Asyl-Unterkünfte im Landkreis Miesbach dringend gesucht - Entsetzen in Waakirchen

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Das Landratsamt plant eine weitere Asyl-Unterkunft in Marienstein, der Widerstand ist groß. © Thanner

Das Schaftlacher Modell soll im Landkreis Miesbach mittelfristig Entlastung bei der Unterbringung von Geflüchteten bringen. Doch zwischen Waakirchen und dem Kreis knatscht es – weil dieser an der Haslberger-Halle in Marienstein als Unterkunft festhält.

Landkreis – „Die Gemeinde Waakirchen ist entsetzt“, macht diese in einer Pressemitteilung deutlich, die am Mittwoch, 13. November, verschickt wurde. Darin heißt es, dass der Standort der Halle in Marienstein „durch seine isolierte Lage und die bauliche Beschaffenheit nicht als Unterkunft geeignet ist und die Integrationsarbeit und das Zusammenleben der Menschen an diesem Ort unnötig erschwert wird.“ Zudem werde Waakirchen „durch die Überdimensionierung der Unterkunft überproportional belastet“. In Marienstein wurde bereits ein früheres Verwaltungsgebäude in eine Unterkunft für bis zu 40 Menschen umgewandelt.

Entsetzen in Waakirchen über Asyl-Pläne des Landratsamtes Miesbach

Die deftige Kritik überrascht das Landratsamt. Landrat Olaf von Löwis hatte sich noch am Montag, nach der Bürgermeister-Dienstbesprechung, einigermaßen optimistisch gezeigt. Einerseits setzt er große Hoffnung auf das Schaftlacher Modell, das in allen Kreis-Kommunen zur Anwendung kommen und „eine nachhaltige Lösung“ darstellen könnte. In dem Zusammenhang wurde aber auch deutlich gemacht, dass als Sofortlösung die Halsberger-Halle gebraucht werde. Bis zu 140 Menschen könnten dort unterkommen. Der Bauantrag ist gestellt.

„Wir brauchen beides“ – diese Haltung des Landratsamtes ist für die Gemeinde keine Option: „Diese Entscheidung trägt die Gemeinde Waakirchen nicht mit und wird entsprechende Maßnahmen durch die Verwaltung einleiten.“ Konkretisiert hat das die Gemeinde nicht. Als sicher erscheint, dass die Gemeinde den Bauantrag ablehnen wird. Setzt sich das Landratsamt als übergeordnete Behörde darüber hinweg, ist wohl zumindest mit einer Klage zu rechnen.

Erfolgsmeldung aus Tegernsee: Sporthalle ist frei

Die schnelle Lösung könnte sich also etwas hinziehen. Dabei sind dringend neue Unterkünfte nötig, wie Olaf von Löwis einmal mehr erklärte. Zwar sprach er nach der Bürgermeister-Dienstbesprechung von einer „Erfolgsmeldung“, dass die Sporthalle des Tegernseer Gymnasiums geräumt ist. Nach Begutachtung und eventuell nötiger Sanierung soll sie wieder der Schule und Vereinen für den Sport zur Verfügung stehen.

Ein Teil der dort zuletzt lebenden Menschen wurde in Miesbach in den Hallen des Gymnasiums und der Berufsschule untergebracht. Diese sind mit insgesamt knapp 350 Männern, Frauen und Kindern ausgelastet. Und für kommende Woche ist dem Landkreis ein weiterer Bus mit 50 Flüchtlingen angekündigt worden, die untergebracht werden müssen. Verteilung, Verlegung, Belegung. „Das ist ein furchtbares Geschachere“, sagte Löwis, „wir spielen Tetris“.

Wie schwierig die Situation ist, zeigt sich auch an der Arbeitsbelastung im Landratsamt. Da haben Führungskräfte 1000 Überstunden, erklärte von Löwis. Ein großes Problem bilden auch die sogenannten Fehlbeleger, anerkannte Asylbewerber, die auf dem freien Markt keine Wohnung finden und deshalb in den Unterkünften bleiben. Etwa 250 sind es derzeit. Ohne Bleibe gälten sie als obdachlos und die jeweiligen Kommunen wären zuständig.

Landrat fordert von Regierung: Asyl-Zuweisungen aussetzen

Neben dem nötigen Wohnraum wäre auch eine Pause bei den Zuweisungen nötig. Auch diese Forderung in Richtung Regierung hat von Löwis erneuert. Vorerst ist aber mit weiteren Flüchtlingen zu rechnen. Etwas Entlastung ist in Sicht, wenn Ende des Jahres die Containeranlage in Warngau fertig wird. Allerdings ist deren Nutzung auf zwei Jahre befristet, dann muss Ersatz her.

Mit dem Schaftlacher Modell könnten bis dahin einige Unterkünfte geschaffen werden. Es sieht vor, dass Kommunen unentgeltlich Grund zur Verfügung stellen, auf dem in Modulbauweise schnell Wohngebäude errichtet werden. Diese sollen zunächst für 15 Jahre an den Landkreis beziehungsweise die Regierung von Oberbayern zur Unterbringung von Geflüchteten vermietet werden.

Nach der Bindung wäre der Bau abbezahlt, die Gebäude würden an die Gemeinden fallen, die somit kostenfrei sozialen Wohnraum bekämen. Mit dem Modell hat das Kommunalunternehmen (KU) Wohnbaugesellschaft Waakirchen bereits Wohnraum am Buchkogel geschaffen. Das KU habe alle Eckpunkte der Projektentwicklung bis hin zur Finanzierung geklärt, macht die Gemeinde Waakirchen klar. Nach ihrer Erfahrung, könnten mit dem Modell Gebäude in sechs bis acht Monaten Bauzeit realisiert werden.

„Eine nachhaltige Lösung“ erhofft sich davon auch Landrat von Löwis. Er meint: „Das könnte ein Exportschlager für andere Gemeinden werden.“ Er gab aber auch zu bedenken, dass immer erst eine Genehmigung durch die Regierung nötig ist.

Asyl-Unterkünfte: Schaftlacher Modell als nachhaltige Lösung im Landkreis Miesbach

„Es freut uns, dass Landrat Olaf von Löwis das Solidarische-Schaftlacher-Wohnbau-Modell nach der Präsentation positiv aufgenommen und bewertet hat“, teilt die Gemeinde Waakirchen mit. Weiter heißt es: „Doch statt in der Sache zu handeln und Tempo in einen Vorschlag hineinzubringen, bei dem am Ende Gemeinden und Flüchtlinge gleichermaßen gewinnen, soll mit der ,Haslberger-Halle‘ (Marienstein II) weiterhin eine Unterkunft realisiert werden.“ Bürgermeister Norbert Kerkel spricht von „kurzfristigem Aktionismus“, für 3. Dezember hat er eine Bürgerversammlung anberaumt. Vorher am selben Tag könnte – der Termin ist noch nicht fix – eine Sondergemeinderatssitzung stattfinden.

Der Widerstand sorgt jetzt für weitere Verzögerungen. Man habe bereits ein halbes Jahr verloren, sagte Olaf von Löwis am Montag noch mit der Hoffnung, dass es mit der Hasl­berger-Halle nun schnell geht. „Wir brauchen sie, sie ist das einzige Angebot“, betonte er.

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