Ukraine in „schlimmem“ Dilemma – Korrespondentin berichtet von Überlegung „hinter vorgehaltenen Händen“
ZDF-Korrespondentin berichtet bei „Markus Lanz“ von „moralischen Konsequenzen“ der russischen Eroberung der ukrainischen Stadt Awdijiwka.
Hamburg – Zwei Jahre hält der Ukraine-Krieg jetzt an, zwei Jahre voller Verluste für ukrainische und russische Streitkräfte. Ein Ende des Angriffskrieges ist noch lange nicht in Sicht. In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ am Dienstag (20. Februar) wird deutlich: Die neusten Erfolge Russlands haben Auswirkungen auf die Einstellung der ukrainischen Bevölkerung.
„Moralische Konsequenzen“: Russlands Eroberung von Awdijiwka ist ein schwerer Schlag für die Ukraine
Durch die russische Eroberung der ostukrainischen Stadt Awdijiwka, stecke die Ukraine in einer prekären Lage, mit dem Rücken an der Wand. Die Stadt sei ein „wichtiger Brückenkopf für den Osten der Ukraine“, erklärte ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf, die aus Kiew zugeschaltet war. Der Abzug der ukrainischen Truppen in der Stadt habe aber besonders „moralische Konsequenzen“ – „es ist sehr bitter für die Ukrainer“, fügte sie hinzu.
Zwar hat Russland bei der Eroberung von Awdijiwka hohe Verluste verzeichnen müssen, trotzdem sind die russischen Streitkräfte der Ukraine ressourcentechnisch weiterhin überlegen. Es sei schwierig für die Ukraine, dagegenzuhalten, so die Journalistin: „Es fehlt an Soldaten, es fehlt in vielen Bereichen der Armee auch an Munition, es fehlt an Geräten. Und die Ukraine ist wirklich in einem ganz, ganz schlimmen Dilemma.“
„Die Lage ist dramatisch“: Viele Ukrainer leben in Angst und Armut
Eigendorf erzählt weiter, die Ukraine habe angefangen zu resignieren und nicht mehr an einen Erfolg in der Gegenoffensive oder gar in der Verteidigung zu glauben. Der Krieg habe schließlich eine große Auswirkung auf die Lebensweise der Einheimischen. Immer mehr Menschen seien verarmt und hätten keine Lebensgrundlage mehr, besonders im Osten des Landes. „Die Lage ist sehr dramatisch“, so Eigendorf. „Seit zwei Jahren leben die Menschen in einer Terrorsituation – immer in der Angst, wieder angegriffen zu werden.“
„Keine klaren Rezepte“: Beliebtheit Selenskyjs nimmt wegen fehlender Erfolge ab
Der permanente Luftalarm würde auch die Menschen in Kiew „zermürben.“ Die Sicherheitslage habe sich durch den Einsatz von Drohnen noch weiter verschlechtert. Zu lange stecken die Ukrainer schon in der ausweglosen Lage. „Es gibt in diesem Krieg keine durchschlagenden Erfolge, die Regierung hat auch keine klaren Rezepte“, erklärte die Auslandskorrespondentin. Die Folge: „Das Vertrauen und die Beliebtheit Selenskyjs hat abgenommen“, sagte Eigendorf. Man erlebe in der Ukraine inzwischen einen offenen Machtkampf zwischen der Opposition, der Militärführung und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
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„Hinter vorgehaltenen Händen“: Ukraine überlege bereits Territorium abzugeben
Inzwischen würde das Bild des „vereinten Landes“ anfangen zu „bröckeln“, so Eigendorf. „Hinter vorgehaltenen Händen“ würde bereits darüber nachgedacht, ukrainische Gebiete an Russland abzutreten. „Ich sehe nicht, dass die Ukraine hier so überzeugt davon ist, diesen Krieg so bald gewinnen zu können. Ich sehe auch ehrlich gesagt keine Anzeichen am Boden dafür, dass das passiert“, fügte sie hinzu.
„Ziel zu erreichen“: Militärexpertin widerspricht Eigendorf und fordert weitere Ukraine-Unterstützung
Doch nicht alle Gäste bei „Markus Lanz“ stimmten diesen Einschätzungen zu. „Mit Pessimismus gewinnt man keinen Krieg“, hieß es von Politikwissenschaftlerin Florence Gaub. Es sei kontraproduktiv, pessimistisch auf die Ukraine zu blicken, schließlich würde Krieg immer „furchtbar“ sein und „viel Leid“ verursachen. „Auf jeden toten Ukrainer kommen sieben tote Russen. Ich würde nicht sagen, dass es hier aussieht, als würde Russland da komplett durchmähen“, betonte die Militärexpertin. Wichtig sei es, die Ukraine weiterhin zu unterstützen, „um am Ende das Ziel zu erreichen.“ (hk)