Der 40. Kemptener Jazzfrühling 2025 legte einen fulminanten Auftakt hin
Am letzten Samstag war es wieder einmal so weit. Der diesjährige Kemptener Jazzfrühling wurde mittags um zwölf Uhr auf der großen Open-Air-Bühne am Rathausplatz von Andreas Schütz vom Klecks e. V. unter Beisein des Kemptener Oberbürgermeisters Thomas Kiechle eröffnet.
Kempten – Die Young Isar Stompers starteten von der Bühne weg ihre Marching-Band-Tour durch die Stadt, und das Landes-Jugendjazzorchester Bayern mit seinen sehr jungen Musikerinnen und Musikern spielte unter der Leitung von Julian Ritter einen so erfrischenden – vor allem aber technisch perfekten – Bigband-Sound, dass einem trotz der nicht sehr frühlingshaften Temperaturen warm ums Herz wurde. Zur gleichen Zeit spielten das Hammondorgeltrio „Toriyo“ in der oberen Fußgängerzone und die bewährten „Blues Trouble“ mit Klavier und Gitarre vor einem großen Publikum an der Freitreppe.
Es war also bereits von Beginn an einiges los in Sachen Jazzfrühling in Kempten. Einen kleinen, aber umso interessanteren Vorgeschmack konnte man bereits am Donnerstagabend in der Kulturwirtschaft miterleben. Die drei Hörfunk-Profis vom Bayerischen Rundfunk Beate Sampson, Roland Spiegel und Ulrich Habersetzer sprachen eineinhalb Stunden lang sehr unterhaltsam in der Machart einer ihrer Sendungen über aktuelle Jazzeinspielungen.
Am Samstagabend dann das erste der beiden „großen“ Konzerte im Stadttheater, das, auch wenn es ausverkauft war, ohne Sponsorenhilfe für den Klecks nicht zu stemmen gewesen wäre, wie Andreas Schütz und Josef Ego zur Einführung erklärten.
Musikalische Aussöhnung zwischen Ost und West
Der gebürtige Tunesier Dhafer Youssef, der mit seiner Band gekommen war, ist ein Menschenfreund. Der Subtext seiner wortreichen Ansagen zwischen den Musikstücken, die er liebevoll mit arabischer Geschwätzigkeit entschuldigte, handelte stets von der Annäherung von Orient und Okzident, von der Versöhnung der arabisch-islamischen Welt mit der westlichen Kultur. Und genau das macht auch seine Musik. Sie interessiert sich nicht für Töne um der Töne willen, sondern möchte mit Stimmungen und Klangfarben Verbindung und Kommunikation erzeugen zwischen den Musikern untereinander und den Musizierenden mit dem Publikum.
Das Konzert begann mit den beiden Ausdrucksmitteln, die Dhafer Youssef immer wechselnd und gleichberechtigt einsetzt: der arabischen Kurzhalslaute Oud und seinem Gesang. Zusätzliche wichtige Zutat waren viel Hall und Echo aus der Soundanlage. So entstanden sofort eine große Farbigkeit und eine weite Klanglandschaft, die gar nicht viele Töne brauchte, um zu wirken.

Ganz behutsam fügte der Pianist seine Begleitung hinzu. Später hatte der Trompeter Mario Rom dann viel Raum für lange und stimmungsvolle Linien, die so ganz anders waren, als das, was wir von ihm beim letztjährigen Festival mit seiner eigenen Band zu hören bekommen hatten.
Virtuosität auf der Oud steht bei Dhafer Youssef nicht im Vordergrund. Eher dient die Oud ihm als ausdrucksstarkes Werkzeug, um die musikalische Verbindung zu seinen Mitstreitern auf der Bühne herzustellen. Oder aber er gibt mit ihr ganz einfach die Richtung vor, in die seine Mitmusiker dann weitergehen.
Bisweilen hatte es während des Konzerts den Anschein, er sei lieber Sänger, und zwar immer dann, wenn er höchst ausdrucksstark mit seiner Kopfstimme eine Art arabischen Scat-Gesangs zelebrierte und so seinen ganz eigenen Stil zwischen zeitgenössischem Jazz und arabischer Folklore erschuf. Nicht ohne Grund konnte er damit so bekannte Namen wie Herbie Hancock oder Marcus Miller und Dave Holland für die Aufnahme seines aktuellen Albums „Street of Minarets“ gewinnen.
Das Publikum ist hingerissen vom Zusammenspiel der Musiker
Im Laufe des Konzerts wandelte sich der Charakter des Zusammenspiels. Immer mehr trat bei den Stücken ein durchgehender Groove in den Vordergrund. Dies lag vornehmlich am druckvollen und erdigen Spiel des Bassisten auf seinem E-Bass und einem nimmermüde vorwärts treibenden Schlagzeuger, beides französische Musiker. Die letzte Zugabe wurde von einem kraftvollen Solo des Schlagzeugs eingeleitet, in das dann die ganze Band zu einem mitreißenden Unisono einmündete. Leider gab es für das restlos begeisterte Publikum keine weitere Zugabe mehr.
Am zweiten Samstag des Festivals, dem 3. Mai, spielt bei einem weiteren „großen“ Konzert im Stadttheater die amerikanische Saxophonistin Lakecia Benjamin, und am Sonntag gibt es dort ab 14 Uhr ein spannendes Jubiläumsprogramm zum 40-jährigen Bestehen des Kemptener Jazzfrühlings.
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