzen Welt berühmt machte. Die Rainers in Herrsching machten sich laut Gemeindearchiv als Rainer-Dreigesang auch einen volksmusikalischen Namen. Gleichwohl ist den älteren lebenden Herrschingern diese Geschichte des „Flora“ wohl weniger vor Augen als die des gleichnamigen Ausflugs- und Tanzcafés, Weinlokals und Diskothek, als das das Café bis in die 1990er-Jahre hinein betrieben wurde.

Das Café Flora an der Kienbachstraße: Älteren Herrschingern dürfte es noch als Diskothek bekannt sein.
Das Café Flora an der Kienbachstraße: Älteren Herrschingern dürfte es noch als Diskothek bekannt sein. © Postkarte

Der Spaziergang führt über Brücke und Bahnhofstraße vorbei am ehemaligen Anwesen Kößler in der Bahnhofstraße 10, einst eine Bäckerei, dann Modegeschäft und heute Friseursalon, weiter Richtung Bahnhof, zum Bankgebäude und zur historischen „Verkehrszentrale“. So war die Touristinfo benannt, die nach der Eröffnung der Bahnlinie Pasing-Herrsching im Jahr 1903 erbaut wurde. Schon damals diente sie der Vermittlung von Zimmern an Sommerfrischler. Untergebracht war dort aber auch ein Immobilienbüro. Zwischendrin war in dem denkmalgeschützten Häuschen eine Kunststube eingezogen, bis das Tourist-Büro zurückkehrte und es damit der ursprünglichen Zweckbestimmung entsprach. Zeitweilig war dort ein Kiosk, den sich der eine oder andere Besucher möglicherweise heute wieder wünschen würde.

Es geht auch um die Sage vom riesengroßen Waller und die winzig kleine Bierjungfer.

Auch an der Bank werden die Spaziergänger empfangen – vom „Bankdirektor“ höchstselbst, versteht sich. Denn bevor das heutige VR-Bank-Gebäude 1963 eröffnet wurde, gab es in Herrsching eine Privatbank. Diese wurde bis 1924 von Paul Wachlin geführt. „Prompteste und coulanteste Bedienung ist selbstverständlich, ohne besonders hervorgehoben zu werden“, hieß es. 23 Herrschinger Bürger übernahmen die Bank 1925 auf genossenschaftlicher Basis. Schalter und Büro befanden sich im Rathaus. Erst im Jahr 1938 entstand ein Bankgebäude an der Bahnhofstraße. Im Jahr 1969 dehnte sich der Geschäftsbereich auf Starnberg und Landsberg aus.

Die Bahnhofstraße 10: Erst Bäckerei, dann Boutique und heute Friseursalon.
Die Bahnhofstraße 10: Erst Bäckerei, dann Boutique und heute Friseursalon. © Archiv

Laienschauspieler Uli Nett freut sich, weiß aber selbst noch nicht genau, was ihn erwartet. „Jeder hat seinen Text selbst geschrieben – in Mundart, aber auch auf Hochdeutsch.“ Erst heute treffen sich alle zum ersten Mal, ein zweites Mal am Donnerstag, bevor die erste Ortsführung am 27. Juni stattfindet. Sie endet am See. Nur so viel verrät Nett: „Dort geht es auch um die Sage vom riesengroßen Waller und die winzig kleine Bierjungfer. Am Ende kommt sogar die Schwedeninsel ins Spiel.“ Was dahinter steckt, das erfährt nur, wer auch an dem launigen Spaziergang mit den Laiendarstellern teilnimmt. Treffpunkt ist bis zum 15. August jeweils donnerstags um 19 Uhr an der Brücke zwischen Kienbachstraße und Fischergasse, direkt am ehemaligen „Café Flora“.

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