Kann Kamala Harris gegen Trump gewinnen? Was für die Kandidatin spricht – und was gegen sie

  1. Startseite
  2. Politik

KommentareDrucken

Nach Bidens Rückzug scheint es bei der US-Wahl auf ein Duell Trump gegen Harris hinauszulaufen. Hat die Vize-Präsidentin Chancen auf den Sieg? Einiges spricht dafür.

Washington – Polit-Knall in den USA: Joe Biden will nicht mehr als US-Präsident kandidieren, nach Ablauf seiner Amtszeit ist für ihn Schluss. Nun brauchen die Demokraten einen neuen Kandidaten gegen Herausforderer Donald Trump von den Republikanern. Und schon Stunden nach dem Rücktritt von Biden von seiner Präsidentschaftskandidatur scheint klar: Vize-Präsidentin Kamala Harris (59) machts.

Der Ruck, der jetzt durch die demokratische Partei geht, ist spürbar. Mehr als 60 Millionen US-Dollar haben demokratische Wähler seit Bidens Rückzug bereits für den Wahlkampf von Kamala Harris gespendet. Das ist der drittgrößte Betrag, der jemals an einem Tag erzielt wurde.

Ohne den 81-jährigen Biden, der zuletzt immer wieder durch enorme Ausfälle Schlagzeilen machte, scheint der Sieg gegen Trump plötzlich wieder möglich. Doch ist das wirklich so? Kann Kamala Harris Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen am 4. November 2024 schlagen? Was spricht für die 59-jährige Vize-Präsidentin mit afrikanischen und asiatischen Wurzeln, was gegen sie?

Vize-Präsidentin Kamala Harris im Weißen Haus.
Plötzlich im Rampenlicht: Vize-Präsidentin Kamala Harris wird wohl bei der US-Wahl gegen Donald Trump antreten, denn Joe Biden verkündete seinen Rückzug. © IMAGO/Pool/ABACA

Kamala Harris kann nach Bidens Rücktritt mit ihrem Alter punkten – jetzt wirkt plötzlich Trump senil

Alle Augen waren bisher auf das hohe Alter von Biden gerichtet. Dieses große Manko der Demokraten fällt jetzt weg. Mit Kamala Harris hätte die Partei eine Kandidatin, die 22 Jahre jünger ist als Donald Trump. Mit Biden als Gegner könnte Trump sein eigenes hohes Alter bisher recht gut kaschieren. Dass er selbst aber auch schon 78 Jahre alt ist und damit nur drei Jahre jünger als Biden, wird jetzt nicht mehr so gut zu verstecken sein.

Und: Die Demokraten könnten jetzt zurückschlagen und wiederum selbst Trumps Alter zum Thema machen. Laut New York Times machten schon wenige Minuten nach Bidens Rücktritt als Präsidentschaftskandidat führende Parteivertreter Trumps Alter zum Thema. Sie sprachen an, dass Trump während seiner Amtszeit die Schwelle von 80 Jahren überschreiten wird, sollte er im November zum US-Präsidenten gewählt werden. Trump ist jetzt immerhin genauso alt, wie Joe Biden bei dessen Amtsantritt war.

US-Präsidenten Alter bei Amtsantritt
Joe Biden 78 Jahre
Donald Trump 71 Jahre
Barack Obama 48 Jahre
George W. Bush 55 Jahre
Bill Clinton 47 Jahre

In einem möglichen TV-Duell gegen Trump könnte plötzlich Kamala Harris als fitter, eloquenter, geistesgegenwärtiger dastehen als der Republikaner. Dies dürfte Trump, der auf den Biden-Verzicht mit wütenden Kommentaren reagierte, klar sein. Bezeichnend ist, dass er laut New York Times bereits signalisierte, dass er einem TV-Duell gegen Harris nicht sicher zustimmen werde.

Kamala Harris könnte nach Biden-Rückzug bei Frauen, schwarzen und jungen Wählern punkten

Den Demokraten werden vor der US-Wahl im November im Vergleich zu Trumps Republikanern das größere Potenzial an Wählern zugesprochen. Entscheidend wird aber sein, ob sie die Menschen mobilisieren können, zur Wahl zu gehen. Kamala Harris, eine schwarze Frau in relativ jungen Jahren, könnte einige wichtige Wählergruppen wiedergewinnen, die sich während der Amtszeit Bidens abgewandt haben. Vor allem den vielen schwarzen Menschen in den USA könnte sie als neue Identifikationsfigur dienen. Dies belegen aktuelle Umfragen zur US-Wahl 2024 eindeutig.

Gleiches könnte für die amerikanischen Wählerinnen gelten. Die junge, weibliche Kamala Harris ersetzt den alten, weißen Mann Joe Biden – dies könnte bei den Frauen gut ankommen. Auch junge Wähler in den USA, die vielfach über Bidens Pro-Israel-Politik enttäuscht sind, könnten sich mit Harris als Kandidatin wieder mehr angesprochen fühlen, analysiert der Spiegel.

