Putin will den Westen mit russischem Gas unter Druck setzen – doch es gibt ein Problem
Russisches Gas galt für Putin als Druckmittel gegen den Westen. Doch nun verpufft diese Illusion – denn die EU käme auch ohne Russlands Gas zurecht.
Berlin – Ist der Westen auf russisches Gas angewiesen? Wenn es nach Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geht, wäre die Antwort zumindest für Deutschland klar: „Deutschland braucht kein russisches LNG mehr, wir haben auch keine Verträge mehr mit Russland“, betonte Habeck auf einer Bundespressekonferenz am 24. April 2024. Zu einem ähnlichen Fazit kommt nun auch eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW.
Zum Ärger Putins: Versorgungssicherheit stünde weiteren EU-Sanktionen nicht im Weg
Vor dem Hintergrund möglicher EU-Sanktionen gegen russisches LNG wuchs die Sorge über Nachteile auf dem EU-Gasmarkt. In bisherigen Berichten war lediglich die Rede von einem EU-Verbot für russische LNG-Umladungen und keinem EU-Importverbot. Doch der Westen müsste offenbar nicht um Gas-Engpässe bangen. Ein Einfuhrverbot von russischem Erdgas in die EU würde die Gas-Versorgung in der Europäischen Union laut der neuesten DIW-Studie nicht gefährden. Selbst wenn die Gasnachfrage in der EU bis zum Jahr 2030 hoch bliebe, wäre ein vollständiger Verzicht auf russisches Erdgas möglich, heißt es in der Studie.
„Der Gasbedarf könnte durch Pipeline-Importe aus anderen Ländern und LNG ohne Ausbau der Infrastruktur in fast allen Szenarien gedeckt werden“, schreiben die Autoren der Studie, aus dem die Deutsche Presse-Agentur zitierte. Die Versorgungssicherheit stünde weiteren EU-Sanktionen gegen Russland nicht im Weg, heißt es in der Untersuchung.
Putin unter Druck? Deutschland und Österreich brauchen laut Studie kein russisches Erdgas
Grundlage der Studie waren Modelle, die sowohl mit schnell als auch mit langsam sinkender Erdgasnachfrage rechneten. Zwar importiere die EU nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nur noch ein Viertel der ursprünglichen Menge aus Russland. „Dennoch bleibt das Land Exporteur von Flüssigerdgas (LNG) nach Europa und hat auch noch einige Länder Mittel- und Osteuropas energiepolitisch im Griff.“
EU-weit decke Russland derzeit noch rund 14 Prozent der Erdgasnachfrage. „Doch Deutschland und Europa kämen in den kommenden Jahrzehnten auch ohne Importe aus Russland aus, selbst die stark von russischem Erdgas abhängigen Länder wie Österreich und Ungarn“, erklärte Autorin Franziska Holz. In Österreich kamen im März 2024 nach Angaben des Bundesministeriums für Energie 93 Prozent der Gasimporte aus Russland, im Dezember 2023 sogar 98 Prozent.
Würde die EU doch noch Sanktionen gegen russisches Erdgas verhängen, würde die Lücke vor allem über Norwegen und die USA geschlossen, so die Studie weiter. Auch Länder wie Algerien, Katar, Nigeria und Aserbaidschan würden den Wegfall des russischen Erdgases ersetzen.
Meine news
Putins Strategie fehlgeschlagen? EU kommt wohl ohne russisches Erdgas zurecht
Eine Verteilung der Importe auf mehr Bezugsquellen halten die Autorinnen und Autoren für dringend geboten. „Alle europäischen Länder haben verstanden, dass sie ihren Bedarf auf mehr Erdgasquellen verteilen müssen, als sie das früher getan haben.“ Und: „Wenn die fünf Milliarden Kubikmeter LNG entfielen, die die EU derzeit pro Quartal noch aus Russland bezieht, könnten diese Importe aber in fast allen Szenarien ohne die derzeit in Planung befindlichen Ausbauten auskommen“, betonte Studienautor Christian von Hirschhausen. Lediglich in einem Szenario müssten die vorhandenen LNG-Kapazitäten in der EU in Italien und Kroatien leicht erweitert werden.
Eigentlich versuchte Wladimir Putin, den europäischen Energiemarkt sogar noch vor dem Ukraine-Krieg abhängig vom russischen Gas zu machen, um dies als Druckmittel zu nutzen. „Zu seiner Überraschung ist dies nicht geschehen“, resümierte Energieexperte Thomas O´Donnel in einem Beitrag der Newsweek am 09. Mai 2024. (bohy mit Material der dpa)
Auch interessant
Kommentare
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wir erweitern den Kommentarbereich um viele neue Funktionen. Während des Umbaus ist der Kommentarbereich leider vorübergehend geschlossen. Aber keine Sorge: In Kürze geht es wieder los – mit mehr Komfort und spannenden Diskussionen. Sie können sich aber jetzt schon auf unserer Seite mit unserem Login-Service USER.ID kostenlos registrieren, um demnächst die neue Kommentarfunktion zu nutzen.
Bis dahin bitten wir um etwas Geduld.
Danke für Ihr Verständnis!