„Gefahr, gegen die wir kämpfen“: Iran verstärkt wohl Hilfe für Russland im Ukraine-Krieg
Russland setzt im Ukraine-Krieg auf Drohnen aus iranischer Produktion. Sie enthalten auch Komponenten aus dem Westen - trotz umfangreicher Sanktionen.
Kiew - Die Unterstützung des Irans für Russlands Angriffskrieg in der Ukraine hat offenbar ein bisher ungekanntes Ausmaß erreicht. Bereits seit längerem liefert Teheran Shahed-Drohnen aus eigener Produktion an Wladimir Putins Armee. Diese werden seit Beginn des Ukraine-Kriegs eingesetzt. Moskau verwendet auch schwere iranische Mohajer-6-Drohnen. Trotz der Sanktionen stecken die Fluggeräte voller Komponenten aus dem Westen.
Ende Mai hatte ein nicht näher identifizierter Mann aus Russland ein Video in Netz gestellt, auf dem eine abgestürzte Drohne zu sehen war. Fälschlicherweise habe er behauptet, sie gehöre der Ukraine und trage „Raketen“. Tatsächlich handelte es sich aber um eine Mohajer-6-Drohne aus iranischer Produktion - bewaffnet mit Gleitbomben, die ebenfalls aus dem Iran stammen. Das schrieb Julian Röpke, der bei der Bild-Zeitung für Sicherheitspolitik und Konflikte zuständig ist, auf dem Kurznachrichtendienst X. Ihm zufolge hat die „iranische Waffenunterstützung für Russland“ ein „neues Niveau“ erreicht.
Russland tauchte fast „das ganze Land in Dunkelheit“ - mithilfe iranischer Kamikaze-Drohnen
Teheran liefere diese an Moskau - zusammen mit billigeren, langsameren Shahed-„Kamikaze“-Drohnen, Artilleriegranaten und möglicherweise auch ballistischen Raketen, so ein Bericht des arabischen Nachrichtensenders Al Jazeera vom Mittwoch (05. Juni). Beobachtern zufolge werden sie im Gegenzug für die internationale Unterstützung des Kremls und für weitaus fortschrittlichere russische Waffen geliefert, hieß es dort. Die russischen Waffen würden dann wiederum den Iran vor potenziellen Angriffen Israels und der Vereinigten Staaten schützen.

Seit 2022 seien die Shaheds zu „Ersatz-Marschflugkörpern“ geworden, die es Moskau ermöglichen, massive und häufige Angriffe auf die Energieinfrastruktur und zivile Einrichtungen zu starten, so der ukrainische Militäranalyst Mykhailo Zhirokhov gegenüber dem Nachrichtensender. „Im Herbst 2022 wäre es den Russen mithilfe solcher Drohnen fast gelungen, das ganze Land in Dunkelheit zu tauchen“, so Zhirokhov weiter.
Drohnen können Luftabwehrsysteme aus dem Westen überwältigen - Teheran bestreitet die Vorwürfe
Dem Bericht zufolge, sind die Drohnen dazu in der Lage, die vom Westen gelieferten Luftabwehrsysteme zu überwältigen. Kiew sei gezwungen, sie mit Raketen, die wesentlich teurer seien, abzuschießen. Direkt im Anschluss sende Moskau dann schnellere und viel zerstörerischere Marschflugkörper. „Unglücklicherweise sind [Shaheds] für uns eine Gefahr, die wir bekämpfen - und zwar ziemlich effektiv“, erklärte Generalleutnant Ihor Romanenko, ehemaliger stellvertretender Chef des ukrainischen Generalstabs der Streitkräfte, gegenüber Al Jazeera. „Aber sie kommen trotzdem durch, schlagen zu und töten Menschen“.
Kiew hat den Iran in der Vergangenheit beschuldigt, Angehörige des Korps der islamischen Revolutionsgarden in die von Russland besetzten ukrainischen Gebiete entsandt zu haben, um die russischen Truppen in der Handhabung der Drohnen zu unterweisen. „Wir weisen diese Nachricht entschieden zurück“, wurde Nasser Kanani, ein Sprecher des iranischen Außenministeriums, von der Nachrichtenagentur AFP am 24. Oktober 2022 zitiert. Doch Wochen später, im November 2022, behauptete der ukrainische Geheimdienst dann, zehn solcher Ausbilder auf der annektierten Halbinsel Krim getötet zu haben.
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Drohnen gegen Waffen und Gold - Trotz der Sanktionen stecken sie voller Bauteile aus dem Westen
Laut der israelischen Zeitung Haaretz wurden vor einiger Zeit Dokumente veröffentlicht, die beweisen, dass Russland seit Beginn des Krieges in der Ukraine mindestens 6.000 Drohnen des Typs Shahed 136 gekauft hat. Zudem habe Moskau umfangreiche Hilfe beim Aufbau lokaler Produktionslinien für die Drohnen erhalten. Diese Geschäfte seien zum Teil mit mehreren Tonnen Goldbarren bezahlt worden.
Trotz umfangreicher Sanktionen sind in den Mohajer-6-Drohnen zudem viele Komponenten aus dem Westen verbaut. Das geht aus einem Bericht des Wall Street Journal hervor. Demnach wurden einige elektronische Bauteile der japanischen Firma Tonegawa-Seiko Co. zugeordnet, während andere vom deutschen Unternehmen Infineon stammen. Infineon habe jedoch beteuert, keine Geschäfte mit dem Iran zu machen. Nach Angaben der ukrainischen Antikorruptions-Kommission NAKO unterlägen viele westliche Komponenten gar keiner Exportkontrolle. Theoretisch könne der Iran bestimmte Bauteile einfach über Webseiten wie Alibaba erwerben. Obwohl dies gegen internationales Recht verstoße, sei es schwer nachzuvollziehen und zu überwachen. (tpn)