Karlsfeld beschließt seinen Haushalt: Wenig Geld und viele Aufgaben

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Das Geld ist in Karlsfeld ein heikles Thema. Manch ein Gemeinderat befürchtet „jahrelange Mangelwirtschaft“. © Hannes P Albert/dpa

Es ist ein rekordverdächtiger Haushalt, den Karlsfelds Gemeindekämmerei mit mit Müh und Not hinbekommen und den der Gemeinderat mit großer Mehrheit am Donnerstagabend verabschiedet hat. Harte Kritik gab es von der SPD, die sich auch heuer wieder querstellte.

Karlsfeld – Es ist vollbracht: Der Gemeinderat Karlsfeld hat den Haushalt für 2024 mit großer Mehrheit am Donnerstagabend verabschiedet. Große Überraschungen gab es nicht. Die SPD stimmte wieder einmal dagegen, Bürgermeister Stefan Kolbe schimpfte wieder einmal auf den Freistaat, die Gemeinde Karlsfeld hat wieder einmal große Investitionen zu tätigen und kann sich wieder einmal eigentlich nur auf ihre Pflichtaufgaben konzentrieren. „Wir haben wenig Geld, aber viele Aufgaben!“, brachte es Reto Berndt, neuer Mitarbeiter der Gemeindekämmerei, auf den Punkt.

Die Gemeinde Karlsfeld muss in den nächsten vier Jahren Kredite in Höhe von insgesamt 37 Millionen Euro aufnehmen. Das Problem: Am Kapitalmarkt steigen die Zinsen. Für die klamme Gemeinde Karlsfeld bedeutet das: „Wir leben von der Hand in den Mund!“ Wie berichtet, dürfen auf die Gemeinde keine weiteren unerwarteten Ausgaben im laufenden Jahr hinzukommen.

Die wichtigsten Zahlen des Haushalts 2024 im Überblick

Das Haushaltsvolumen beträgt insgesamt 73,1 Millionen Euro und damit 2 Millionen Euro mehr als in 2023. Der Verwaltungshaushalt liegt bei 59,5 Millionen Euro, der Vermögenshaushalt bei 13,6 Millionen Euro. Den größten Einnahmenblock bilden die Steuern und allgemeine Zuweisungen mit insgesamt 45 Millionen Euro, der größte Ausgabenblock ist die Kreisumlage mit 15,7 Millionen Euro (bei einem Hebesatz von 49,99 Punkten). Die Personalkosten schlagen mit 14,2 Millionen Euro zu Buche (und steigen kaum, wegen Personalmangel). Für Zuweisungen und Zuschüsse gibt die Gemeinde 14,2 Millionen Euro aus..

Die Kreditaufnahme liegt 2024 bei 9,1 Millionen Euro. Der Schuldenstand beträgt mit Neubau der Grundschule an der Krenmoosstraße 20,5 Millionen Euro, ohne den Neubau der Grundschule an der Krenmoosstraße 2,5 Millionen Euro.

Die größten Investitionen sind die restliche Sanierung der Dreifachturnhalle der Mittelschule mit rund 3,4 Millionen Euro; für den Teilbetrag der Sanierung der Mittelschule werden weitere 500 000 Euro fällig. Für die Feuerwehr sind 821 000 Euro eingestellt; für die Sanierung der Georg-Queri-Straße 850 000 Euro. Die Erschließungskosten fürs neue Gymnasium liegen bei 700 000 Euro, die Gemeinde erhält die Kosten aber anteilig vom Landkreis zurück.

Große Investitionen aber auch gleichzeitig große Einsparungen gibt es bei der Feuerwehr Karlsfeld. Wie berichtet, wurden die Planungskosten in Höhe von 405 000 Euro für eine provisorische Wache westlich der Bahn gestrichen. Die Gemeinde leistet sich in diesem Jahr für die Feuerwehr aber auch Ausrüstungsgegenstände, ein neues Fahrgestell für ein Löschgruppenfahrzeug 10 und Brandschutzanpassungen.
Große Investitionen aber auch gleichzeitig große Einsparungen gibt es bei der Feuerwehr Karlsfeld. Wie berichtet, wurden die Planungskosten in Höhe von 405 000 Euro für eine provisorische Wache westlich der Bahn gestrichen. Die Gemeinde leistet sich in diesem Jahr für die Feuerwehr aber auch Ausrüstungsgegenstände, ein neues Fahrgestell für ein Löschgruppenfahrzeug 10 und Brandschutzanpassungen. © Feuerwehr Karlsfeld

Vom Freistaat allein gelassen

Dass es so nicht weitergehen kann, machte Bürgermeister Stefan Kolbe deutlich. „Wir stellen fest, dass wir als Kommunen schlichtweg mit unseren Problemen alleine gelassen werden“, klagte er. „Ich erwarte, dass wir Unterstützung bekommen!“ Der Freistaat sei nun endlich in der Pflicht zu handeln, forderte Stefan Kolbe – ebenso wie nach ihm Bernd Wanka (CSU), Anton Flügel (Freie Wähler) und Finanzreferent Stefan Theil. „Es ist schon schändlich“, so Kolbe, „wenn 90 Prozent der Kommunen im Freistaat Schlüsselzuweisungen bekommen und man nicht bereit ist, über dieses Finanzierungssystem nachzudenken“!

