EU verbannt US-Waffenlieferanten von Milliarden-Rüstungsprojekten

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Europa plant Milliarden in seine Verteidigung zu investieren. Ein erheblicher Teil des Budgets könnte an US-Unternehmen fließen. Gibt es eine Alternative zur F-35?

Brüssel – Eigentlich sind sie mit die modernsten Jets ihrer Art. Der F-35-Kampfjet des US-Herstellers Lockheed Martin stellt andere Kampfflugzeuge in den Schatten. Und trotzdem hadert die EU, ob man sich die amerikanischen Flugzeuge in die europäischen Luftbasen stellen will. Und auch sonst würde man gerne auf die US-Rüstungsindustrie verzichten. Denn mit Donald Trump im Oval Office will man eine Abhängigkeit von den USA vor allem im Verteidigungssektor reduzieren.

Laut Informationen der britischen Financial Times sollen nun Rüstungsfirmen aus den USA, Großbritannien und der Türkei von einem 150 Milliarden Euro schweren Finanzpakets für die Verteidigung ausgeschlossen werden – es sei denn, sie unterschreiben eine Sicherheitsvereinbarung mit Brüssel. Das veranschlagte Kapital soll nur für EU-Rüstungsfirmen ausgegeben werden. Vor allem Frankreich hatte schon länger gefordert, bei der europäischen Verteidigung auf die heimischen Rüstungsfirmen zu setzen. Denn bisher kauft Europa Zwei-Drittel ihrer Waffen bei US-Unternehmen, wie AP News berichtet.

Rafale anstatt F-35? Macron will bei der Verteidigung auf Europa setzen

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte am Sonntag betont, er werde seine europäischen Verbündeten bei der Verteidigung davon „überzeugen“, statt auf amerikanische Technologien auf europäische zu setzen. „Denjenigen, die Patriots kaufen, müssen wir die neue französisch-italienische SAMP/T-Generation anbieten. Denjenigen, die die F-35 kaufen, müssen wir die Rafale anbieten“, erklärte Macron gegenüber der französischen Presse. Bei einem Besuch der Luftwaffenbasis Luxeuil am Dienstag kündigte er an, dass er die Bestellungen der Rafale für die Luftwaffe erhöhen und beschleunigen werde, wie Le Parisien berichtet.

Der neue Premierminister Kanadas hatte unterdessen seinen Verteidigungsminister angewiesen, Kanadas Bestellung der F-35-Kampfjets neu zu bewerten. Portugal überdenkt seine F-35 Bestellung ebenfalls. Auch Deutschland hatte erst kürzlich 35 F-35A Lightning II Kampfjets für die Bundeswehr bestellt. Das Verteidigungsministerium hatte sich, angesichts der neuen geopolitischen Entwicklungen, noch nicht über die F-35 Bestellung geäußert. Denn es gibt ein großes Problem bei der Sache: Die F-35 ist quasi alternativlos.

Alternative zur F-35: Kann Europa mit der US-Rüstungsindustrie mithalten?

Der Eurofighter Typhoon, die Dassault Rafale und der schwedische Saab Gripen – sie alle werden vom F-35 Jet des US-Herstellers Lockheed Martin in den Schatten gestellt, wie das „International Institute for Strategic Studies“ (IISS) schreibt. Und Europa ist schon jetzt von US-Jets abhängig. Das IISS erklärt weiter: „Die USA stellen auch mehr als die Hälfte aller Nato Kampfflugzeuge und Bodenangriffsflugzeuge, und von den übrigen Flugzeugen stammt ebenfalls etwa die Hälfte aus amerikanischer Produktion.“

Hinzu kommt: Viele der europäischen Alternativen, wie etwa der Saab Gripen sind auch auf amerikanische Technologie angewiesen. Peter Merz, Chef der Schweizer Luftwaffe, schrieb auf der Plattform LinkedIn über die europäische Kampfjetproblematik: „Europa ist noch immer am Entwickeln von künftigen Kampfflugzeugen und liegt damit technologisch 20 bis 30 Jahre auf die USA im Rückstand.“ Weiter erklärt er: „So oder so ist Europa und sind auch wir beim Betrieb und bei der Weiterentwicklung der entscheidenden technologischen Bereiche von den USA abhängig, egal für welches westliche Kampfflugzeug wir uns entscheiden würden! Der schwedische Gripen zum Beispiel besteht zu großen Teilen aus amerikanischen Komponenten.“

Ein weiteres Problem ist, dass die europäischen Jets mittlerweile in die Jahre gekommen sind und ersetzt werden müssen. Die Produktionskapazitäten in der EU, was neue Kampfjets anbelangt, wären aktuell gar nicht in dem Umfang wie benötigt vorhanden.

Links ein Dassault Rafale Kampfjet. Rechts eine F-35 des US-Herstellers Lockheed Martin. © IMAGO/NurPhoto; IMAGO/VCG Montage: IPPEN.MEDIA

„Kill-Switch“ bei der F-35? Pentagon dementiert Gerüchte

In den letzten Wochen gab es Berichte, dass Washington die amerikanischen F-35 Jets aus der Ferne mit einem „Kill-Switch“ abschalten könnte. Das Pentagon bestritt allerdings, dass ein solcher „Kill-Switch“, also ein aus der Ferne bedienbarer Ausschaltknopf, existiere. Lockheed Martin erklärte in einem Pressestatement am Dienstag, dass „die gesamte Systeminfrastruktur und alle Daten, die für alle F-35-Kunden zur Aufrechterhaltung des Flugzeugs erforderlich sind“, bereitgestellt werde.

Dennoch könnten die europäischen Länder jetzt mehr auf die Dassault Rafale oder andere heimische Kampfjets setzen, um die amerikanische Abhängigkeit in der Luft zu reduzieren. Trumps Abkehr von Europa könnte ein Wendepunkt für die europäischen Rüstungsunternehmen darstellen. David Jordan, Dozent für Verteidigung am „King‘s College“ in London betonte, die europäische Verteidigungsindustrie sei mehr als fähig im kommenden Jahrzehnt, das zu bauen, was sie bräuchte. Doch aktuell bleibt Deutschland und Europa keine andere Wahl als die F-35 zu kaufen. (sischr)

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