Mit dem richtigen Riecher: So suchen Hundestaffeln nach Vermissten

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Die Einsatzfähigkeit der Suchhundestaffel setzt eine mehrjährige Ausbildung und beständiges Training für Hund und Mensch voraus: Hier ist eine Gruppe beim Training in einem Waldstück, vorne Gruppenführerin Marlene Beck. © Scharl

Regelmäßig unterstützt Ute Scharl mit ihrem Rüden Diego die Suchhundestaffel Freising bei der Suche nach vermissten Personen. Lange hat die Hohenlindenerin ihren Hund für solche Einsätze ausgebildet. Ein Einblick in die Arbeit der Suchhundestaffel...

Landkreis – 0.45 Uhr: In den Schlafzimmern von Ute Scharl in Hohenlinden und Daniela Kolb in Fraunberg (Landkreis Erding) schrillt der Alarm. Es ruft die beiden Frauen sowie weitere Hundeführer der Suchhundestaffel Freising zur Pflicht. Mitten in der Nacht. Eine demente Frau aus einem Pflegeheim ist abgängig, die Polizei bittet um Unterstützung bei der Suche nach der Vermissten.

Mitten in der Nacht: Suchhundestaffel rund um die Uhr einsatzbereit

Die notwendige Ausrüstung wie Trailgeschirr und Einsatzrucksack für Hund und Mensch liegt griffbereit, noch schnell eine Kanne Kaffee einpacken und ab ins Auto mit den beiden Hunden Diego (Labrador-Mix) und Emmy (Mischling). Eile ist geboten. Während der Fahrt zum Einsatzort erfolgen weitere Informationen, wie eine Treffpunkt-Änderung oder organisatorische Absprachen. Doch dann nach 35 Minuten Fahrt die erlösende Nachricht: Die vermisste Frau ist noch vor dem Eintreffen der Rettungskräfte wieder aufgetaucht. Abbruch, ab nach Hause. Auch das gehört zum Alltag der beiden geprüften Einsatz-Teams.

Ute Scharl und Daniela Kolb eint die Zuneigung zu ihren Teampartnern mit Fell. Einst waren sie auf der Suche nach der idealen Auslastung für ihren Hund. Über Bekannte kamen sie in Kontakt mit Mantrailing und der Suchhundestaffel in Freising. Der Begriff „Mantrailing“ stammt aus dem Amerikanischen und bedeutet so viel wie „Mensch verfolgen“.

Ausgezeichnete Nase: „Romy“ nimmt einen Geruch auf, dessen Spur die Hündin im Anschluss verfolgt.
Ausgezeichnete Nase: „Romy“ nimmt einen Geruch auf, dessen Spur die Hündin im Anschluss verfolgt. © Scharl

Der Hund erhält einen Geruchsvorhalt wie z. B. ein getragenes Kleidungsstück oder eine Haarbürste und verfolgt dann diese individuelle Geruchsspur, den sogenannten Trail, über lange Strecken an der Trailleine des Hundeführers. Diese Art der Suche verlangt dem Hund Höchstleistungen an Ausdauer und Konzentration ab.

„Es ist eine tolle Auslastung für die Hunde, unabhängig von der Rasse,“ schwärmt Daniela Kolb von ihrem Hobby. „Und Diego, der früher unsicher war, ist daran total gewachsen.“

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Verband (IHV) mit sieben Staffeln auf Bundesgebiet im Einsatz

„Helfen mit Herz und Schnauze.“ Unter diesem Motto unterstützt der Internationale Hundeverband (IHV) mit seinen, neben der Ortsgruppe Freising, weiteren sechs im gesamten Bundesgebiet vertretenen Staffeln bei Vermisstensuchen. „Die Freude an der Arbeit mit unseren Hunden geht Hand in Pfote mit dem Ziel, Menschen in schwierigen Situationen zu helfen. Ich habe riesigen Respekt vor der Leistung, die unsere Hunde da erbringen, denn ohne deren ausgezeichnete Nase könnten wir unsere Arbeit gar nicht machen.

Deshalb dreht sich alles um unsere vierbeinigen Kollegen, deren Wohl immer an oberster Stelle steht.“ Mit diesen Worten beschreibt Jenny Füchsel als Staffelführerin und Trainerin in Freising die Arbeit des Vereins. Ausdrücklich betont Füchsel dabei aber auch die Bereitschaft, neben der behördlichen Alarmierung, auch jederzeit Privatpersonen bei der Suche nach vermissten Personen zu unterstützen. Unter der zentralen Alarmierungsnummer (0 81 66) 67 38 90 8 kann die Staffel zu jeder Uhrzeit kontaktiert werden. Keinen Sinn ergibt die Suche allerdings, wenn die Person seit über 48 Stunden vermisst wird, oder sie sich mit einem Auto fortbewegt hat.

