„Fehlkalkulation Putins“: Russlands Gasriese Gazprom muss wohl zur Verzweiflungstat schreiten

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Putin muss nach herben Verlusten Russlands Wirtschaft in den Griff bekommen. Doch gelingt ihm das?Besonders das wichtige Energieunternehmen Gazprom leidet.

Moskau – Es sind schwierige Zeiten für Russlands Gasriesen Gazprom. Kürzlich gab das Unternehmen einen Nettoverlust von umgerechnet 6,4 Milliarden Euro bekannt. Erstmals seit 1999 machte Gazprom keine Gewinne. Das wirkt sich auch verheerend auf Russlands Wirtschaft aus. Gazprom braucht schnell Geld – kurz nach Verkündung der Milliardenverluste will das Unternehmen offenbar Immobilien in Moskau verkaufen.

Gazprom will offenbar Immobilien verkaufen – um Russlands Wirtschaft zu retten?

Auf der Verkaufsliste stehen unter anderem Bürogebäude, sowie ein Parkplatz und Produktionshallen, wie aus einem Telegram-Post des Unternehmens am Mittwoch (8. Mai 2024) hervorgeht. Brisant ist vor allem, dass demnach auch das „Imperial Park Hotel & SPA“ zum Verkauf steht – ein Fünf-Sterne-Hotel in der Siedlung Perwomaiskoje, etwa 50 Kilometer südwestlich von Moskaus Zentrum. Als offiziellen Verkaufsgrund nennt Gazprom die Verlagerung von Unternehmen der Gazprom-Gruppe nach St. Petersburg.

Russlands Präsident Wladimir Putin
Putin muss die russische Wirtschaft in den Griff bekommen. © Mikhail Metzel/imago

Doch es könnten auch weiterer Gründe dahinterstecken – wie die finanzielle Notlage infolge der Verluste. „Gazprom hat das schlechteste Jahr seit Jahrzehnten hinter sich, und die Produktion ist auf das Niveau der 1970er Jahre gesunken“, sagte Thomas O‘Donnell, ein Energieexperte aus Berlin, gegenüber Newsweek in einem Beitrag vom 9. Mai 2024. „Dies ist das Ergebnis einer Fehlkalkulation Putins“, sagte er. Gazprom müsse nun einen Notverkauf durchführen.

Sanktionen schmälern Einnahmen der russischen Wirtschaft – düstere Zukunft für Gazprom

Der Einbruch im Gasgeschäft hat die Einnahmen der russischen Wirtschaft geschmälert. Experten glauben, dass es der russischen Wirtschaft langfristig nicht gelingen wird, das Niveau von Wladimir Putins Gasgeschäften vor dem Ukraine-Krieg wiederherzustellen.

Zum Vergleich: Im Jahr 2021 exportierte Gazprom noch über 174 Milliarden Kubikmeter Erdgas in europäische Länder. 2023 beliefen sich die Erdgaslieferungen von Gazprom nach Europa jedoch nur noch auf 28,3 Milliarden Kubikmeter, wie Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters zeigen (Stand Januar 2024). Andrey Klepach, Chefökonom des staatlichen russischen Kreditinstituts Wneschekonombank (VEB), hält es für unrealistisch, die verlorenen Exportmengen in den nächsten zehn Jahren wiederherzustellen.

Verluste für Russlands Wirtschaft – Gazprom könnte sich an China wenden

Experten zufolge könnte sich Russland stärker an Xi Jinping wenden und für Gazprom neue Gas-Pipelines nach China ausbauen. Doch auch wenn China als Gas-Abnehmer einspringt, ist es wahrscheinlich, dass China nicht genug russisches Gas kaufen wird, um die Verluste von Gazprom zu kompensieren. Dr. Michal Meidan, Leiter der China Energy Research am Oxford Institute for Energy Studies, sagte, es sei unwahrscheinlich, dass China Europa als hochprofitablen Gasexportmarkt für Russland ersetzen werde. „China bietet Russland zwar eine Absatzmöglichkeit, aber zu viel niedrigeren Preisen und Einnahmen als Europa“, sagte sie zur Nachrichtenagentur Reuters.

Für Putin sind die jüngsten Entwicklungen im Energiegeschäft ein herber Rückschlag. Eigentlich wollte der russische Präsident offenbar massiv ins Gasgeschäft einsteigen und Europa abhängig von seinen Energieexporten machen, so O‘Donnell. Es sei „Teil seiner Kriegsstrategie“ gewesen, Europa noch vor dem Ukraine-Krieg den Gashahn zuzudrehen. Putin habe beabsichtigt, „Europa mit einem Energiekrieg zur Unterwerfung zu zwingen, um zu verhindern, dass es sich mit der Ukraine solidarisch zeigt“, so O´Donnell. „Zu seiner Überraschung ist dies nicht geschehen.“

Massiver Einbruch der Geldquelle – Putins Wirtschaft leidet

Der Handel im Energiesektor ist eine wichtige Geldquelle der russischen Wirtschaft. Aufgrund der Sanktionen gegen Russland sind die Einnahmen im Öl- und im Gasgeschäft zurückgegangen. Sollte die EU tatsächlich Sanktionen gegen russisches LNG erlassen, wie seit geraumer Zeit durch die Medien kursiert, könnte das mit weiteren Einschnitten in Putins Gasgeschäften einhergehen. (bohy mit Material von Reuters)

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