Pistorius als Nachfolger von Kanzler Scholz? SPD-Chef blockt ab: „Gar keine Diskussion“

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Der SPD-Chef stärkt Scholz den Rücken und rät zu weniger Streit und mehr Kommunikation. Doch der Druck auf den Kanzler erhöht sich auch in den eigenen Reihen.

Berlin – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich und seine Partei in die Krise regiert. Die Umfragewerte der Sozialdemokraten haben sich seit der zurückliegenden Bundestagswahl nahezu halbiert und die Zufriedenheitswerte des Regierungschefs befinden sich im Keller. Berichten zufolge soll es mittlerweile sogar erste Planspiele innerhalb der SPD geben, Scholz durch Verteidigungsminister Boris Pistorius zu ersetzen. Die Lage ist ernst, doch der Parteivorstand scheint hinter dem Kanzler zu stehen – noch. Der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil stärkte Scholz nun öffentlich den Rücken.

SPD-Chef Klingbeil stärkt Kanzler Scholz den Rücken – „wird sich zurückkämpfen“

„Der Kanzler – da bin ich optimistisch und auch sicher – wird sich zurückkämpfen in diesem Jahr“, sagte Klingbeil am Sonntag (21. Januar) im Gespräch mit dem Fernsehsender Welt. Klingbeils Rat: weniger Streit innerhalb der Ampel-Koalition und ein politischer Fokus auf die „arbeitende Mitte“. Als Beispiel nannte Klingbeil unter anderem die Pendlerpauschale, bezahlbare Mieten und „anständige“ Löhne. „Das sind alles Punkte, wo ich sehr, sehr sicher bin, dass damit Vertrauen zurückgewonnen werden kann. Und das hilft dann auch im Kampf gegen die extremen Kräfte, die versuchen dieses Land kaputtzumachen“, sagte der SPD-Chef weiter.

SPD-Chef Lars Klingbeil (l) sitzt neben Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Bundesparteitag der Sozialdemokraten im Dezember.
Glaubt weiter an den Kanzler: SPD-Chef Lars Klingbeil (l) gemeinsam mit Olaf Scholz auf dem Bundesparteitag der Sozialdemokraten im Dezember. © Kay Nietfeld/dpa

SPD-Werte unter der Ampel-Regierung quasi halbiert – Union und AfD profitieren

In der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ina im Auftrag der Bild am Sonntag erreichte die SPD lediglich noch 13 Prozent. Die Umfragewerte der Sozialdemokraten haben sich somit seit dem Erfolg bei der Bundestagswahl 2021 nahezu halbiert. Im September 2021 wurde die SPD mit 25,7 Prozent bei der Wahl stärkste Kraft.

Profit aus der Situation schlagen können andere Parteien. Die Union profitiert wohl von ihrer Rollen in der Opposition und kann wieder Umfragewerte über der 30-Prozent-Marke einfahren. Auch die AfD kam in den jüngsten Umfragen auf Ergebnisse rund um 22 Prozent. Am Umfrage-Erfolg der Rechtspopulisten haben auch die bundesweiten Proteste nach den Veröffentlichungen über das Potsdamer Treffen bislang nichts geändert.

„Olaf Scholz ist das Gesicht dieser Regierung“ – Klingbeil pocht auf bessere Kommunikation

Die Sozialdemokraten machen derweil gute Miene zu bösem Spiel. Bereits am Freitag sprach Klingbeil im Interview mit der Augsburger Allgemeinen Kanzler Scholz das Vertrauen aus. „Natürlich ist Olaf Scholz das Gesicht dieser Regierung. Er bekommt damit den Unmut an vorderster Stelle ab. Deshalb sagt Olaf Scholz ja auch, dass er die Regierungspolitik besser erklären wird, dass er anders kommunizieren will“, führte der SPD-Vorsitzende aus. Klingbeil sei sich sicher, dass Scholz sich zurückkämpfen werde.

Es ist ein Kampf, den Kanzler Scholz unbedingt annehmen muss. Im Deutschlandtrend der ARD Anfang Januar gaben lediglich 19 Prozent der Befragten an, mit der Arbeit des Regierungschefs zufrieden zu sein – ein neuer Negativrekord für einen Bundeskanzler. Besonders bitter für Scholz: der Spitzenreiter im Zufriedenheitsranking besitzt ebenfalls ein SPD-Parteibuch. Seit Boris Pistorius im Januar 2022 das Verteidigungsministerium von Christine Lambrecht (SPD) übernahm, hat sich der Niedersachse zu einem der beliebtesten Politiker Deutschlands aufgeschwungen.

SPDler halten Scholz‘ Kanzlerschaft für „unrettbar verloren“

Der Abstand zu Scholz ist in den Umfragen so eklatant, dass ein mögliches Szenario geradezu auf der Hand liegt: Pistorius könnte das Kanzleramt von Olaf Scholz übernehmen oder bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr Kanzlerkandidat der SPD werden. 64 Prozent der Befragten sprachen sich bereits Anfang Januar in einer Insa-Umfrage im Auftrag der Bild am Sonntag für einen sofortigen Wechsel im Kanzleramt aus. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge hätten erste Genossen, die Kanzlerschaft bereits für „unrettbar verloren“ erklärt. Mit Pistorius hätte man eine neue und unverbrauchte Galionsfigur gleich zur Hand.

Auf die Ausgangslage angesprochen, blockte Klingbeil gegenüber der Augsburger Allgemeinen jedoch ab. „Da gibt es gar keine Diskussion, unser Bundeskanzler ist Olaf Scholz. Wir haben ein enges und vertrauensvolles Verhältnis“, sagte der SPD-Chef, fügte jedoch hinzu: „Wir wissen, wie schwierig die Zeit ist.“

Kanzle im Umfrage-Keller – kann Scholz sich zurückkämpfen?

Klingbeil, der den Sozialdemokraten gemeinsam mit Saskia Esken seit Dezember 2021 vorsteht, stellte sich also klar hinter Scholz. Doch die Realität ist auch, dass sich die Umfragewerte der SPD in den vergangenen Monaten nur in eine Richtung entwickelt haben. Je näher seine Partei der Zehn-Prozent-Marke kommt, desto mehr dürfte auch der SPD-Vorsitzende ins Grübeln geraten. Scholz sollte sich also nicht zu viel Zeit lassen, um sich – wie von Klingbeil angekündigt – „zurückzukämpfen“. (fd)

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