Dabei fallen für die privaten Auftraggeber keine Kosten an, die Hundestaffel macht ihre aufwändige Arbeit ehrenamtlich. Allerdings erhält der IHV dafür keinerlei Mittel aus öffentlichen Töpfen, jeder Cent muss also durch Sponsoren verdient werden. Oder durch die Vereinsmitglieder gleich selbst mitgebracht werden. So tragen die Hundeführer ihre nicht unerheblichen Benzinkosten zu den Alarmierungsfahrten und Einsatztrainings selbst.

Lange Ausbildung und viel Training für Hunde

Die Einsatzfähigkeit setzt eine mehrjährige Ausbildung und beständiges Training für Hund und Mensch voraus. Marlene Beck ist als stellvertretende Staffelführerin und Trainerin in Freising dafür mitverantwortlich. Beck ist mit ihrer Königspudel-Collie-Mix-Hündin Cleo (Einsatzhund in Rente) Staffelmitglied der ersten Stunde. Sie trieb gemeinsam mit der Staffelführerin Jenny die Entwicklung zur einsatzfähigen Staffel voran. Sie organisiert dabei das wöchentliche Training und regelmäßige Zusatzeinheiten am Wochenende.

„Gimli“ bei der Banknotensuche in einem Büro. Ein Service, den auch Privatleute in Anspruch nehmen können.
„Gimli“ bei der Banknotensuche in einem Büro. Ein Service, den auch Privatleute in Anspruch nehmen können. © Scharl

Neben dem klassischen Mantrailing beschäftigt sich die Staffel in Freising mittlerweile auch mit dem Schnödesten aller Dinge: Geld. Nachdem in einigen anderen Staffeln des IHV bereits seit einigen Jahren speziell ausgebildete Banknotenspürhunde im Einsatz sind, baute in der Landkreisstaffel Iris Wilckens diesen Bereich auf und verantwortet ihn mittlerweile im gesamten Bund. Dabei ergänzt sich der Beruf der Hundefachfrau ideal mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit: Wilckens ist als Diensthundeführerin bei der Landespolizei Bayern tätig.

Neben ihren beiden Diensthunden, die im Schutzdienst und als Rauschgiftspürhunde ausgebildet sind, wohnen noch zwei weitere Vierbeiner bei ihr – der Mini- Australian-Shepherd Gimli (geprüfter Einsatzhund Mantrailing) und der American Bully Samu (Mantrailer in Ausbildung). Beide Hunde arbeiten in der Staffel neben der Personensuche auch als Banknotenspürhunde.

Erdinger sucht verzweifelt nach seinem Geld – Hunde finden es

Ein Erdinger, der eine ansehnliche Summe an Bargeld verlegt hatte, nahm die Dienste von Gimli und Samu vor kurzem in Anspruch und wurde dafür gleich doppelt belohnt. Die eigentlich vermisste Summe im vierstelligen Bereich fand sich in einem vergessenen Aktenordner im Firmenbüro.

Und als Nebeneffekt entdeckte Gimli im Privathaus weitere, längst vergessene 300 Euro. Keinen Erfolg hatte die Suche im Nachlass eines verstorbenen Mannes im Auftrag seiner Erben. „Vermutlich hat der Herr das Geld zu Lebzeiten noch ausgegeben“, meint Iris Wilckens. „Immerhin ist es auch eine wichtige Information, wenn man sagen kann, dass sich kein Bargeld mehr in der Wohnung befindet.“

Angebot gilt auch für Privatpersonen

Ausdrücklich betont die Polizistin die Bereitschaft, auch für Privatpersonen oder Nachlassverwalter mit den geprüften Hunden tätig zu werden. Sei es, wie erwähnt, in den Immobilien von Verstorbenen oder bei Demenzkranken. Die Banknotenspürhunde der Staffel können über die Website des Vereines kontaktiert werden. Bei erfolglosen Suchen müssen die Auftraggeber nur für die Fahrtkosten (und evtl. Übernachtungskosten) aufkommen, im Fall eines Fundes geht ein kleiner Teil des aufgefundenen Wertes direkt an die Staffel.

Internet

Unter der Adresse suchhundestaffel-ihv.de findet man weitere Informationen – auch darüber, wie man die Organisation finanziell unterstützen kann.

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