Suche nach Todesursache: Mysteriöse Besuche lassen Gerüchte um Nawalny-Tod hochkochen

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Wie kam Kreml-Kritiker Alexej Nawalny zu Tode? Gerüchte über eine angebliche Verstrickung von Wladimir Putins Regime mehren sich.

Charp – Alexej Nawalny ist tot. So viel gilt als sicher. Die Todesursache ist hingegen unklar. Noch immer versuchen Familie und Unterstützer des russischen Oppositionellen beim Regime in Moskau die Freigabe von Nawalnys Leichnam zu erwirken.

Todesursache von Alexej Nawalny: Russland-Regime rückt Leichnam nicht raus

Bislang, Stand 20. Februar, tun sie das vergeblich. Der Kreml-Kritiker verstarb angeblich am Freitag (16. Februar) in einer Strafkolonie bei Charp im sogenannten Autonomen Kreis der Jamal-Nenzen, im äußersten Norden von Russland gelegen. Laut russischer Behörden soll er bei einem Spaziergang zusammengebrochen sein. Von einem angeblichen Blutgerinnsel ist zudem die Rede.

Doch Nawalnys Ehefrau Julia Nawalnaja und westliche Beobachter zweifeln an dieser Version. Sie erheben stattdessen Vorwürfe gegen den Zirkel von Autokrat Wladimir Putin. Denn: Es gibt reichlich Ungereimtheiten zu den Todesumständen.

Gestorben oder getötet? Menschen vielerorts trauern um Alexej Nawalny, zum Beispiel hier im italienischen Rom.
Gestorben oder getötet? Menschen vielerorts trauern um Alexej Nawalny, zum Beispiel hier im italienischen Rom. © IMAGO / Pacific Press Agency

Tod von Alexej Nawalny: Verdächtigungen gegen Moskau-Regime Wladimir Putins

Wie das unabhängige russische Online-Portal Gulagu.net laut Bild jetzt berichtet, sollen Beamte des russischen Geheimdienstes FSB am Mittwoch (14. Februar) im Haftlager nördlich des Polarkreises gewesen sein, um Sicherheitskameras und Abhörgeräte abzuschalten und zu demontieren. Das sei in einem Bericht der örtlichen Zweigstelle des russischen Bundesstrafvollzugsdienstes (FSIN) erwähnt worden.

Die Website, hinter der die Menschenrechtsorganisation Independent Committee against Torture and Corruption (Deutsch: Unabhängiges Komitee gegen Folter und Korruption) steht, veröffentlichte ferner die angebliche Zeitfolge, mit der Nawalnys Tod bekannt gegeben wurde. Demnach habe Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nur sieben Minuten nach der ersten offiziellen Todesmeldung am Freitag, die um 14.17 Uhr Ortszeit erfolgte, mit ersten Medien über Nawalnys Ableben gesprochen.

Tod von Alexej Nawalny: Mutter Ljudmila Nawalnaja darf Leiche nicht sehen

Brisant: Mutter Ljudmila Nawalnaja sucht seit Samstag in der Region um Charp nach der Leiche ihres Sohnes. Im Straflager habe man sie an die Leichenhalle der Kleinstadt Salechard (rund 40.000 Einwohnerinnen und Einwohner) verwiesen, die rund 50 Kilometer entfernt liegt, schreibt der Spiegel. Dort sei ihr aber nicht mal die Tür geöffnet worden. Nawalnys Pressesprecherin Kira Jarmysch schrieb auf X (vormals Twitter), dass die Mutter auch am Montag (19. Februar) vergeblich versucht hätte, an der Leichenhalle an Informationen zu gelangen.

Wie die unabhängige und kremlkritische russische Nachrichtenseite Nowaja Gaseta Europe berichtete, soll die Leiche Nawalnys laut einem Mitarbeiter des örtlichen Notfalldienstes blaue Flecken aufgewiesen haben. Das deute auf Krämpfe vor dem eingetretenen Tod hin.

Straflager „Polarwolf“: Verdächtige Beobachtungen von Nawalny-Mithäftling

„Der unfassbare Wahnsinn begann am Abend des 15. Februar. Alles begann damit, dass die abendliche Überprüfung, die von 20 bis 20.30 Uhr stattfindet, stark beschleunigt wurde“, erzählte ein angeblicher Mitgefangener des Straflagers IK-3 „Polarwolf“ laut der derselben Online-Zeitung: „Das passiert oft am Vorabend von Feiertagen, wenn die Wachen es eilig haben, an den Tisch zu kommen.“ Der Freitag aber sei kein Feiertag gewesen.

Moskau-Machthaber: der russische Autokrat Wladimir Putin.
Moskau-Machthaber: der russische Autokrat Wladimir Putin. © IMAGO / ITAR-TASS

Todesursache bei Alexej Nawalny: Witwe Julia Nawalnaja kündigt Enthüllung an

Danach seien die Häftlinge in den Baracken eingesperrt und gewarnt worden, „dass es zwischen den Baracken keinen Verkehr geben dürfe, und die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt würden“. Der Mann soll weiter erklärt haben: „Am Morgen des 16. gab es in der Kolonie keine Krankenwagen. Sie erschienen erst, als bekannt wurde, dass Nawalny bereits tot war. Ich denke also, dass Nawalny viel früher als angekündigt gestorben ist. Höchstwahrscheinlich letzte Nacht. Warum war es sonst nötig, uns in der Kaserne einzusperren und am Morgen eine Durchsuchung zu organisieren?“

Brisant: Putin höchstpersönlich soll die Haftbedingungen Nawalnys im Straflager diktiert haben. Davon berichtet das unabhängige osteuropäische Nachrichtenportal Meduza. Auch diese Informationen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Wie Nawalny gestorben ist, würde dagegen seine Familie gerne endlich überprüfen. Es wird allerdings ein Mysterium daraus gemacht. Witwe Julia Nawalnaja kündigte indes bereits Enthüllungen zum Tod des Kreml-Gegners an. (pm)

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