EIPS: Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Stellen Sie sich vor, Sie leben in einer Welt, in der Ihre Gefühle wie eine wilde Achterbahn sind: ein Moment tiefer Traurigkeit, gefolgt von intensiver Wut und schließlich einem Gefühl der Leere. Dies ist die Realität für viele Menschen, die an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung (EIPS) leiden – einer Erkrankung, die das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen kann.

Was genau ist die emotional instabile Persönlichkeitsstörung (EIPS)?

Die emotional instabile Persönlichkeitsstörung ist eine psychische Erkrankung, die durch extreme emotionale Instabilität und Impulsivität gekennzeichnet ist. Menschen mit EIPS haben oft Schwierigkeiten, ihre Emotionen und ihr Verhalten zu kontrollieren, was zu instabilen Beziehungen und impulsiven Handlungen führt. Diese Störung betrifft etwa 1–2 % der Bevölkerung und tritt häufiger bei Frauen auf als bei Männern.

Die EIPS ist ein diagnostischer Überbegriff, der in zwei Subtypen unterteilt wird:

  • EIPS vom impulsiven Typ: Bei diesem Subtyp stehen vor allem ausgeprägte Impulsivität und emotionale Instabilität im Vordergrund. Betroffene handeln oft unüberlegt, reagieren heftig auf Frustration und neigen zu aggressivem Verhalten, vor allem wenn sie sich abgelehnt oder kritisiert fühlen.
  • EIPS vom Borderline-Typ: Dieser Subtyp beinhaltet zusätzlich zu den impulsiven Symptomen tiefgreifende Störungen im Selbstbild, chronische Gefühle von Leere, starke Angst vor dem Verlassenwerden und intensive, instabile zwischenmenschliche Beziehungen. Selbstverletzendes Verhalten und suizidale Krisen treten häufiger auf.

Die Unterscheidung dieser beiden Typen hilft dabei, die Ausprägung der Symptome besser zu verstehen und gezieltere Behandlungsstrategien zu entwickeln.

Welche Symptome sind typisch für EIPS?

Die Symptome der EIPS lassen sich in vier Hauptbereiche einteilen:

Emotionale Instabilität

Menschen mit EIPS erleben intensive, wechselnde Emotionen, wie Wut, Traurigkeit, Scham und Panik. Diese Emotionen können über kurze Zeiträume stark schwanken und zu langanhaltenden Gefühlen der inneren Leere führen. Stimmungsschwankungen sind häufig und können unerwartet und stark ausgeprägt sein.

Gestörte Denkmuster und Wahrnehmungen

Betroffene haben oft negative Gedanken über sich selbst und die Welt um sie herum. Sie können sich selbst als wertlos empfinden oder an ihrer eigenen Existenz zweifeln. In schweren Fällen können sie auch halluzinatorische Erlebnisse haben oder unter paranoiden Gedanken leiden.

Impulsives Verhalten

Ein weiteres zentrales Symptom der EIPS ist die Impulsivität. Dies kann sich in risikoreichem Verhalten wie exzessivem Geldausgeben, Drogen- oder Alkoholmissbrauch und ungeschütztem Geschlechtsverkehr äußern. Selbstverletzendes Verhalten, wie das Schneiden in die Haut, ist ebenfalls weit verbreitet und dient oft als Bewältigungsmechanismus für die intensive innere Anspannung.

Instabile Beziehungen

Menschen mit EIPS haben häufig sehr intensive, aber instabile zwischenmenschliche Beziehungen. Sie neigen dazu, andere Menschen zu idealisieren oder zu entwerten und haben oft Angst vor dem Verlassenwerden. Dies führt zu einem Muster von intensiven, aber kurzlebigen Beziehungen, die von Konflikten und Dramatik geprägt sind.

Was sind die Ursachen der EIPS?

Die Ursachen der EIPS sind komplex und beinhalten eine Kombination aus genetischen, biologischen und umweltbedingten Faktoren.

  • Genetische Veranlagungen: Studien zeigen, dass genetische Veranlagungen eine Rolle bei der Entstehung der EIPS spielen können. Es wurde festgestellt, dass Menschen mit einem Familienmitglied, das an EIPS leidet, ein höheres Risiko haben, selbst an dieser Störung zu erkranken.
  • Traumatische Kindheitserfahrungen: Ein Großteil der Betroffenen berichtet von traumatischen Erfahrungen in der Kindheit, wie körperlichem oder sexuellem Missbrauch oder Vernachlässigung. Diese Erlebnisse können die emotionale Entwicklung stark beeinträchtigen und zu einer erhöhten Anfälligkeit für EIPS führen.
  • Biologischen Faktoren: Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Menschen mit EIPS Veränderungen im Gehirnstoffwechsel und in der Funktion bestimmter Hirnregionen vorliegen, die für die Emotionsregulation und Impulskontrolle zuständig sind.

Wie wird eine EIPS diagnostiziert?

Die Diagnose einer EIPS basiert auf einer gründlichen klinischen Beurteilung, die eine ausführliche Anamnese und standardisierte diagnostische Interviews einschließt. Ärzte und Therapeuten verwenden Klassifikationssysteme wie das ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten) und das DSM-5 (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen), um die Diagnose zu stellen. Dabei müssen spezifische Kriterien erfüllt sein, einschließlich eines andauernden Musters von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, Selbstbild und Affektivität sowie deutlicher Impulsivität.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für EIPS?

Die Behandlung der EIPS erfordert einen mehrdimensionalen Ansatz, der Psychotherapie, medikamentöse Behandlung und Unterstützungssysteme kombiniert.

Welche Psychotherapiemöglichkeiten sind wirksam?