Zudem hat sich Harris in einem zentralen Punkt im US-Wahlkampf einen Namen gemacht: Sie setzt sich für das Recht auf Abtreibung in den USA ein. Die Vize-Präsidentin hat sich zum Ziel erklärt, das Recht auf Abtreibung auf nationaler Ebene schützen zu lassen. 2022 hatte der Oberste Gerichtshof der USA dieses Recht gekippt, es folgten wütende Proteste. Kamala Harris kann das Thema Abtreibung besser bedienen als der alternde Mann Biden. Als wohl erste Vize-Präsidentin der USA besuchte sie bereits eine Abtreibungsklinik.

Mit ihrem Beruf könnte Kamala Harris gegen den verurteilten Trump punkten

Trump ist ein verurteilter Straftäter – Kamala Harris eine Staatsanwältin. Während des Wahlkampfes könnte sie sich das zunutze machen und Trump an seinem wundsten Punkt treffen – seinen Verurteilungen vor Gericht. Wie die New York Times schreibt, glauben Vertraute in Harris‘ Umfeld, dass es ihr aufgrund ihres Berufs als Anwältin leicht fallen wird, diese Schwäche Trumps für sich zu nutzen.

Viele US-Bürger sind laut Umfragen überzeugt, Trump sei ein Straftäter, wollen ihn aber bisher trotzdem wählen. Kamala Harris könnte eventuell gelingen, das zu ändern.

Kamala Harris hat nach Bidens Verzicht die Unterstützung der Demokraten

Kamala Harris hat als höchstwahrscheinliche neue Kandidatin der Demokraten ein wichtiges Pfund in der Hand: die Unterstützung von Biden. Der US-Präsident hat direkt mit seiner Rücktritts-Erklärung als Präsidentschaftskandidat auf X (vormals Twitter) eine Empfehlung für Harris mitgeliefert.

In den letzten Monaten seiner Amtszeit als US-Präsident wird Biden wohl alles tun, um Kamala Harris in den Vordergrund zu stellen und sie gegen Trump möglichst stark zu machen. Mag man Biden auch Altersschwäche, Krankheit, Demenz oder Senilität vorwerfen – er gilt immer noch der mächtigste Mann der Welt, der mit seinem Rückzug bewiesen hat, dass er immer noch zu starken Entscheidungen fähig ist.

Es wird spannend im US-Wahlkampf

Seien Sie bestens informiert mit unserem kostenlosen US-Wahl-Newsletter. Beiträge unserer renommierten Partner, wie der Washington Post, liefern Ihnen die US-Perspektive. Übersetzt in deutscher Sprache. Hier geht’s zum Abo des US-Wahl-Kompakt-Newsletters.

Biden hatte mit seiner sofortigen Festlegung auf Harris wohl auch im Sinn, Einigkeit bei den Demokraten herzustellen und interne Machtkämpfe zu verhindern. Auch andere mächtige Parteivertreter wie Hillary und Bill Clinton sicherten Harris bereits ihre Unterstützung zu. Außerdem sprechen sich wohl alle 50 Parteivorsitzenden der Demokraten in den Bundesländern für sie aus, wie Ntv berichtete. Alleine Barack Obama hält sich bisher noch zurück – wohl aber nicht, weil er gegen Kamala Harris ist, wie Insider verrieten.

Kamala Harris kennt als Biden-Vize Washingtons Machtstrukturen

Zudem: Kamala Harris weiß, wie der Laden läuft. Als Vize-Präsidentin hat sie bereits eine Position mit enger Verbindung zum Weißen Haus inne. Sie war außerdem Senatorin im wichtigen Bundesstaat Kalifornien und ist ausgebildete Juristin. Die Machtstrukturen Washington dürfte sie aus dem Effeff kennen.

Als Vize-Präsidentin blieb Harris zwar eher unauffällig, doch das könnte sich in dem Moment ändern, in dem sie aus dem Schatten von Joe Biden heraustritt und die Scheinwerfer auf sie alleine gerichtet sind.

Trump kann Anti-Establishment-Wahlkampf gegen Harris beibehalten

Harris‘ Kenntnis der Machtstrukturen in Washington könnten aber zugleich auch ihr Nachteil sein: Trump spricht im US-Wahlkampf von kaum etwas lieber als vom korrupten Washingtoner US-Establishment. Gerne rühmt er sich dafür, er wolle die Macht der verhassten Elite wieder aufs amerikanische Volk übertragen. Bei seiner Antrittsrede als US-Präsident 2017 sagte Trump beispielsweise: „Zu lange hat eine kleine Gruppe hier, in der Hauptstadt unseres Landes, die Früchte eingefahren, während die Menschen da draußen dafür bezahlt haben.“

Mit Kamala Harris als neue Kandidatin der Demokraten hat es Trump leicht, diese Taktik beizubehalten. Denn als Vize-Präsidentin im Weißen Haus ist sie Teil des angeblichen Establishments, das Trump anprangert. Trump wird versuchen, Kamala Harris als Teil der Machtelite rund um Biden zu diskreditieren.

Zudem: Harris ist und bleibt weiter Vize-Präsidentin, also Stellvertreterin Bidens. Sich vom unpopulär gewordenen US-Präsidenten abzugrenzen, ist ihr dadurch massiv erschwert. (smu)

Auch interessant

Kommentare