Leopard-Panzer aus München, Flugabwehr vom Bodensee: Wie Deutschland Österreich aufrüstet

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Österreich investiert in der aktuellen Weltlage massiv in sein Bundesheer. Wien ist dabei erheblich von süddeutschen Rüstungsunternehmen abhängig. Ein Überblick.

Wien - Der Ukraine-Krieg und die Aggression des Moskau-Regimes aus Russland unter Präsident Wladimir Putin machen auch vor jenen europäischen Staaten nicht Halt, die in ihrer Verfassung eine sicherheitspolitische Neutralität verankert haben.

Aufrüstung in Österreich: Deutsche Rüstungskonzerne sind erheblich beteiligt

Das gilt etwa für den deutschen Nachbarn Österreich. Am 26. Oktober 1955 wurde in der Alpenrepublik einst das sogenannte Neutralitätsgesetz beschlossen, das bis heute gilt und betont wird. Aber: „Wir sollten unsere Neutralität mit allen Mitteln verteidigen können“, erklärte die neue und alte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) in einem am Mittwoch (19. März) veröffentlichten Interview in die Kleine Zeitung aus Graz.

Österreich rüstet seine Armee auf. Denn: Zu diesem Zeitpunkt waren im Rahmen des sogenannten Aufbauplans 2032+ schon milliardenschwere Rüstungsprojekte auf den Weg gebracht, deren Umsetzung nicht zuletzt auch (süd-)deutsche Rüstungsunternehmen gewährleisten. Merkur.de verschafft einen Überblick über die wichtigsten österreichischen Rüstungsvorhaben unter deutscher Beteiligung.

Ein Leopard 2A4 des österreichischen Bundesheeres bei einer Übung nahe Linz. (Archivfoto)
Ein Leopard 2A4 des österreichischen Bundesheeres bei einer Übung nahe Linz. (Archivfoto) © IMAGO / SEPA.Media

Panzer der österreichischen Armee: KNDS modernisiert die Leopard 2A4

  • Nachrüstung der Panzerflotte: Wie Tanner im Februar 2023 betonte, werden seither alle 170 Panzer Österreichs nachgerüstet und modernisiert. Dies dürfte nach Erfahrungen aus der Ukraine etwa den verbesserten Schutz gegen Kamikaze-Drohnen und Panzerabwehrwaffen betreffen. Die Kosten der Modernisierung belaufen sich laut der 54 Jahre alten Bundesministerin für Landesverteidigung auf insgesamt 560 Millionen Euro. Österreich hat (gerade mal) eine Panzergrenadierbrigade mit einem einzigen Panzerbataillon und zwei Panzergrenadierbataillonen. Die insgesamt 112 Schützenpanzer Ulan werden vom Wiener Waffenbauer Steyr-Daimler-Puch überholt. Die insgesamt 58 Kampfpanzer Leopard 2A4 werden dagegen vom Münchner Panzerbauer KNDS Deutschland (früher KMW) modernisiert. Wie lange Letzteres dauert, ist unklar. KNDS hat riesige Aufträge verschiedener Nato-Staaten vorliegen (unter anderem der Bundeswehr), während die Österreicher nicht Mitglied des Bündnisses sind.
Ein Radpanzer Pandur Evolution ist in Wien ausgestellt, wie ihn die österreichischen Streitkräfte in großer Anzahl erhalten sollen.
Ein Radpanzer Pandur Evolution ist in Wien ausgestellt, wie ihn die österreichischen Streitkräfte in großer Anzahl erhalten sollen. © IMAGO / Andreas Stroh

Luftverteidigung gegen Drohnen: Rheinmetall installiert Skyranger auf Pandur-Panzern

  • Transportpanzer und Drohnen-Abwehr: Im März 2023 bezifferte Generalleutnant Bruno Hofbauer, der mittlerweile stellvertretender Generalstabschef ist, die Mannschaftsstärke des Bundesheeres auf (gerade mal) 16.000 Berufssoldaten, etwa 55.000 Reservisten und damals 7000 junge Grundwehrdienstler. Diese Kontingente müssten im Ernstfall geschützt transportiert werden. Deshalb gaben Tanner und der damalige Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im Februar 2024 die Bestellung von 225 modernen Radpanzern Pandur Evolution aus österreichischer Rüstungsproduktion bekannt. Investitionsvolumen: insgesamt 1,8 Milliarden Euro. Wie ebenfalls damals verlautbart wurde, sollen 36 dieser Pandur mit dem Fliegerabwehr-Turm Skyranger des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall (Düsseldorf) ausgestattet werden, mit dem zum Beispiel Kamikaze-Drohnen bekämpft werden können.
Abschussvorrichtungen eines Luftabwehrsystems IRIS-T SLM. (Symbolfoto)
Abschussvorrichtungen eines Luftabwehrsystems IRIS-T SLM. (Symbolfoto) © IMAGO / HMB-Media

Luftabwehr gegen Raketen und Marschflugkörper: Österreich vertraut auf deutsches Iris-T

  • Flugabwehr gegen Raketen: Die Alpenrepublik besitzt unter Verweis auf die beschriebene Neutralität bislang keine Raketenabwehr. Am 1. Juli 2023 hatten das Bundeskanzleramt und das Verteidigungsministerium jedoch angekündigt, das Land mit seinen rund 9,2 Millionen Einwohnern werde dem (geplanten) europäischen Raketenabwehrschirm „Sky Shield“ beitreten. So hat Wien den süddeutschen Rüstungshersteller Diehl Defence aus Überlingen am Bodensee mit der Fertigung von vier Kurzstreckensystemen IRIS-T-SLS mit einer Reichweite von bis zu 15 Kilometern und vier IRIS-T-SLM mit einer mittleren Reichweite von bis zu 50 Kilometern beauftragt. Die hochmobilen Flugabwehrsysteme haben in der Regel je drei Werfer für die IRIS-T-Boden-Luft-Raketen, einen mobilen Kommando-Container und ein auf einem Militär-Lkw installiertes Hochleistungs-Radar.

    Sie können Kampfhubschrauber, Kampfflugzeuge, große Kampfdrohnen, Marschflugkörper und ballistische Kurzstreckenraketen bekämpfen. Die Ausbildung der österreichischen Soldaten soll nach Absprache mit Berlin im Rahmen der EU-Partnerschaft durch deutsche Soldaten erfolgen. Die Auslieferung soll ab 2026 beginnen. Allerdings: Auch die deutsche Bundeswehr wartet aktuell noch auf fünf IRIS-T-Luftabwehrsysteme. Und: Deutschland hat laut Website der Bundesregierung für Kiew sechs weitere Luftverteidigungssysteme IRIS-T (bisher sechs geliefert) bestellt. Kommt Wien pünktlich an die Reihe?

Bis 2028 will Österreich laut Tanner ferner entschieden haben, welches Luftabwehrsystem gegen ballistische Langstrecken-Raketen beschafft werden soll. Hier kommt zum Beispiel das „Patriot“ (Reichweite: 160 Kilometer) infrage – das wird allerdings in den USA produziert. (pm)

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