Die Psychotherapie ist der Eckpfeiler der Behandlung von EIPS. Verschiedene Therapieformen haben sich als besonders wirksam erwiesen:

Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT)

Die DBT, entwickelt von Marsha Linehan, ist speziell auf die Behandlung der EIPS ausgerichtet. Sie kombiniert kognitive Verhaltenstherapie mit achtsamkeitsbasierten Techniken und zielt darauf ab, die Fähigkeit der Betroffenen zu verbessern, ihre Emotionen zu regulieren und impulsives Verhalten zu kontrollieren. Die Therapie umfasst sowohl Einzel- als auch Gruppensitzungen und beinhaltet Fertigkeiten zur Emotionsregulation, Achtsamkeit und zwischenmenschlichen Effektivität.

Schematherapie

Die Schematherapie konzentriert sich auf die Identifizierung und Veränderung dysfunktionaler Muster, die in der Kindheit entstanden sind. Diese Therapieform hilft den Betroffenen, gesündere Verhaltensweisen und Denkmuster zu entwickeln.

Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT)

MBT hilft den Betroffenen, ihre eigenen Gedanken und Gefühle sowie die anderer Menschen besser zu verstehen und zu interpretieren. Dies fördert die Fähigkeit, in sozialen Interaktionen angemessen zu reagieren und Beziehungen zu stabilisieren.

Medikamentöse Optionen

Obwohl keine Medikamente speziell für die Behandlung von EIPS zugelassen sind, können einige Medikamente helfen, spezifische Symptome zu lindern:

  1. Antidepressiva: Können bei gleichzeitigen depressiven Symptomen hilfreich sein.
  2. Stimmungsstabilisierer: Hilfreich bei starken Stimmungsschwankungen.
  3. Antipsychotika: Können bei schweren Wahrnehmungsstörungen und impulsivem Verhalten eingesetzt werden.

Wie wichtig sind Unterstützungssysteme und Selbsthilfe?

Unterstützung durch Familie und Freunde spielt eine entscheidende Rolle im Umgang mit EIPS. Selbsthilfegruppen bieten einen Raum, in dem Betroffene und ihre Angehörigen Erfahrungen austauschen und einander unterstützen können. Psychoedukation, also das Vermitteln von Wissen über die Erkrankung, hilft den Betroffenen und ihren Familien, die Symptome besser zu verstehen und damit umzugehen.

Was beinhaltet die Rückfallprophylaxe und Langzeitbetreuung?

Um Rückfälle zu verhindern, ist eine kontinuierliche Betreuung und Nachsorge wichtig. Dies kann regelmäßige Therapie- oder Selbsthilfegruppensitzungen sowie die Einhaltung eines stabilen Tagesablaufs umfassen. Die Entwicklung und Einhaltung eines individuellen Krisenplans kann ebenfalls dazu beitragen, Rückfälle zu vermeiden und die Lebensqualität zu verbessern.

Kann die Lebensqualität trotz EIPS verbessert werden?

Mit der richtigen Behandlung und Unterstützung können viele Menschen mit EIPS lernen, ihre Symptome zu bewältigen und ein erfülltes Leben zu führen. Studien zeigen, dass die meisten Betroffenen im Laufe der Zeit eine erhebliche Besserung ihrer Symptome erleben, insbesondere wenn sie Zugang zu geeigneten Behandlungs- und Unterstützungssystemen haben.

Wie können Angehörige unterstützen?

Nicht nur die Betroffenen, sondern auch ihre Angehörigen und Freunde benötigen Unterstützung. Der Umgang mit einem Menschen, der an EIPS leidet, kann herausfordernd und anstrengend sein. Es ist wichtig, sich selbst auch Hilfe zu suchen, sei es durch professionelle Beratung oder Selbsthilfegruppen für Angehörige. Ein besseres Verständnis für die Erkrankung und konkrete Strategien im Umgang mit den Symptomen können die Situation für alle Beteiligten erleichtern.

Fazit

Die emotionale instabile Persönlichkeitsstörung ist eine komplexe und herausfordernde Erkrankung, die das Leben der Betroffenen stark beeinflusst. Mit einer umfassenden Therapie, die Psychotherapie, medikamentöse Behandlung und Unterstützungssysteme kombiniert, können die Symptome jedoch effektiv behandelt und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessert werden. Es ist entscheidend, dass Betroffene frühzeitig professionelle Hilfe suchen und ein starkes Netzwerk aus Familie und Freunden aufbauen, um die bestmögliche Unterstützung zu erhalten.

Über Dr. med. univ. Matyas Galffy

Dr. med. univ. Matyas Galffy ist Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin sowie Personzentrierter Psychotherapeut. Er studierte Humanmedizin und Klinische Neurowissenschaften an der Medizinischen Universität Innsbruck und absolvierte dort seine Facharztausbildung mit Schwerpunkt Psychosomatik. Neben einer Spezialisierung in fachspezifischer psychosomatischer Medizin hält der unter anderem Diplome in Palliativmedizin und spezieller Schmerztherapie. Zuletzt war er als ärztlicher Leiter der Spezialsprechstunde für Angst- und Zwangsstörungen an der Universitätsklinik Innsbruck tätig. Seither ist er als niedergelassener Arzt in Tirol und Niederösterreich tätig. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Angststörungen, Schmerzstörungen und Psychotraumatologie.

Wichtiger Hinweis: Die hier bereitgestellten Informationen dienen nur zu allgemeinen Informationszwecken und ersetzen nicht die professionelle Beratung und Behandlung durch einen Arzt. Bei Verdacht auf ernsthafte gesundheitliche Probleme oder bei anhaltenden Beschwerden sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.