Auch Kolbes Parteikollege und CSU-Fraktionsvorsitzende Bernd Wanka monierte: „Das ist keine seriöse Finanzierung der bayerischen Kommunen.“ Die Schlüsselzuweisungen, die es vom Freistaat gebe, seien jedoch „zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig“. Die Infrastrukturkosten, die Karlsfeld als Wachstumsregion tragen müsse, müssten eigentlich an anderer Stelle auflaufen, so Wanka.

Endgültig in der Sackgasse angelangt

Beate Full (SPD) machte nicht den Freistaat, sondern die Gemeindeverwaltung und den Gemeinderat für die prekäre finanzielle Situation verantwortlich. Full zufolge ist die Gemeinde nun „endgültig in der Sackgasse der notleidenden Kommunen angelangt“. Die Infrastruktur der Gemeinde Karlsfeld werde „wieder einmal mehr kaputtgespart“, schimpfte Full und ging auf die fehlenden Investitionen wie die Errichtung der Feuerwehrwache West ein.

Das „Hoffen und Warten auf das Wunder von Karlsfeld“ sei in den vergangenen fünf Jahren „das falsche Rezept“ gewesen. Wie Full dem Gemeinderat vorwarf, würde die Mehrheit des Gremiums akzeptieren, dass die zukünftige Finanzkraft der Gemeinde nicht aktiv geplant werde, sondern dass die Basis für die Zukunft der Gemeinde auf berechtigten Hoffnungen bestünde. Bevor sich Full bei der Verwaltung für deren Arbeit bedankte, teilte sie aber nochmal aus. „Den Bürgern stehen etwa 15 Jahre Mangelverwaltung bevor!“

Aus alten Fehlern lernen

Zufrieden mit der Arbeit der Kämmerei zeigte sich Heike Miebach (Grüne) in ihrer Rede, die Michael Fritsch stellvertretend vortrug. Doch es gab auch mahnende Worte. Zum Beispiel in Sachen Bürgerhaus: „Wir hoffen sehr, dass die Gemeinde aus den Fehlern beim Hallenbad gelernt hat und nicht wieder Hunderttausende Euro versenkt werden, um das Bürgerhaus dann doch schließen zu müssen!“ Auch die Erhöhung von Gebühren solle nicht zur Regel werden. Vielmehr solle sichergestellt werden, dass die Gemeinde ihre Finanzen langfristig stabilisiert. „Die Grünen setzten sich weiterhin für eine strategische Haushaltsplanung für alle Sachgebiete ein.“ Miebachs Fraktion unterstützt den Haushaltsplan, „aber die Diskussion müssen nach der Haushaltsverabschiedung weitergehen“.

Peter Neumann (Bündnis für Karlsfeld) bemerkte: „Diesmal ist der Haushalt nicht auf Kante genäht, diesmal ist die Naht teilweise schon offen. Jetzt darf man nicht mal mehr tief einatmen.“ Weiter erläuterter Neumann, wie unsicher es sei, in solchen Zeiten Einnahmen zu planen, und zitierte sogleich aus einem Schreiben des bayerischen Landesamts für Statistik vom November 2023. Sein Fazit: „Das ist akademisches Glaskugellesen.“

Herausforderungen gemeinsam meistern

Anton Flügel (Freie Wähler) stimmte versöhnliche Töne an. Er sei zuversichtlich, dass man die Herausforderungen bestehen könne, „wenn alle an einem Strang ziehen“. In Zeiten aufgeregter Diskussionen gelte es, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. „Der Kitt unseres Gemeindewesens sind ehrenamtliches Engagement und kulturelle Vielfalt“, die gestärkt werden müssten.

Zum Schluss kam Karlsfelds Wirtschafts- und Finanzreferent Stefan Theil zu Wort: Der Haushalt sei risikobehaftet, aber machbar! „Der Gemeinde fehlt die Luft zum Atmen und mit einer jährlichen Neuverschuldung von 9 bis 10 Millionen Euro wird diese Luft von Jahr zu Jahr dünner.“ Bei den Gewerbesteuereinnahmen sei es nicht realistisch für die kommenden Jahre, mit Mehreinnahmen zu rechnen. Theil machte daher Druck, bei den Planungen zum Gewerbegebiet an der Schleißheimerstraße voranzukommen. „Für mich ist es schwer zu begreifen, dass wir unser größtes Potenzial für mehr kommunale Steuereinnahmen nicht voll nutzen.“ Die Kreisumlage bereitet auch ihm Sorgen. „Sätze von 53 Prozent und mehr sind nicht mehr realistisch vermittelbar.“ Für die neue strategische Finanzplanung der Gemeinde könne „eine selbstauferlegte Karlsfelder Schuldenbremse“ ein wichtiger Bestandteil sein.

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