Montag: Der Wille des Wählers muss erkennbar sein
Die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen sind noch nicht beendet. In zwei Städten ist der Vorsprung der Sieger so knapp, dass die Stadtverwaltungen ernsthaft überlegen, ob sie die Stimmzettel noch einmal überprüfen sollen.
In Siegen (105 000 Einwohner) hatte der SPD-Kandidat nur zehn Stimmen mehr als der bisherige Amtsinhaber von der CDU. Noch geringer war der Vorsprung des CDU-Bewerbers in Datteln (36 000 Einwohner) im Kreis Recklinghausen. Er lag nur ganze drei Stimmen vor dem SPD-Kandidaten. In Prozenten lautet das bisherige Ergebnis: 50,01 zu 49,99.
Die Wähler in Siegen und in Datteln haben erlebt, dass ihre Stimme entscheidend gewesen sein kann. Sie haben ein Recht darauf, dass noch einmal gezählt wird.
Aus Erfahrung weiß ich, dass besonders über die Definition ungültiger Stimmen in den Kommissionen oft gestritten wird. Das oberste Kriterium heißt: Der Wille des Wählers muss erkennbar sein.
Im großen Rest von Nordrhein-Westfalen waren die Ergebnisse eindeutig – per saldo hat die CDU gewonnen. Sie besetzt 25 von 31 Landratsposten.
Triumph von Merz' CDU in der Herzkammer der SPD
In den Großstädten haben vor allem die Grünen verloren. In Bonn und Aachen nahm ihnen die CDU die Oberbürgermeisterposten weg. Dafür eroberten sie die Studentenstadt Münster.
Der sensationellste Triumph gelang der Partei von Friedrich Merz in Dortmund, gefeiert als Herzkammer der Sozialdemokraten. Nach fast 80 Jahren Herrschaft durch die SPD gelang es dem Herausforderer von der CDU, den Amtsinhaber zu stürzen.
Bemerkenswert ist die parteipolitische Spaltung im Rheinland. In der Landeshauptstadt Düsseldorf verteidigte der Oberbürgermeister von der CDU souverän mit mehr als 60 Prozent sein wichtiges Amt.
40 Kilometer südlich, in Köln, hatte es die CDU nicht einmal in die Stichwahl geschafft. Die grüne Kandidatin ging mit deutlichem Vorsprung vor ihrem SPD-Rivalen ins Finale, wurde aber in der Stichwahl überholt. Kenner Kölns vermuten, dass Wähler von CDU und AfD einen Sieg der Grünen verhindern wollten.
Dienstag: ZDF kann sich nicht vor einer Theveßen-Frage drücken
Das ZDF muss über seinen USA-Korrespondenten Elmar Theveßen nachdenken. Der Sender muss ihn schützen, weil Richard Grenell, der frühere US-Botschafter in Deutschland, verlangt hat, ihm sein Visum zu entziehen. Staaten und Behörden dürfen nicht entscheiden, wer über sie berichtet.
Das ZDF kann sich aber nicht vor der Frage drücken, ob es den richtigen Mann in die USA geschickt hat. Theveßen hat immer wieder gegen das öffentlich-rechtliche Gebot verstoßen, ausgewogen zu berichten und ein faires Bild der Vereinigten Staaten zu zeichnen.
Seine Beiträge sind gezeichnet von tiefer Abneigung gegen den Präsidenten Donald Trump. Über die 77 Millionen Amerikaner, die ihn gewählt haben, hat er dem deutschen Publikum wenig erzählt. Wann immer Markus Lanz ihn aus Washington in seine Runde zugeschaltet hat, konnten die Zuschauer zuverlässig einseitige Polemiken erwarten. Meilenweit bleibt er hinter Reportervorbildern wie Gerd Ruge und Claus Kleber zurück.
Einen Tiefpunkt der Unkorrektheit leistete er sich mit der Behauptung, der ermordete Trump-Anhänger Charlie Kirk habe gesagt, dass Homosexuelle gesteinigt werden müssten. Zum Glück korrigierte ihn der wie immer gut vorbereitete Markus Lanz.
Nachträglich muss sich das deutsche Publikum freuen, dass Theveßen vor einem Jahr bei einer Wahl in Köln gescheitert ist. Er hatte sich als Intendant des WDR beworben, erreichte aber nicht einmal die Stichwahl.
FOCUS-Gründungschefredakteur Helmut Markwort war von 2018 bis 2023 FDP-Abgeordneter im Bayerischen Landtag.