„Schlag aufs Herz“: Neue These zu Nawalnys Todesursache aufgetaucht

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Wie ist Alexej Nawalny zu Tode gekommen? Ein Putin-Kritiker stellt eine neue These auf – sie beinhaltet Kälte-Folter und eine Geheimdiensttechnik.

London/Paris – Zu den Umständen von Alexej Nawalnys Tod im russischen Straflager kursiert eine neue These: Man habe Nawalny womöglich mit „einer alten Methode von KGB-Spezialeinheiten“ getötet, sagte der Menschenrechtsaktivist Wladimir Osetschkin der britischen Zeitung The Times. Dafür könnten ihm zufolge blaue Flecken am Körper des Kreml-Kritikers sprechen. Osetschkin ist der Kopf hinter der Webseite gulagu.net.

Die Nowaja Gazeta Europa hatte einen Sanitäter zitiert, der von einem Bluterguss unter anderem auf Nawalnys Brust berichtete. Der Informant führte die Male auf Wiederbelebungsmaßnahmen zurück. Osetschkin schilderte nun eine andere Interpretation.

Nawalny stirbt im Straflager: Putin-Kritiker hält „Schlag aufs Herz“ für mögliche Todesursache

Der KGB habe seine Kräfte darin geschult, „einen Mann mit einem Schlag auf das Herz, in die Mitte des Körpers“ zu töten, sagte der Menschenrechtler in dem am späten Dienstagabend (22. Februar) veröffentlichten Artikel: „Das war ein Kennzeichen des KGB.“ In arktischen Regionen inhaftierte Menschen hätten bereits zuvor berichtet, dass Mitgefangene auf diese Weise getötet worden seien.

Der Tod von Alexej Nawalny gibt weiter Rätsel auf – doch jetzt gibt es eine neue These zur Todesursache.
Der Tod von Alexej Nawalny gibt weiter Rätsel auf – doch jetzt gibt es eine neue These zur Todesursache. © yonhap/dpa

Laut Osetschkin könnte die Tat mit einer Art Kälte-Folter vorbereitet worden sein. „Ich denke, dass sie zunächst seinen Körper zerstört haben, indem sie ihn für eine lange Zeit in der Kälte gehalten und die Blutzirkulation auf ein Minimum reduziert haben“, sagte er der Times. „Dann ist es sehr einfach, jemanden zu töten; binnen Sekunden, wenn der Ausführende Erfahrung darin hat.“ Gulagu.net hatte bereits zuvor eine Zeitleiste zu den Vorgängen in der Strafkolonie „Polarwolf“ veröffentlicht.

Belege für Osetschkins neueste These gibt es indes nicht. Der Kreml hält Nawalnys Leichnam bislang unter Verschluss – trotz Appellen und Aufforderungen von Nawalnys Mutter und Team. Offiziell ist bislang von einem „Plötzlicher-Tod-Syndrom“ die Rede. Alexej Nawalnys Witwe Julia verwies hingegen zuletzt auf eine mögliche weitere Nowitschok-Attacke. Mit dem Nervengift war bereits 2020 ein Mordanschlag auf den Oppositionellen verübt worden. Osetschkin glaubt an diese Variante allerdings nicht.

Nawalny per Nowitschok vergiftet? „Das würde eine Spur direkt zu Putin legen“

„Das ist natürlich möglich“, räumte er ein. Allerdings gebe es unter den Bedingungen einer Lagerhaft viele Möglichkeiten, einen Menschen zu töten. „Nowitschok würde Spuren in seinem Körper hinterlassen und würde eine direkte Spur zu Putin legen, eingedenk der Tatsache, dass er das schon mal versucht hat“, sagte Osetschkin.

Der im Pariser Exil lebende Kreml-Kritiker sieht die Verantwortung für Nawalnys Tod klar bei Wladimir Putin. Ein Indiz sei, dass nach Gulagu.net-Informationen zwei Tage vor Nawalnys Tod der Inlandsgeheimdienst FSB vor Ort gewesen sei: „Es war ein Befehl aus Moskau, denn ohne Moskau hätte man nicht die Kameras in der Weise abbauen können, in der sie es getan haben.“

Nach Nawalny-Tod: Kremlkritiker pocht auf Herausgabe der Leiche an Frau und Mutter

Osetschkin drängte in dem Gespräch mit der Times auf die Herausgabe von Nawalnys Leichnam – zunächst an die Hinterbliebenen wie die Frau, die Kinder und die Mutter, dann auch „für Tests“ in den Westen. Er zeigte sich gleichwohl skeptisch. Es gebe „ein großes Risiko, dass Putins Spezialkräfte ihn stattdessen einäschern“, mutmaßte er.

Nawalny, prominentester Widersacher Putins, war nach Angaben russischer Gefängnisbehörden am Freitag (16. Februar) in einer Strafkolonie in der Polarregion zusammengebrochen und gestorben. Der plötzliche Tod Nawalnys hatte international Bestürzung ausgelöst. Zahlreiche westliche Politiker machen die russische Führung und Putin selbst für den Tod verantwortlich. (fn)

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